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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0037

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Oer Ncckar-Bolc ci scheint
n>öchciutich zweimal, Dicnstagö
n. Freitags Dcsirllunqen kön-
nenchei dci Erpcdition in Hei-
delberg , bei .Bautin. Lempp
l» Morbach, Kausm. Frank in
Adctkcheim, Abraham «stumpf
tn Eberbach und bei allen Post-
Aemtcrn gemacht werden.

Neckar-Bote.
8.
Freitag, den 26. Januar 1844.

Der Aboiinemcnlrpreir betragt
für ein Jahr r fi. 36 kr, für
ein halber Jahr ü/, kr. für
ein Vierteljahr Zn kr. V>ie
Einrückungögcbühi für die gr-
spaktcue Zcrle od. deren Raum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erprdition Aus-
kunft cnhciU, 3 kr.

Wuntes aus der Lett»
Am 22. Ian. endete in Heidelberg die Giftmischerin
Christine Bekcnbach durch den Scharfrichter — Am 10.
April v. I. batte ihr Mann, der von Wilhelmsseld,
ihrem Wohnorte, nach Heidelberg ging, um daselbst
wie gewöhnlich als Taglöhncr zu arbeiten, zu Hause
eine Suppe genossen. Als derselbe zu den ersten Hau-
sern der Stadt gekommen war, fühlte er sich so sehr
unwohl, daß er auf den ibm gegebenen Natb wieder
nach Hause kehrte. Er kam indcß nur noch bis jenseits
deS Hciligcnbergs, wo er unfähig weiter zu schreiten,
liegen blieb. Seine Begleiter eilten voraus in das Dorf,
seine Frau von dem nahen Tode Bckenbacbs zu benach-
richtigen und zur Hilfe aufzusordern, indeß andere den
nunmehr Entschlafenen auf einer Bahre nach Wilbclmö-
fcld trugen. Die eingestellte Untersuchung ergab, daß
Christine Bekcnbach in den Teller, aus welchem Beken-
bach die Suppe aß, den Abend zuvor Arsenik gestreut
hatte. Abneigung gegen ihren Mann war die Ursache
des Verbrechens (schon vorher hatte die Bekcnbacbö Ehe-
frau einen Orksariucn zu bestimmen gesucht, daß er
ihren Mann erschieße). — Anfangs zwar läuguete die
Angeklagte, bekannte dann aber vollständig das Ge-
schehene. Auf das am 18. Oktober ihr publizirte To-
decuriheil schlug sic den Weg deS Begnadigungsgesuchs
em und bossle in einigen Iabrcn wieder zu ihren Kin-
dern zu kommen. Ganz unerwartet traf sie daher die
Begütigung de- Todesurthcils; doch sab sie unter dem
Beiuandc des Geistlichen ergeben ihrem Tode entgegen.
— Die Vollstreckung des Todesurtheils hatte, wie er-
wähnt, am 22. d. M. Vormittags nach lO Ubr durch
den Etiliuger Scharfrichter statt. Das Sebaffot war
in der Ebene zwischen dem Neckar und der Eisenbahn
aufgeschlagcn. Ruhig und gefaßt ging die Verurthcilte
zum Richtstuhle. Das Haupt siel aus einen Schlag. —
Eine unzählbare Menge wohnte dem ernsten Akte der
Gerechtigkeit bei. Für die unglücklichen Waisen wer-
den in Heidelberg milde Gaben gesammelt. — Trotz
dieses ernsten Beispiels hört man wieder von neuerdings
verübten Mvrdtharen.
In Spanien haben Amctler und 28 Offiziere, welche
die Garnison von Figueras befehligten, ihre Pässe nach
Frankreich erhallen.
In Irland har der Staatsprozeß gegen O'Connell
und seine Mitangeschuldiglen begonnen.
Am Kaukasus sind zwei russische Regimenter nieder-
gemaebt, neun Forts erstürmt worden und die Besatz-
ungen nmgekvmmeu, die ganze russische ilinic war bedroht,
und das ganze fünfte Armeekorps sollte marsebiren, ob-
gleich 23 Regimenter Kavallerie und 1,38 Bataillone
Infanterie dort stehen oder standen
Am 18. Juli versammeln sieb in dem schönen Mainz
alle deutschen Advokaten, und segeln dann, ohne Dampf,
blos mit Segeln den Rhein hinab nach Köln.
Die Bremer Zeitung verräth, der bekannte russische
Staatsrath Gretsch sei beauftragt, Alles zu überwa-
chen, was in der Welt gegen Rußland geschrieben und
gesprochen wird, und selbst russische Artikel in deutsche

Zeitungen zu liefern. Gegenwärtiger Artikel ist jedoch
noch nickt von dem Herrn StaatSrath. (D.Z.)
Memoiren eines Dukaten.
Da ich von Gold bin, so brachte ich schon aristo-
kratische Gesinnungen mit ans die Welt; doch weiß
ick aus meiner frühsten Jugend nicht viel zu erzäh-
len. Ich trieb mich lange an den Spieltischen unserS
Hofes umher, war wirksam bei einigen galanten
Abenteuern mit Kammermädchen, und kam endlich
an einen Harpagon, in dessen eiserner Truhe ich
viele Jahre vertrauerte. Als er einst auf der leipzi-
ger Oste,messe ein vortheilhastes Wollgcschäft zu
machen halte, beschloß er, mit mir und meinen 3oc>
Mitgefangenen noch eine mosaische Handlung vor-
zunchmcn ; er beschnitt uns nämlich sämmtlich, und
gericih unter Andern auch mir etwas tief in das
goldne Fleisch. Dann reiste er zur Messe, und setzte
uns in Wolle um. Der Gutsbesitzer, unser fetziger
Herr, sonderte wegen meiner außerordentlichen
l Leichtigkeit mich won den Goldbrüdcrn, wie ein
räudiges Schaf von seiner Heerde, indem er mich
in Papier wickelte und in die Westentasche steckte.
Zufrieden mit den Meßgcfchästcn setzte er sich auf
den Wagen, und der Einspänner brachte uns bald nach
seinem Gute, dessen Namen ich nickt mehr weiß.
Dort lag schon eine bricsiickc Jercmiade seines lockern
Zeisigs auf dem Tische, der in Wittenberg hinter dem
Guckguckskruge die hciligeThcvlogic studirte. Mama
und Töchter warteten bereits mit respektvollem
Verlangen der Lösung des Siegels durch des Vaters
Hand.
Dieser las, und sagte dann: das alte Lügcnlied
von der Krankheit; diesmal ein ärztliches Attest
dabei, vielleicht von einem seiner mcdicinischen
Guckgucksbrüder. Der Bursche weiß wohl, daß ich
Das zu untersuchen mir nicht die Mühe nehme. Er
warf den Brief hin, und Mama und Tochter fielen
darüber her.
Am andern Morgen reiste ich mit sechs andern
Goldbrüdern imPostselleiscn zudem Bruder Studio,
der uns mit Jubel empfing und mit glühendem
Andacht durchzählte. Er bezahlte die drängenden
Manichäer, und ick selbst kam an seinen Wirth,
einen ehrlichen Schneidermeister, mit dessen Tochter
der Muscnsohn aus sein Pastorat in eine
ernsthafte Liebschaft unterhielt.
Theodore empfing mich vom Vater zu einem netten
Kleide, und ich schlief eine Nacht ganz ruhig ausdcr
Baumwolle ihres Schmuckkässchcns. Am andern
Morgen aber trat ihr Geliebter blaß und verstört
ins trauliche Hmtcrstübchcn.
(Forlscstung felgt.)
 
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