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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0289

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Der Rkckar-Bole crschcinl
wschcnllich zweimal, Dienstags
u Zreitngs DcrAboiincmcms-
pccis dcirägl für ein Jahr i fl.
36 kr-, für cm halbes Jahr 5/,
kr., für ein Vierteljahr Zo kr.

Neckar




Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene Zeile ober deren
Raum betrügt 2 kr. Bei An-
zeigen, worüber die Erpcdition
Auskunft erthcilt, 3 kr.

Dienstag, den 20. Slugust 1844.

Vuntes aus der Leit.
Das Freischießen in Ebcrbach am Neckar.—
Dee Morgen des 9. August brach an und manchem
Herzen, das zuvor voll Freude erfüllt war, mochte es
bangen vor dem schweren Gewölle, das sich zuweilen
über unserer Gegend entleerte, denn an diesem Tage
sollte das Freischießen beginnen, ein Fest, daS, wenn
gleich es erst zum zwcitcnmale gefeiert wird, dennoch nicht
mehr so unbedeutend ist. Die Besorgnisse wegen der
ungünstigen Witterung verscheuchten jedoch die zuweilen
sich zeigenden heiteren Sonncnblicke und so schien selbst
der Himmel diesem neuen Unternehmen nicht ganz ab-
bold zu sein. Am 9. August Morgens 9 Ubr fingen
die Büchsen an zu knallen und machten denjenigen Schü-
rzen, welche tiefe Schwarzschüsse hatten, unendlich Ver-
gnügen durch die sinnigen Vorrichtungen, welche an den
beiden Scheiben angebracht sind. Bon 12 bis 2 Uhr
war Pause, alsdann ward wieder begonnen und bis 6
Ubr fortgesetzt. Am ersten Tage fielen keine besonders
guten Schüsse, am zweiten aber ward cs besser, ein
Centrum und mehrere Schüsse in der Nähe desselben wa-
ren daö Resultat des Tages. Am Sonntage ward in
der erlaubten Zeit unendlich viel geschossen. Ans der
Nahe und Ferne, insbesondere aus Mosbach und Ne-
ckargemünd hatten sich sehr viele Freunde des geselligen
Vergnügens cingcfnnden, die nicht wenig dazu beitru-
gen, das Ganze zu verherrlichen. Das schöne, mit
Fahnen dekorirte Schießlokal, im dunkeln Grüne eines
Buchwaldes anfgesührt, die gegenseitige Heiterkeit, eine
herrliche Prager Harmonieinnsik, der schöne Kranz von
Frauen und Jungfrauen und die herrliche Auswahl von
Silbergaben, die vor dem Sckützenhause ausgestellt wa-
ren, dazu das Geknall der Büchsen, sollte dies alles
nicht mehr als hinlänglich sein, jedes Herz voll Freude
zu erfüllen! Als gegen Abend 9 Uhr die einbrecbendc
Dämmerung das Schießen einzustellen nöthigte, zog
Alles in der angenehmsten Zufriedenheit nack Eberbacb
zurück, denn es galt jetzt sich vorzubcreiten auf den am
8 Uhr staktfiudenden s. g. Schützcnball. Liese Stunde
erschien bald, der Saal ward geöffnet und herein trat
der schöne Kranz von Herren und Damen, denen man
die Freude deutlich anschcn konnte, daß cs Gelegenheit
gab der Muse des Tanzes ein Opfer zu bringen. Der
schöne und große Saal war sehr geschmackvoll mit Guir-
landen von Eichenlaub dckorirt, Centrumsckeibcn mit
den Namen der Schützen und mit einem Kranze ein-
gefaßt zierten die Seiten desselben. Rund nm den Saal
herum hingen in schönster Ordnung Gewehre und Büch-
sen und was nur irgend Bezug auf Jagd rc. haben
konnte, trug zur Dekorirung des Saales bei. Darüber
herrschte nur eine Stimme, daß jeder Eintrctcnde auf's
Angenehmste überrascht wurde. Eine Polonaise eröff-
nete den Ball, nach deren Beendigung der Walzer bei-
nahe alle Füße in Bewegung setzte. Heiterkeit strahlte
auf allen Gesichtern und der Saal blieb gefüllt bis
gegen 4 Uhr Morgens, um welche Stunde der Ball
zu Ende ging. Darauf folgte am 9 Unr Vormittags
die Verchnlung der k3 Silbcrgabcn, von welchen ei-

nige an auswärtige, die meisten aber an Eberbachcr
Schützen vertheilt wurden.
So endigte dieses kleine Fest. Recht lange noch wer,
den uns die Tage im Gedächtnisse bleiben, die wir in
Gesellschaft von Fremden verlebt haben, denn wir ha-
ben daraus gesehen, daß überall mehr Freunde des ge-
selligen Vergnügens wohnen, als dies bei uns der Fall
sein dürfte, denn während Fremde aus der Nahe und
Ferne hcrbeieilten, gab es hier Leute, welche sich vom
Ganzen zurückzogen. Zwar haben diese Wenigen, wel-
che sich zurückgezogen haben, keineswegs störend in das
Vergnügen gegriffen — dieser Vorwurf kann sie nickt
treffen — aber auffallend war cs, wenn von Fremden
gefragt wurde, warum diese oder jcile Herren nickt
anwesend wären, und man in Folge der Erfahrung,
denselben erklären mußte, daß hier schon seit langer Zeit
daö System der Jsolirung bestehe, was Manchem eiu
Achselzucken verursachte. Dock alles das wird nicht
hiurcichen, uns irgend einen erheblichen Nacktheil zu
bringen, denn wer sich von dem geachteten Bürger ab-
sondern., und den finstern Geist des Mittelalters herauf
beschworen will, der sondere sich immerhin von andern ab.
Zum Schluffe noch den herbcigeeilten Fremden den
i herzlichsten Dank für den zahlreichen Besuch, ebenso
unscrm wackeren Vorstande der Schicßlicbhabergesell-
schast für seine warme Thcilnahme am Gamze».
Es ist nun gewiß, daß der Erbgroßherzog und der
Prinz Friedrich auch noch das Wintersemester auf den
Universität Heidelberg zubringen werden. Die Groß-
i Herzogin wird ihre Reise nack Nizza demnächst in.Ge-
sellschaft der Frau Großherzogin Stephanie antrcten.
Um die heimliche Eröffnung der Briefe zu bezeichnen,
haben die Engländer jetzt das Wort »gegrabamt« anr-
i genommen, gerade wie die Franzosen nack dem Vcr-
' rakb des Marschalls Marmonst für »verrathcw« mar-
mcmtor sagten. Uebrigens hat Vie zur Untersuchung
j dieser Sacke bestimmte Commission des englischen Ober--
j Hauses erklärt, wenn- bei einer jährlichen Cicculation
von 220 Millionen Briefen dieser Fall 7—8 Mal
vorkäme, so sei dies keine Verletzung der Heilig-
keit des Briefgeheimnisses, und mau solle des-
halb bei der alten Einrichtung bleiben, die einem Mi-
nister das Neckt zngestehe, den Befehl zur Eröffnung
ter Briefe zu geben, wenn er es für nöthig halte. Zum
' Glück hat das Unterhaus auch »och ein Wort darein
zu reden.
Die Nachrichten aus den Wcicksclgegcnden lauten
immer trüber. Die Uebcrsckweiumung soll bedeutender
sein als in den Jahre» 1813, 1816 und 1829 und
das Unglück ist um so größer, da die jetzige Ucber-
schwemmung zugleich auch die Ernte mit vernichtet,,
während jene im Frühjahre in Folge des Eisganges
entstanden.
In der Gegend von Breslau hat sich eine förmliche
Räuberbande orgauisirt,. die ungefähr 60 Mann stark
und mit Waffen und Munition wohl versehen ist. Von
Breslau sollen in diesen Tagen k 00 Schütze» abgchen,
um Vic Räuber aufzuhcbeii.
 
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