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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0327

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Der Neckar-Bote erscheint
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36 kr., für ein halbes J»i,r 5/Z
kr., für ein Vierteljahr 3u kr.


eckar-

ote.



Die EinrückungSgcbühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum betragt 2 kr. Bei An-
zeigen, worüber die Ervediiion
Auskunft crthcilt, 3 kr.

Freitag, den 20. September 1844.

Buntes aus der Leit.

Personenfrcquenz der bedeutendsten deutschen

Im April d. I. soll auf Otaheiti eine Empörung
ausgebrochcn sein wobei 16 Franzosen und 200 In-
sulaner umkamen.

Eisenba b n e u.
im
Juli «844
Seit I Janr. d. I.
Badisck'c Bahn
«73, 748
744,973
Taunusbabn
10«, I,4
43«,988
Ferdinands - Nvrdbahn
39, 896
370, 920
Magdeburg Leipzig
70,738
58 «,907
Wien Gloggnitz
37,867
398,48«
Bonn Köln
36,07«
288,399
Nürnberg Fürth
40,696
236,403
Berlin Äubalt
56,837
>98,535

Ans Oran erfährt man, daß die 25,000 Reiter
unter dem Befehle des Sohnes Abderbamaus, wclrhe
von den französischen Truppen so schmäblicb am Isly
in die Flucht gesch agen wurden, auf ihrem iu höch-
ster Unordnung bewerkstelligten Rückzüge, von den Ka-
bylen und Berbern angegriffen und zum größten Tbeil
uiedergemctzelt seien.
Das letzte Regierungsblatt enthält den, am 27 Juni
d. I. zwischen den Bevollmächtigten Badens und Frank-
reichs, Staatsminister von Dusch und Marquis d'Ey-
ragnes abgeschlossenen Staatsvertrag über gegenseiti-
ge Auslieferung von Verbrechern, wobei jedoch politi-
sche Vergehen ausdrücklich ausgenommen sind.
Die sächsische Kreisstadt Plauen, eine der gewerb-
fleißigsteu des Landes, die vor 10 Jahren durch Was-
ser fast ganz zu Grunde gerichtet wurde, ist zum gro-
ßen Theil abgebrannt. Die Zahl der dadurch obdach-
los gewordenen beträgt «635. Noch ist die Ui sacke
der Entstehung des Brandes unbekannt, cs sollen zwei
Brandbriefe gesunden worden sein, welche drohen noch
das alte Amt und die Neustadt anzuzündeu; doch ist
der Bürger in dessen Hans das Feuer auSbrach allge-
mein als ein sehr rechtlicher Mann angesehen.
Im Monat Juli haben die Russen im Kaukasus
durch Scbamyl wieder mehrere bedeutende Niederlagen
erlitten. Er hat mehrere Streifzüge tief ins russische
Gebiet glücklich ausgeführt nuv ist nach Zerstörung ei-
niger Forts mit reicher Bente und vielen Gefangen-
en glücklich heimgekebrt ohne daß ihm Vie Russen auch
nur das geringste anhaben konnten. Scbamyl wurde
im Jahr §829 von den Russen in einem Gefechte als
vierzehnjähriger Knabe gefangen genommen, und als
Sohu eines kaukasischen Fürsten nach Petersburg ge-
sandt nm in dem Regiment der Adeligen seine Erzieh-
ung zu vollenden. Er wurde bald Offizier und zeichne-
te sich in dem Unterdrückungskampf gegen seine tap-
feren Landsleute aus. Nach russischen Berichten soll eine
persönliche Beleidigung Ursache seines Uebergangs ge-
wesen sein; doch ist das eine russische Ansicht der Sa-
che und wir vergleichen Scbamyl wol besser mit dem
Ehcrusker Hermann mit desseü Geschichte die seinige
bis jetzt so viel Aehnlicbkcil bat.
Seit dem 18 August haben ungefähr 600,000 An-

dächtler Trier besucht nm den heiligen Rock ohne Nach
(beiläufig bemeikt, der Schneidermeister der ihn verfer«
tigt hat muß ein geschickter Mann gewesen sein) zu
verehren. Ein bedeutender Erwe b.-zweig ist dadurch für
die gute Stadt Trier hcrvorgerufen worden, nämlich
der Handel mit Rosenkränzen, ein einziger Kaufmann
soll 34 Eentucr angebracht haben. An diesen Rosen-
kränzen hängen Wundermcdaillen von verschiedener
Größe und Qualität die an den heiligen Rock gehalten
werden. Da kann man also, je nach dem man gerade
Drang oder Lust in sich fühlt Geld auznwenden einen
kleineren oder größeren Grad von Wunderlichkeit er-
langen.

Eine Sceire aus Mehemed Ali's Leben.
Auf ihren 'Holstein lag sinnend und in tiefes
Nachdenken versunken Suleika, die schöne Odaliske
Mehemed Ali's. Unberührt blieb die Sorbetfchale
neben ihr stehen. Ähre strahlenden Augen mit der
Hand bedeck, nd, wand sich bald unruhig auf ihren
Kissen, bald blieb sie in einer in sich gekehrten,
nachdenklichen Stellung. Wenn ein Frauenzimmer
bald unruhig, bald nachdenklich sich zeigt, kann man
beinahe mit Gewißheit annehmen, daß ein Mann
dabei im Spiele ist. So auch bei Suleika. Mchc-
med Ali, der alle Krieger, hatte für kriegerische
oder f>iedlichc Gegenstände viel mehr Sinn als für
feine schönsten Frauen. Jedenfalls war auch seine
Gleichgiltigkeit gegen dieselben ersprießlicher für
ihn, als wenn er feine Zeit mit ihnen vertändelt
hätte. Aber bei so beschaffener Nichtbeachtung
des weiblichen Geschlechts, welche Mehemed Ali be-
wies, kann es nicht unbegrcistich erscheinen, daß
fein ganzer weiblicher« Hofstaat sehr unzufrieden
war, und viele müßige Stunden hatte. Müßiggang
ist aller Laster oder doch wenigstens vieler unnützen
Beschäftigungen Anfang. So halte sich auch Su-
leika, die schöne Favoritin georgischen Ursprungs,
in denjenigen Theil des Gebäudes begeben, von wo
aus man das bunte Treiben in den Straßen erblicken
konnte. Freudig bewegt schaute sie in das Gewühl
und wünschte sich nur einen Tag wieder den Ge-
nuß eines solch freien Lebens Da sprengte auf
schnaubendem Rosse ein muthiger Jüngling die
Straße herab. Unwillkürl-ch blickte er nach der
Stelle, wo Suleika auf der Lauer stand: feine Lin-
gen trafen die leuchtenden Blitze der Georgierin.
Den Gang seines Pferdes mäßigend, blickte er im-
mer und immer wieder nach ihr; die Schönheit
Suleika's entzündete sein Herz und mit einer grü-
ßenden Bewegung sprengte er von rannen. Sulei-
ka aber zog sich träumerisch in ihr innerstes Gemach
zurück, unaufhörlich mit dem Bilde des schönen
 
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