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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0045

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Der Rsckor - Do t< erschein!
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u. Freitags. Bestellungen kön-
nen bei der Erpc-ition in Hei-
delberg , bei Kann». Lempp
in Mosbach, Kaufm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
ui Ebcrbach und bei allen Post-
Aemtcrn gemacht werden.

O. FO.


Freitag, den 2. Februar 1844.

Der Abonneinenttpreit beträgt
für ein Jahr l st. >6 kr, für
ein halbes Jahr 5/, kr. tür
ein Vierteljahr Zo kr. Die
Einrückiingsgcbühr für die ge-
spaltene Zeile ad. deren Raum
beträgt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpedition Aus-
kunft ertheilt, Z kr.



VunLes aus der Leit*
In der 22. Sitzung der zweiten Kammer Eingabe
von Petitionen durch den Abg. Schaaf n. A. Die
Kammer genehmigt die Rechniingsnachweisungen des
Justizministeriums von 185!) bis I.Jan. 1842 Der
Abg. Böhme begründet seine Motion, die Ablösung des
Abzugs- und Nachsteuerrechts bctr. Der Abg. Hägelin
erstattet Bericht über den Gesetzentwurf über die Ge-
halte und Pensionen der Staatsdicner; der Gesetzent-
wurf wird mit einer kleinen Aendnung angenommen.
In Griechenland herrscht Uneinigkeit im Ministerium
(in Folge dessen einer der Minister entfernt worden
ist) und Parteiung in der Deputirtenkammer. Der
Verfassungsentwurf wird berathen. — Kvlocotroni geht
frei umher und es soll durch den König zwischen ihm
und seinen Feinden eine Aussöhnung zu Stande ge-
kommen sein. Für die öffentliche Ruhe sorgt Kalergi
mit unermüdlichem Euer, besonders da er jetzt auch
mit Handhabung der Polizei beauftragt ist.
In Triest wird dieser Tage wieder eine Anzahl
Deutscher eiutreffen. In Griechenland hat König Otto
den Zurückkehrenden ein Schiff zur Verfügung gestellt.
In Edinburg erschien vorige Woche eine gewisse
Miß Rolfe vor Gericht, des Laden-Verkaufs gotteslä-
sterlicher und verruchter Schriften angeklagt. Sie führte
ihre Vertheidigung selbst und läugnete nickst, die er-
wähnten Schriften verkauft zu haben, ferner sagte sie
aus, daß sie reckt wohl gewußt habe, daß dieselben
eine Abläugnung der Glaudenswahrheiten der christli-
chen Religion enthielten, und darauf berechnet seien,
diese Religion in Verachtung zu bringen. Sie habe
jedock durch diesen Verkauf keine ruchlose und verbre-
cherische Handlung begangen, und sie halte ihr Thun
so wenig für stafbar, daß sie den Verkauf jener Schrif-
ten forksctzen werde, sobald sie wieder in Freiheit sei.
Das Gericht verurtheilte sie zu zweimonatlicher Ge-
fangnißstrafe.
In Barcelona und Sarragossa wird der Ausbruch
neuer Uuriiben befürchtet. — Die Besatzung von Fi-
gueras ist wieder in die betreffenden Regimenter einge-
theckt und die Freikorps sind aufgelöst worden.
Der ehemalige Herzog Karl von Braunschweig, der
in London leist, hat eine Proklamation erlassen, in
welcher er feierlich gegen den jeizigen Zustand der Dinge
im Herzogthnm Braunschweig, den er einen rechtswid-
rigen nennt, protestirt und worin er erklärt, daß er
seinem Rechte auf die Souveränetät dieses Landes nie
entsagt habe und nie entsagen werde.
In Frankreich nehmen die Verhandlungen der De-
putirtcnkammer und in Großbritannien der Staatspro-
zeß gegen O'Eonncll und seine Mitangeklagten die all-
gemeine Aufmerksamkeit in Anspruch.
Die Königin von England wird im nächsten Früh-
jahre nach Deutschland kommen, und ihre Reise bis
nach Berlin, Dresden und Gotha ausdehnen.
In Heidelberg hat sich dieser Tage ein weiblicher
Selbstmord seltener Art ereignet. Ein Dienstmädchen

hat sich, wie man vermuthet, weil sie ihr Liebhaber
verlassen hat, erschossen.

Memoiren eines Dukaten.
(Aus Krebs Rübezahl.)
(Fortsetzung)
Ach, es hatte kaum dieses Aufwands von Sottise
bedurft. Da stand der ärmste der leipziger Ma-
gister, und las laut und vernehmlich sich den ent-
setzlichen Brief vor. Seine Stimme wurde immer
schwacher, das Kreuzfeuer feiner Blicke immer gräß-
licher, und er griff nach dem tödtlich getroffenen,
zuckenden Herzen, und tanzte endlich unheimlich im
Dachstübchen umher, den Brief in der Höhe luftig
schwenkend, wie eine Anklageakte gegen die stief-
mütterlichen Natur, wie ein Privilegium des Wahn-
sinns!
Der Arme schiffte auch nur hart an der Eharyb-
dis völliger Gestörtheit vorüber; allein ich bin über-
zeugt, weder sein vieles Latein und Griechisch, noch
die metaphysischen J-ledcrmäuse im Kopfe haben
ihm durch den gefährlichen Strudel durchgeholfen.
Seitdem Haffe ich die philologische Pedanterie und
philosophische Huerköpstgkeit, die gar keinen andern
Nutzen in den gelehrten Köpfen haben, als andere
Köpfe wieder damit zu quälen. Ich kann mir nicht
helfen, ich sehe nun mal Alles von der rsiu prak-
tischen Seite an, und das ist sehr natürlich, denn
ich bin ja der nervus luinim — Gold!
Um dicst Zeit waren die äußeren Verhaltniffc
Lässig'-, ziemlich erträglich; er war viel für seinen
Buchhändler beschäftigt, und da er zum Glück eine
unmäßige Arbeitsstile besaß, so wurde die geistige
Berufslhätigkeit zur wohlthäügen Milch gegen
Ernestinens Arstnikvergistung seines Gcmüths. Die
Arbeit brachte ihm reichlich Geld, daher griff er
mich nicht an, und ich lag ruhig in der Schublade
seines Schreibtisches.
Nach einigen Wochen starb Ernestine an den
Blattern. Der Magister triumphirte, setzte sich
gleich nieder und schrieb eine griechische Hymne an
die Nemesis. Ganz hatten die Geister des Wahn-
sinns ihn aber doch nicht fahren taffen, denn eine
tolle Idee der Rache an der todten Geliebten bildete
sich jetzt in ihm aus.
Unter allen Giftpillen jenes Briefes war, wie ich
aus feinen Selbstgesprächen entnahm, am wirksam-
sten die für ihn gewesen: daß er in der Walpurgis-
nacht sich eine würdige -Braut auf dem Blocksberg
holen möchte. Nun verschaffte er sich durch seine
Auswärterin käuflich einen vollständigen Anzug der
 
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