Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0249

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
».Freitags DcrAbonnementS-
prei» beträgt für ein Jahr > fl.
36 kr., für ein halbes Jahr 5/,
kr., für ein Vierteljahr 3o kr.

Neckar-Bote.
r-.

Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei An-
zeigen. worüber die Erpcdition
Auskunft crthcilt, 3 kr.

Dienstag, den 16. Juli 1844.

Wuntes aus der Lett.
Der berüchtigte Schäfer aus Niederempt reist nun
auf den Dörfern umher und sucht Gläubige, an denen
er für Geld seine Kunststückehen verrichtet. — 8io tran-
sit 6to.
Der »Sun« veröffentlicht die Methode, die man
brauchte, um in England heimlich die Briefe zu öffnen
und wir theilen sie zur Belehrung aller Spitzbuben mit.
Briefe mit Oblaten werben durch warmes Wasser auf-
geweicht, ist aber der Brief mit Wacks oder Siegel-
lack versiegelt, so legt man diesen mit der versiegelten
Stelle ans einen kleinen Ambos, auf das Siegel eine
dünne Blatte reines Blei, und auf dieses führt ein uie-
derfallender Hammer einen schnellen Schlag. Dadurch
wird ein Abdruck des Siegels gewonnen und dieser zur
Wiederversiegelung des Briefs gebraucht; nachdem man
dessen Siegel vorsichtig Stück vor Stück abgelöst hat.
— Lauter Fortschritt, lauter Cultur!
Paris, den I. Juli. Der ekelhafte Zudrang von
Damen aller Stände zu dem Danon-Cadot'schen Pro-
zesse, in dem es sich um Batermord und eiue schänd-
liche Maitressenwirthschaft handelt, erregt allgemeines
Aergerniß. Die neugierigen (naseweis oder unvei schämt
hcißl's nach unserer Lesart!) Frauenzimmer nehmen sich,
da sie von L Uhr Morgens bis spät Abends präsent
sein müssen, das Essen mit und verzehren cs in den
Pausen. Der «National« erinnert hierbei an folgende
Stelle aus Eormenins Buch der Redner: »Was thun
diese Goldagraffen, diese Spitzeumanlillen, diese Gaze-
kleider, diese Blumen und Federn unter den traurigen
Zurüstungen eines Assisenbofs? Wäre ich Präsident
des Gerichtshofs, so ließe ich von Frauenzimmern blos
die Verwandten des Angeklagten zu rc. — Da sind die
Türken doch viel gescheuter, sie ersparen sich diese Un-
gelegenheiten ganz einfach.
Der Sultan beabsichtigt dem König von Schweden
zu seiner Thronbesteigung Glück wünschen zu lassen und
hat dazu seinen Gesandten in Berlin, Talat Effendi,
auscrsehen. Sir Stratford Eanning hat dem Groß-
herrn die Zufriedenheit der Königin Victoria über die
Beendigung der albanesischen Unruhen ausgedrückt.

Freudenreich und Dolorosus.
(Fonsehung )
Nun zu unserem Geschäft, Herr Freudenreich!
In vierzehn Tagen bekomme ich hcrgcschickt Ihren
Gewinn, der sich beläuft in Silber auf ^5,c>oo Tha-
lcr, nach Abzug der Kosten. Dann können Sic in
Empfang nehmen bei mir die Summe und werden
doch abfallen lassen ein klein Geschenk für einen ar-
men Ebräer!
— Das werde ich, Ephraim, du Freudenbote!
fprach der reiche Kanzelist und drückte ihm die Hand,
das werde ich und Du sollst nicht sagen dürfen, ich

wäre durch mein Glück geizig und hartherzig gewor-
den. —
Ephraim empfahl sich mit vielen Bücklingen; der
Fünfundsiebcnzigtauscnd-Thaler-Mann aber fuhr
in die Kleider und trabte fröhlichen Sinnes zu Ju-
lianen. — Wie wird sie jauckzen, die Treue, wenn
ich ihr erzähle, daß wir reiche Leute und nächstens
Mann und Frau sind! Heisa, Freudenreich! das
gibt ein frohes Stündchen! Ouricleumus iAitur!
fügte er laut singend hinzu, ohne daran zu denken,
daß er auf der osscnen Straße wandelte, und lief
dabei hart an den Herrn Stadtgerichtsdirektor, fo
daß dicfer zwci Schritte zur Seite taumelte.
— Herr! sind Sie toll oder am frühen Morgen
betrunken? ließ ihn der Zornige an.
— Gott bewahre, keins von beiden! antwortete
der Kanzelist mit gewohnter Dcmuth.
— Nun, fo fehe man Leute und bcfonders Direk-
toren nicht für Ecksteine an, polterte der Angelau-
fcne weiter, und scheere sich auf die Kanzlei! Ha-
ben ohnedem seit ein Baar Tagen einen ganzen
Haufen Reste aufsummcn lassen. Ein besoldeter
Ofsiciant muß sich keine Nachlässigkeit im königlichen
Dienste zu Schulden kommen lassen. Also marsch
auf die Kanzlei!
— Golt bewahre, antwortete nochmals der Ge-
schmähte, und obwohl er dieses «Gott bewahre» eben
so demülhig wie bas erste sprach, so erhitzte sich den-
noch der Direktor dermaßen, daß er zorn-stnchend
herausfuhr:
— Hageldonnerwetter! Gott bewahre?! Wider-
setzlichkeit im Dienst? Das soll man schwer bereuen!
Untersuchung gegen Sic eingcleitct, vom Posten
entfernt - !
— Wird mir sehr angenehm sein! meinte der Kan-
zelist , will gern meine Stelle einem Andern gönnen,
weil ich durch Zufall das große Loos gewonnen.
Bei diesen Worten schritt er, nach einer tiefen
Verbeugung gegen den Direktor, weiter. Der aber
schien den Starrkrampf bekommen zu haben und als
er endlich wieder daraus erwachte, rief er mit einem
sehr tiefen Bücklinge: Das große Loos? wirklich?
Nun, so bitte ich, Ihre Bequemlichkeit zu gebrauchen,
werthester Herr! haben so lange Urlaub, wie sie
wünschen!
Indessen saßen im traulichen Stübchen Juliane
und Ludwig Freudenreich, zwei Glückliche, wie viel-
leicht in dem Augenblicke nicht Aehnliche gefunden
werben konnten. In stiller Freube wurden Lebens-
plane entworfen und wieder vernkorfen.
(Fortsexung folgt.)
 
Annotationen