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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0269

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GA.

eckar-

ote.



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Auskunft crtheilt, 3 kr.

Freitag, den 2. August 1844.

VunLes aus der Lett.
Man schreibt ans Berlin vom 26. Juli: Ein glück-
licher Weise erfolgloses Attentat auf das Leben des Kö-
nigs hat heute Morgen um 8 Uhr hier stattgefuuden.
In dem Augenblick, als der Wagen Sr. Majestät aus
dem Portale des Schlosses fuhr, den Weg nach der
Frankfurter Eisenbahn ciuschlagend, drängte sich ein
Mann an den Schlag und feuerte ein Doppelpistol ab.
Beide Schüsse folgten sich schnell. Die eine Kugel zer-
schmetterte ein Fenster und flog durch den Wagen, die
andere ging durch den Mantel des Königs in der Höhe
der Brust und drang durch die Polster ins Holz. In
wenigen Minuten war der Platz mit einer herbeiströ-
menden Volksmenge bedeckt, vor deren Mißhandlungen
der Mörder nur mit Mühe geschützt werden konnte. Er
ward auf die Hauptwache und von dort ins Stadtge-
fängniß gebracht, wo er sich ohne Laugnen zu seiner
Tbat bekannte. Er heißt Tscheck, ist schon bejahrt,
war Bürgermeister in der Stadt Storkow; von seinem
Posten abgesetzt, lebt er seit einiger Zeit in Berlin, um
gegen das ungerechte Urtbeil, was nach seiner Meinung
ibn getroffen hat, alle Rechtswege einzuschlagen. Vor-
einiger Zeit hatte er sich auch an den König gewandt
und um Schutz und Hilfe gebeten; iudcß war seine Sa-
che wohl nicht dazu geeignet, denn er wurde absebläg-
lich beschicken. Dies scheint auf den Gcmüthszustand
des Unglücklichen tief eingewirkt und ihn zu der wahn-
sinnig-verbrecherischen Handlung bewogen zu haben. Er
behauptete nach seiner Gefangennahme, der König habe
ihn und seine Familie unglücklich gemacht, er sei sei-
nes Lebens überdrüssig nnd wolle sterben. In dem Wa-
gen befand sich der König mit seiner Gemahlin, beide
im Begriff, nach Frankfurt und von dort nach Erd-
mannsdorf in Schlesien zu fahren und weiter nach Ischl
zu reisen. Die Schüsse des Mörders konnten daher ein
doppeltes schreckliches Verbrechen ausführen, das wahr-
scheinlich nur durch das schnelle Fahren verhindert wurde.
Aufgehalten wurde die Reise durch das Attentat richt.
Der König gab nur die Versickerung, daß er unver-
letzt sei und befahl weiter zu fahren. Diese That eines
Geistesverwirrten, eine Folge der Erbitterung und Ver-
zweiflung, hat ganz persönliche Ursachen; von einer
politischen Absicht ist nirgend eine Spur. (Kln. Z.)
Der Schriftsteller Treumuud Welp sucht in seinen so
eben erschienenen Petersburger Skizzen darzuthun, daß
der berühmte Brand von Moskau keineswegs ein Werk
russischen Patriotismus, sondern nur durch Zufall und
Nachlässigkeit entstanden sei. Welps Gründe haben
Manches für sich, sind aber doch nicht entscheidend ge-
nug, um die Behauptung zu beweisen.
Die freisinnigen »Gränzboten« geben über den Car-
-telvertrag zwischen Preußen und Rußland folgende Ein-
zelnheiten, indem sie denselben als einen Fortschritt be-
zeichnen, wenn man ihn mit dem früher« Zustand der
Dinge vergleicht. Denn I) ist vorgesehen, daß keine
Flüchtlinge, die wegen politischer Ansichten und Verge-
hen oder wegen irgend einer Sünde gegen die drückende
russische Steuer- und Zollgesetzgebung verfolgt werden,

von der preußischen Regierung ausgeliefert werden; 2)
soll jede Auslieferung erst geschehen, nachdem ein preu-
ßisches Obergericht entschieden hat, daß das Verbrechen
auch in Preußen mit einer Cn'minalstrafe verbunden sein
würde, und 5) dürfen nicht mehr wie früher Preise
auf die Einsaugung von Deserteurs ausgesetzt werden.
Ja es ist festgesetzt, daß wenn es einem solchen gelun-
gen ist, sich zwei Jahre lang im Lande aufzuhalten,
von Seiten Preußens keine Verbindlichkeit mehr zur Aus-
lieferung vorhanden ist. All das ist gewiß anerken--
nnngswerth, und der Vertrag geeigneter als die bis-
herigen Verhältnisse, die Ostpreußen dagegen zu schützen,
daß ihr Gebiet von Kosacken und Baschkiren verletzt
werde. »Sie sehen also, schließt der Corresp. der Gränz-
boten, die Sache bat auch ihre guten Seiten, und da
es bei dem gegenwärtigen anarchischen Zustande der
Dinge an der Gränze unmöglich bleiben konnte, so liegt
jedenfalls ein Verdienst darin, eine Convention mit so
günstigen Bedingungen erwirkt zu haben.»

Freudenreich und Dolorosus.
(Füttscynng.)
Der ci'ntretcnde Marchese unterbrach die leben-
dige Rede Giuscppo's, der, nachdem er sich nochmals
freundlich bei seinem verehrten Signor Dottore be-
dankt, abging, doch vorher, ohne daß Cassini es
bemerkte, Ludwigen zuwinkle und auf den Marchese
zeigend, mit einer sprechenden, dem Neapolitaner
eignen Pantomime den Finger aus das obere Au-
qenlicd legte. Außerhalb der Thür, bis wohin ihm
Ludwig mit einem fragenden Blicke hinsichtlich des
eben gemachten Zeichens gefolgt, flüsterte ihm Giu-
seppo leise zu: Ich wollte damit sagen, Signor!
nehmt Euch vor ihm in Acht! Uebffgens wache ich
für Euch! Und somit stolperte er, ein Liedchen
summend, fort. Ein durch diese Worte rege gemach-
tes Mißtrauen erwachte in der Brust des Deutschen,
doch eben so rasch schwand es wieder, als Cassini
ihm ein freundliches Gesicht zeigte. Der Glückliche
thcilte dem Marchese die erhaltene Nachricht über
Donna Tercsina mit, und dieser, sichtlich erfreut,
rieth, hinab an den Stranck zu gehen, wo jetzt in
den milden Abendstunden die elegante Weit sich ver-
sammle und vielleicht auch der holde Kraucnstern
sich zeigen würde. Sie durchstrichcn die Chiaja, von
Tausenden, die den schönen Abend genießen wollten,
belebt, drängten sich durch die Menge der Fußgän-
ger und den blitzschnell dahin eilenden Calessaren.
Mancher lieblichen Gestalt schaute Ludwig unter
den halbgclüfteten Schleier, ohne die Gestalt zu er-
spähen. Auch am Fenster oder auf dem Balkon des
Hauses war sic nicht zu erblicken. Schon dunkelte
 
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