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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0229

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Der Neckar-Dole erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
».Freitags DcrAbonnemcnis-
prcit betrag« für ein Jahr i st.
36 kr., für ein halbes Jahr 5/,
kr., für ein Vierteljahr 3o kr.

Neckar-Bote.
SS.

Die Einrücknngsgcbühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei An-
zeigen. worüber die Expedition
Auskunft erthcilt, 3 kr.

Freitag, den 28. Juni 1844.

Auf das mit dem 1. Juli beginnende neue Quartal des
Neckar-Voten
wolle man gefällige Abonnements-Bestellungen für Heidelberg bei dem Unterzeichneten,
für Mosbach und Neudenau bei Herrn F. Lempp,
für Ebcrbach bei Herrn Abrakam Stumpf,
für Adclöheim bei Herrn I. G. Franck,
oder bei den zunächst gelegenen Postämtern machen.
Heidelberg, im Juni 1844. Expedition des Neckarboten.
O. Aug. Ostwald.

Vuntes aus der Lett.
In der russischen Armee ist, mit Ausnahme derUH-
lanen und Husaren, statt des Tschako der preußische
Helm eingeführt worden.
Die Königin von Spanien soll die Wassersucht haben.
Der Oberpräsident von Merckel, der in den schlesi-
schen Dörfern Ruhe zu stiften suchte,- befindet sich jetzt
wieder in Breslau. Er ist sehr unzufrieden damit, daß
das Militär so schnell eingeschritten ist, und hat den
Eivilbchörden der betreffenden Orte lange Nasen gege-
ben. Am wenigsten sind bei der Geschichte die Fabri-
kanten zu bedauern, die auf eine empörende Art mit
den unglücklichen Arbeitern ihr Spiel trieben. Einer
derselben — Zwanziger — hatte gegen die Arbeiter,
die ihn um Erhöhung des Lohns baten, weil sie sonst
kein Brod kaufen könnten, geäußert: »sie sollen ler-
nen Heu essen, daS wäre billiger.«
Der Herzog von Bordeaux bat an alle Höfe die No-
tifikation deö Todes des Herzogs von Angonleme er-
lassen , und sich dabei gegen die Thronfolge der 'etzigen
unrechtmäßigen Dynastie verwahrt; ist aber doch so
klug, alles der Zelt (und vielleicht auch den Jesuiten)
zu überlassen.
Großes Aufsehen marbt eine geheime Zusammenkunft,
die der Vladika von Montenegro mit dem Eoimnan-
danten einer englischen Corvette hatte. Derselbe war
mit seinem Schiff von der in Tunis statiouireuden Flot-
tcnescavre auf ausdrücklichen Befehl des englischen Ca-
bincts gesandt und ließ sich narb einer mehrstündigen
geheimen Unterredung mit dem Vladika, auf dessen Be-
fehl von den verschiedenen Beamten die genauesten Nach-
weisungen über die politischen, statistischen und com-
merciellen Verhältnisse des Landes, namentlich über
dessen Stellung zu Rußland, und den Betrag
und die Entstehung der bisherigen Geldbezüge von die-
ser Macht gegeben werden.
Das zwischen Genf und Ehamounir liegende Städt-
chen Cluse von 220 Häusern mit 2000 Einwohnern
ist in der Nacht vom 15. auf den 14. Juni von ei-
nem Wahnsinnigen angesteckt worden und ganz abge-
brannt; wobei außer dem Brandstifter 3 —6 Men-
schen das Leben verloren.
In Griechenland geht's erbaulich zu. Der berüch-
tigte Grizivtis, dessen Wahl für ungiltig erklärt wur-
de, weil er eines Tvdtschlags schuldig sei, behauptet
auf Euböa mit einer Anzahl Gauner eine drohende
Stellung und hat der Regierung gedroht, wenn sie

seine Wahl nicht unangefochten lasse, so werde er mit
seinen Palikaren der Hauptstadt einen Besuch abstatten.
Darauf hin hat die Negierung den General Church
nach Euböa geschickt, um sich seiner zu bemächtigen,
oder wenn ihm dieses nicht gelinge, zu kapituliren (!)
— Der General Grivas, der über 5 — 400 Palika-
ren gebietet, und den das Ministerium nach Athen be-
rief, um ihn vom Schauplatz der Wahl zu entfernen,
ließ demselben antworten, er wolle kommen, wenn
die Wahl vorüber sei.
Die Tochter des Kaisers von Rußland, Großfürstin
Alexandra, wegen deren Krankheit er so schnell von
London abreiste, ist gestorben.
In Trier wird den Gläubigen ein heiliger Rock ge-
zeigt, und man erwartet große Sebaaren von Wall-
fahrern. Seit langer Zeit zeigten die Bischöfe densel-
ben dem Volk nicht mehr, und man weiß nickt wes-
halb der jetzige Bischof, der von Anfang an dagegen
gewesen sein soll, diese alte Geschichte wieder aufge-
wärmt hat.

Die Rückkehr des Deportirten.
Erzählung eines englischen Pfarrers.
Als ich mich — es sind jetzt bereits fünfundzwan-
zig Jahre — hier in diesem Dorfe nicdcrlicß, war
ein Pächter, Namens Edmunds, das verrufenste
Individuum in meinem Kirchspiel. Er war ein mür-
rischer , bösartiger Mann, träge und den Ausschwei-
fungen ergeben, und dabei wild und grausam von
Gemüth. Mit Ausnahme weniger liederlicher Va-
gabunden, mit welchen er herumzustrcichcn und sich
in den Bier- und Branntweinschenken zu betrinken
pflegte, hatte er keinen einzigen Freund oder Be-
kannten. Niemand mochte gern mit dem Manne
verkehren, den Viele fürchteten, Alle aber verab-
scheuten ihn, und so ward er denn von Jedermann
gemieden.
Dieser Mann hatte ein Weib und einen Sohn,
der zu der Zeit, wo ich hicher kam, etwa zwölf Jahre
alt sein mochte. Von den Leiden jener Krau, von
der Sanftmuth und Geduld, mit welcher sie diesel-
ben ertrug, von den Kämpfen und Sorgen, unter
denen sie den Knaben erzog, kann man sich schwer
einen Begriff machen. Der Himmel möge es mir
 
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