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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0067

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
a. Freitags Bestellungen kön-
nen bei der Erpcdilion in Hei-
delberg , bei Kaulm. Lempp
nr Mosbach, Kausm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumpf
t» Eberbach und bei allen Post-
Acmlcrn gemacht werden.


eckar-Bote.

rs.
Dienstag, den 20. Februar 1844.

Der Abonnemcntsprcis beträgt
für ein Jahr i st. 36 kr, für
ein halbes Jahr 5/, kr. kür
ein Vierteljahr 3c> kr. Die
EinrücknngSgebühi für die ge-
spaltene Zeile od. deren Raum
betiagl 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Expedition Aus-
kunft criheilt, 3 kr.

Runtes aus der Leit*
Die Bewohner der bayerischen Pfalz sehen rücksickt-
lick des Eisenbahnbaucs von Ludwigshafen (ehemals
Rheinsckanze) nach Bexbach der Eröffnung der Regie-
rung entgegen, dieselbe auf Staatskosten bauen zu las-
sen, indem sie durch Actien niemals zu Stande kom-
men würde. — Mehrere reiche Gutsbesitzer ans der
Haardt werden sich, wie es heißt, demnächst in Lud-
wigshafen nicderlassen, und die Güterspedition auch
dadurch gewinnen, daß die Dampfschiffe auch an dem
bayerischen Ufer anlegen werden.
Der Universität Zürich soll die gänzliche Auflösung
bevorstehen.
Der Herzog von Bordeaux ist Willens, sich in der
Schweiz auzukaufen.
In den Rheinstadten, besonders in Köln, Bonn,
Mainz, Mannheim und in Karlsruhe herrscht ein re-
ges Karnevalsleben. In Köln wetteifern zwei große
Gesellschaften zur Verherrlichung dieses Volksfestes.
An dem bevorstehenden Feldzug in Algier wird auch
der Herzog von Montpensier Theil nehmen, der einzige
der königlichen Prinzen, der noch keine Waffendienste
in Afrika getban. Der einst so furchtbare Abd-e!-Ka-
dcr halt sich mit ungefähr Z —600 Mann an der
marokkanischen Gränze, wo ihm der Rückzug über die-
selbe oder in die Wüste offen steht. Versuchsweise hak
der General Bngeaud in Algier eine Anzahl Infan-
teristen auf Kameelen beritten gemacht; eine solche Ka-
meelreiterei würde durch Schnelligkeit der Bewegung
und Ausdauer der Thicre der Armee von sehr großem
Nutzen sein können. — Ans verschiedenen Orten an der
Mosel sind viele Personen willens, nach Algier auszu-
wandern, aber es wird denselben von Paris aus wi-
derralhen, indem nicht einmal bemittelte Eolonisten hin-
längliche Sickerung fänden; auch die Fremdenlegionäre
wären lieber irgend anderswo als in der französischen
Armee; sie werden gegenwärtig weit mehr zum Aus-
fuhren von Gebäuden und Ehansseeu als zum Kriegs-
dienst gebraucht.
In Spanien macht die Empörung rasche Fortschritte.
Die wichtige Stadt Earthageua ist freiwillig, Murcia
durch Besetzung in die Hände der Insurgenten gefallen.
Die Truppen sind nickt mehr ganz zuverlässig, die Re-
gierung fast allgemein verhaßt; sie erhält, wie dies in
Spanien so gewöhnlich der Fall ist, die Ehrentitel:
lügnerisch, tyrannisch, verrätherisch, unfähig rc. Es
sei bei dem Espartero doch besser gewesen, meinen
Viele. — Auch in Griechenland ist der Zustand ein sehr
unruhiger.
2» Königsberg ist bei der neuerlichen Kälte das
Wild aus Hunger bis in die Stadt gekommen.

Wie viele Menschen-Leben hat, während der
geschichtlichen Zeit, der Krieg bereits ge-
kostet?
Ein Engländer hat sich die Mühe gegeben, zu be-
rechnen, wie viele Menschen während der Zeck, welche

man die geschichtliche nennt, durch den Krieg oder in
Folge desselben umgekommen sind, und hat die bedeu-
tende Zahl von vierzehntausend Millionen herausge-
bracht. Wenn alle diese Kriegsopfer aufstäuden, sich
au den Händen faßten und neben einander stellten, so
würden sie eine Kette bilden, die sechshundert und acht-
mal rund um die Erde herum reichte; ja, wenn nur
die Zeigefinger von allen diesen vierzehutausend Mil-
lionen Menschen über einander gelegt werden könnten,
so würde die Reihe noch 600,000 englische (120,000
deutsche) Meilen über den Mond hinausragen. Wer
diese im Kriege Gefallenen zählen wollte und täglich
neunzehn Stunden dazu verwendete, würde 336 Jahre
brauchen.

Memoiren eines Dukaten.
iForlscßung.)
Es war eine sternhelle, warme Juninacht, wie
geschaffen zur Begünstigung heißer, heimlicher Leid-
enschaften. Kein Lüftchen regte fick um die Eapelle.
Nur die entfernte,-einsame Liebesklagc einer Nach-
tigall tönte herüber, und ich sah unter den bunten
Kensterbildecn hinweg aufdie üppigen Blühtcnbüsche
ringsum und in den tiefblauen, finnigen Mitter-
nachtshimmc! hinein. Doch nicht lange, so stisterten
Stimmen, und es drangen ängstlich und eilig zwei
Gestalten durch die Büsche, in weite Mantel gehüllt,
mit hcrabgcdrürktcn Hüten. Die eine stieß das Ken-
stcr auf, und sagte in leisem Tenor?: Wir find zur
Stelle. Keinen bessern Zufluchtsort konnten wir
finden, als die Eapelle, daher ich heute Abend
unbemerkt die Kenfterriegel löste.
Die Gestalt warf ihren Mantel weg. Es war ein
französischer Ofstcier, so viel ich in der Sternen-
dämmerung an der Uniform entnehmen konnte,
doch sprach er trefflich deutsch. Er stieg ein. —
Nun, thenre Clara, folge mir; ich werde Dir hel-
fen; doch vorher reiche mir Deinen Mantel, damit
er Dich nicht hindert.
Ach Wilhelm, mir ist unendlich weh! klagte eine
süße weibliche Stimme.
Nur Muth, mein holdes Herz! Vertrau dem
Glück der Liebe! Nur Zögern bringt Gefahr, wo
etwas kühn und rasch begonnen! ermunterte der
Soldat.
Clara warf den Mantel ab, und stand in —-
Nonnentracht da. Sie kletterte herein; ich hörte
ihr angstvolles Herz pochen, und tiefseuszend sank
sic an des Geliebten Brust.
Gott sei Dank! sagte Dieser, das Fenster zu-
fioßend. — «Lieh, hier kannst Du die finstere, fa-
 
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