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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0339

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Neckar


Der Neckar-Rolc erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u Freitag» Dee cwannemem»-
pre>» betragt für ein Jahr i ft.
36 kr.. für ein halbe» Jahr 5/,
tr., für ein Liceietjahr Zu kr.



Dienstag, den 1. Oktober 1844.

Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum betragt 2 kr. Bei An-
zeigen. worüber die Erpcdition
Auskunft crtheilt, 3 kr.

Adon nements-Wrnladu ns
Bestellungen auf das ni>l dem l. Oktober begomiene ^>e Quartal des Ncekarbotcn wolle man bei Unter-
zeickiietem oder für Mosback bei Herrn F. Lempp, für Eberhard bei Herrn A. Stuiupf, für Adelsbeim bei
Herrn I. El. Franck, und den znnäckst gelegenen veiehil. Postämtern nmrt en. Oer AbonuemenlspieiS beträgt
r,k» kr. für R Fahr, ausschließlick des TragerlvbuS.
D- Ang. .Oß'.vald.

Buntes aus der Lett.
(graf Magnus Brabe, Reicksmarschall rc. rc. von
Schweden ist am 10 d. M- gestorben; er bat seinen
Freund Karl Jobann dem er so nabe stand, wie sel-
ten ein P.ivatmann einem Regenten, nur 6 Monate
überlebt.
Am 12 d. M. wurde in Lusern in dem Ursuliner-
kloster gut den Zöglingen der daselbst errirl-teien weib-
lichen Erziehungsanstalt eine Plüsnng abgebalten. Oer-
selben wobnte der ErziebuugSratb, mebrere Geistliche
und einige aus gewählte Herrn und Damen bei.
Dem übrigen Publikum, ja selbst den Lehrerinnen
und Eltern wurde der Zutritt verwehrt. Bekannt-
lich ist den Jesuiten, denen fegt auch in Speyer ein
Kloster gebaut wird, die Leitung des Unterrichts im
Eanton Luzern übertragen.
In Wien bat der türkische Gesandte bei dem griechisch-
katbvlisckcn Bisckos der Mcckitaristen zu Mittag ge-
speist. Beim Abschied gab der Prälat dem Türken den
Segen und die Dienerschaft des Gesandten küsste dem
Priester die Hande.
Dureb einen Ukas des Kaisers von Rußland ist die
Universität Dorpat zur Ausbildung der evangelischen
Geistlichen in Rußland bestimmt worden.
Marseball Bugeaud wird bis Ende Oktober in Pa-
ris erwartet, wohin ihn auf seine Einladung sechs ara-
bische Häuptlinge begleiten, um Frankreich aus eige-
ner Aufstauung kennen zu lernen. Seit Beendigung
des Kriegs mit Marokko nehmen die Auswanderungen
nack Algier immer mehr Aufschwung.
Die Marokkaner sind eifrig beschäftigt den durch das
Bombaidcmeut in Tanger angeiickteten Schaden aus-
zubessern. Die Zabl ihrer Gelüsteten und Verwundet-
en ist nickt zu ermitteln, da das muselmännische Ge-
setz das Zäolen der Verluste im Krieg mit Ungläubig-
en verbietet. Als englische Aerzte ihre Hülfe anboten,
antwortete man ihnen, man habe keine Verwundete und
der Kaide drohte jedem mit Todesstrafe, der sich von
einem christlichen Arzte behandeln ließe.»
lieber Abdelkader sind Vie Zeitungen voll der wider-
sprechendsten Gerückte. Nach den einen ist er gefan-
gen, nach anderen soll er sich mit einer Anzahl seiner
Anhänger noch frei auf marokkanischem Gebiete befin-
den, und Briese ans Oran behaupten er sei mit 2<M)
Reitern an der algerischen Gränze, eingeschlossen von
den Truppen Muley Abderrhamaus und denen des Ge-
nerals Lamoricicre..
Am l8 .d, M. ist von Bremen das erste Schiff des
Vereins für Auswanderung nack Teras mit 120 Per-
sonen unter Leitung eines Ingenieurs abgegangeu und
es werden in kurzen Zwischenräumen noch drei andere

Sckisse, von dem Arzte und RechnungSsührcr begleitet
Nachfolgen.
Frankfurt 27 September. Ein hiesiger Handwerker
verabschiedete gestein seinen Gesellen, welchen er schon
>0 Jabre bei sich in A beit hatte. Hierüber erbost
zieht der Geselle ein Messer und stickt dem Meister in
den Leib, darauf eilt er drei Stiegen bock in die Stu-
be, wo die Meisterin ruhig dasaß, und verseht dersel-
ben ebenfalls einen Stich in den Leib. Er wurde so-
gleich verhaftet.
Der Lholcramann.
Es war eine furchtbare polnisä e Kebruarnacht,
als ick i8li auf meiner Reise nach Petersburg
plötzlich die letzte Idee von Weg verlor, und mit
dem Schlitten in cinrm kleinen, finupstgen Erlen-
gehölz so fest saß, wie die polnische Sache selbst im
"großen politischen Waldfumpse.
Meine Situation war mehr als verdrießlich. Der
Schnee fiel nicht in soliden deutschen Flocken nieder,
sondern wie in Körben aus den H mmelssenstern
geschüttet. Jeter Versuch der entkräfteten Pferde,
den Schlitten aus dem Moor zu ziehen, brachte
beide noch um einen halben Fuß tiefer hinein.
Schauerlich heulte der. Sturm durch die alten.
Erlen un' jagte wülhend zusammengeballtc Schnee-
massen in die kahlen Zweige. Keine menschliche
Wohnung, kein menschliches Wesen in der Rühe,
und die Kalte zum beguemen Erfrieren von sehr ein-
dringlickcr Vesckassenheit. Und Hütte auch die Kalte
menschlich genug gedacht, lo gab es ja in Polen
auch Wölfe, gegen welche alle Räuber in den
Abruzzen, Rinaldo Rinaldini und selbst Odoardo
der Schreckliche nur höfliche Margueurs in der fach-
fischen Schweiz find. Sic machen bekanntlich den
Anfang damit, die Leute autzufreffen.
Es war mehr noch als polnischer Februar an sich,
was mich bei dieser ernsthaften Betrachtung durch-
rieselte. Ich hielt mich nickt lange dabei au st Das
Haar sträubte fich unter der Pst,mütze; entschlossen
sprang ich vom Schlitten; nur wenig saftige Schritte
durch den Moor, und bald gewann der angstbestü-
gelte Kuß fester» Boden. In meiner Phantasie,
von den letzten Zeitungsberichten erhitzt, heulten
schon die Wölfe, fünf, sechs; ich sah ihre hungri-
gen Augen durchs Gebüsch leuchten und fühlte bald
ihre Zahne und Klauen am Haise.
 
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