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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0311

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Freitag, den 6. September 1844.

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Siaum beträgt 2 kr. Bei An-
zeigen. worüber die Erpedilion
Auskunft «rlheill, 3 kr.

Vuntes aus der Leit.
Sämintliche Afft ziere der östreictsischen Fregatte Bel-
lona sind zurückgeblieben und durch neue ersetzt werden,
nm in der Untersuchung über die revolutionären Um-
triebe verhört zn werden. Der Admiral Bandiera soll
sich gerechtfertigt haben und sein Coiiimando in der Le-
vante wieder erhalten. Der Nichtswürdige, der seine
Söhne verricth, batte ihm gegen eine nicht sehr be-
deutende Summe angeboren, deren Thcilnahmc an dem
Verbrechen zu verschweigen, Bandiera aber schlug cs
aus. Einen Tag, ebe er angezeigt wurde, hatte Ai-
tilio Bandiera dem Vcrräther ein ansehnliches Geld-
geschenk gegeben.
Seit der Schlacht bei Jsly sind die englischen Jonr-
nale bedeutend zahmer geworden, und dieser Sieg wird
viel znr Erhaltung des Friedens beitragen. Abd- el-Ka-
ders Gefaugeunehmung bestätigt sich nach den französi-
schen Zeitungen; doch ist darüber noch keine telegrapbisii e
Nachricht da. Die in dem marokkanischen Lager, dessen
Erstürmung man der Tapferkeit des bekannten, abenteu-
erlichen Obristen Inssuf verdankt, und die hauptsächlich
zur Entscheidung der Schlacht beitrug, eroberten Fahn-
en, Zelte nnd der berühmte Sonnenschirm sind narb Al-
gier geschickt nnd dort zur Schau ausgestellt worden, zum
großen Zorn und Schrecken der Oberhäupter der Stäm-
me die an den Sieg durchaus nicht glauben wollten.
HusscinBcy, der dritte Sohn Mchcmcd A y > und
Ack'mcl Bey der älteste Sohn Ibrahim Paschas sind am
20. August in Paris angekommcn, nm dort ihre Erzieh-
ung und Studien fortznsctzcn. In ihrer Begleitung befin-
den sich gegen 50 Söbne der angesehensten Familien Ae-
gyptens.— Es ist eine Commission niedergesetzt worden,
um die Organisation nnd die Reglements der polytechni-
schen Schule einer Prüfung zu unterwerfen.
Am 10. September wird die Königin von England
mit Prinz Albert eine Vergnügungsreise nach Schottland
antrcten, also wird schon aus diesem Grunde der Besuch
des Königs von Frankreich vor der Hand unterbleiben.
Don einer Reise nach Irland hört man nichts. Die eng-
tiscte Regierung hat für dieses Jahr keine 'Beurlaubung-
en in der Armee gestattet, wegen der gespannten Verhält-
uiße mit Frankreich und wegen des Zustandes der Dinge
in Irland.—Nach allem bestätigt sich die Nachricht, daß
O'Eonnel auch wenn sein lZassakionsgesnch an das Ober-
haus keinen günstigen Erfolg habe doch begnadigt' werden
wird.
Am 26. August lichtete auf der Rhede von Helsingör
die bisher dort gelegene russische Flotte den Anker und
kam Abends gegen 6 Uhr an Kopenhagen vorbei. Trotz
des ungünstigen Wetters sollen alle Schiffe glücklich in
die Ostsee gelaugt sein.
Empfehlenswerthe Lehrer. Unter diesem Titel
»heilt Fr. Malten in dem neusten Heft seiner Weltkunde
folgende Fragen und Antworten aus den Prüfungen,
die im Jahre 1853 und 1854 in Küstnacht mit den
bisherigen Schullehrern abgehalten wurden, mit. Frage:
Welches sind die Namen der sogenannten drei Eidge-
nossen ? Antw o rt: Ter Werner, der Stauffachcr und

der Goliath. — Frg.: Mit wem haben die alten Hel-
vetier am Lcman gekämpft? Antw.: Mit dem Groß-
sultan. Frg.: Aus welcher Landschaft ist der Teil?
Antw.: Aus dem-- Toggenbiirg. Frg.: Habt ihr
auch von Zwingli gehört? Antw.: Der Name ist mir
nicht bekannt. Frg.: Wo wurde Christus geboren?
Antw.: In einer Stadt. Frg.: In welcher Stadt?
Antw.: In Bern. Frg.: An welchem Wasser liegt
Basel? Antw.: Am schwarzen Meer. Frg.: Wie
heißen die drei Eidgenossen? Antw.: Caspar, Mel-
chior und Balthasar. Frg.: Wer starb bei Sempach
für's Vaterland? Antw.: Der Goliath. Frg.: In
welche Klassen werden die Thiere eingetheilt? Antw.:
In Säugethiere, Vögel nnd anderes Vieh rc. rc. —
Man denkt dabei unwillkürlich an das Eramen des
scharfsinnigen Candidatcn Hieronymus Jobs.

Der alte Musikant.
In einem ärmlichen Dachstübchen der Fricdrichs-
stadt zu Berlin saß vor einem Tische ein Greis,
emsig in einem Nolcnhcstc lesend und von Zeit zu
Zeit nut dem Rolhsnfk am Rande des Papiers eine
Bcmerknn g auszeichnend.
Matt glimmten nur noch wenige Kohlen im Ka-
min, wie sehr es draußen auch stürmte und wetterte,
und das Lämpchen stakkerte so dufter und ungewiß,
daß fortwährend unheimliche Schattcngebildc an den
Wänden des Stübchens auf- und niederhnfchten;
dazu klirrten die losen Scheiben des einzigen kleinen
Fensters und kreischten die Windfahnen auf dem
Dache — es war eine bitterböse Nacht.
Doch der Greis beachtete das Toben des Wind-
sturms so wie die Mißtönc um sich wenig ; und, wie
hinfällig die edle, hohe Gestalt auch erschien, wie
sehr das bleiche,, licfgefurchte und eingefallene An-
gesicht von Krankheit zeugte, das Auge stammte
begeistert, indem cs die Verschlingungen der Noten-
schrift verfolgte, — feltfam contraftirenö mit den
fchneeNeißen Locken um feinem Haupt.
Da schlug es zwölf — und Jubel tönte herauf
von der Gaffe und Musik, unS vom nahen Kirch-
thurm erscholl cs: Herr Gott, dich loben wir! —
Da fuhr der Greis empor und laufchle und mur-
melte endlich: „Wieder?" —
Die Thür ward aiisgcrisseu und in's Stübchen
trat ein Jüngling, mit Augen wie der Alte, mit
dunkeln Locken urid noch bleicherem und eingefalle-
nerem Gesicht.
Willkommen, Leidensgefährte! rief der Greis
ihm entgegen, hörtest du den Stundenschlag?
Ich Hörle ihn, Alter! — es war der letzte.
Wär' cr's!
Leg' dich zur Ruhe!
 
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