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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0201

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Der Kcckar-Bolc erscheint
wöchentlich zweimlii, Dicnstaq»
u. Freitags DcrAvonncmcnis-


vrris beträgt für ein Jahr i fl.
36 kr., für ein halbes Jahr 5s,

kr., für ein Vierteljahr Zu kr.

eckar-Bote.

Die Einrückungsgcbühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum betragt 2 kr. Bei An-
zeigen, worüber die Erpcdilion
Auskunft erthcllt, 3 kr.

Dienstag, den 4. Juni 1844.

Vuntes aus der Lett.
Am 1. ist die Eisenbahn bis Offenburg dem allge-
meinen Verkehr eröffnet und täglich 3 Hin- und Rück-
fahrten von Mannheim ans bis Offenburg bestimmt
worden. Viermal fährt man von Mannheim biü Earls-
ruhe hin und zurück, und sechsmal von Mannheim
nach Heidelberg.
In Bologna sollen gegen 100 politische Urthcile
veröffentlicht worden sein, eben so viel Personen befin-
den fick in den Gefängnissen und die Verhaftungen
dauern noch immer fort.
Gutzkows historisches Drama »Zopf und Schwert«
ist für alle preußischen Bühnen verborcn worden.
Der russische Gesandte in Berlin soll Schritte gcthan
haben, nm die Auslieferung des entflohenen Grasen
Gurvweki zu bewirken.
Der Prinz von Joinville wird wegen seiner Rote
über die Dampfkriegsschiffe von den englischen Jour-
nalen sehr verspottet, und hat zudem seinen Zweck, sich
populär zu machen, ganz verfehlt.
Bisher ist es nur den Chinesen und Holländern, und
let-reren nur unter sehr drückenden Bedingungen erlaubt,
in den japanischen Hafen Nangasaki des Handels we-
gen zu kommen. Einige spekulative Engländer haben
sich nun die Haare geschoren, chinesisch gelernt nnd
sich in chinesische Kleiber gesteckt, nm unter dieser Maske
dort Geschäfte zn machen, was ihnen wohl den Kopf
kosten kann, wenn cs entdeckt wird.
Der berühmte Jacques Lafitte ist im 77. Jahre an
der Lungenentzündung gestorben, nachdem er seine frü-
here Acnßerung: »er bitte Golt um Verzeihung, ander
Julirevvlution mitgewirkt zu haben, indem er so schlechte
Früchte nicht erwartet,« in der Kammer wiederholt
hatte. Die Negierung befürchtet bei seinem Leichenbe-
gängnisse, das sehr prachtvoll werden soll, Unruhen.
— Jacques Lafitte war zu Bayonne im Jahre 1767
geboren. 1788 trat er in daö Bankhaus Perregeaur
in Paris. Herr Perregeaur erwählte ihn 1804 zu
seinem Associs, Nachfolger und Testamentsvollstrecker.
1800 wurde Lafitte zum Verweser der Bank von Frank-
reich ernannt, und Präsident der Handelskammer von
Paris. 1815 wurde er Richter im Handelstribunal
des Seine-Departements und Gouverneur der Bank
von Frankreich. Von 1822 an war er ununterbrochen
Mitglied der Wahlkammer. Es ist bekannt, welchen
Antheil er an der Julirevolution hatte. Nach dieser
bekleidete er nacheinander die Funktionen als Präsident
der Deputirtenkammer und als Eonseilpräsident und Fi-
nanzminister. Man har bemerkt, daß Napoleon, La-
fayette und Lafitte im Mai gestorben sind, nämlich am
8., 20. und 26. Mai 1821, 1834 und 1844.
Nach englischen Zeitungen will der alte O'Connell
noch einmal heirathcn, und zwar ein ganz junges
Mädchen.
Am 26. Mai ist der Kaiser von Rußland ganz un-
erwartet, auf einer Reise nach dem Haag und nach

London, in Berlin eingetroffen, und nachdem er die
königliche Familie in Potsdam besucht hatte, weikerge-
reist. Die Kaiserin von Rußland erwartet man erst
nach dem Todestag ihres Vaters, doch heißt cs, sie
werde früher eintreffen.
Der berüchtigte Serrador, der den Prätendenten Don
Earlos in Maestrazgo proklamirt hatte, ist gefangen
nnd erschossen worden. Don Carlos soll zu Gunsten
seines Sohnes abgcdankt haben.
Dem berühmten Chemiker Liebig in Gießen ist von
Ealkntta das Diplom eines Ehrenmitgliedes der Acker-
nnd Gartenbaugeseüschaft (wegen seiner Agriculturche-
mie) gesandt worden.
In England werden aus dem Nachlaß des berüch-
tigten Hudson Lowe Haare Napoleons verkauft.
Anastasius Grün ist mit der Herausgabe einer Ueber-
sctzung von Volksliedern aus Krain beschäftigt.
Wer beschreibt wohl reckt bald die Geheimnisse der
Menschenliebe? Es wird doch wakrlich zn arg mit
der Letzteren geflunkert. Jetzt behauptet Herr de la
Rochczaqnelin in der Kammer in Paris, die Hyänen
bewohnten im Jardin des PlanteS in Paris bessere und
geräumigere Käfige, als die Zellen des Gefängnisses
la Force sind. Herr Arago crwicdcrt ihm, der Raum
sei zwar klein, das thue aber nichts, wenn nur für
frische Luft gesorgt werde. Der Minister des Innern
fügt hinzu: die Force sei kein Mnsiergcfängniß. Will
daS etwa sagen, es sei nur ein Gefängniß zum Ver-
suche? Wäre dies der Fall, so wollen andere de»
Rath geben, einstweilen die Hyänen hineinzusperren.

Der geliehene Magen.
(Schluß.)
Ich nahm meinen Platz wieder ein, nnd Franz
hob an zu erzählen:
Ed sind jetzt drei Jahre her, daß ich mein ver-
gnügliches Leben, das ich früher führte, verlassen,
um in diese Sclaverei hier mich zu begeben. Sic
müssen wissen, daß ich ein sogenannter Eisenfresser
bin, wie ihn das Volk nennt, das heißt: ich zog
auf den Markten herum und verschluckte vor den
Augen der Menge Steine, Holz, Stückchen Eisen
und dergleichen Leckerbissen mehr. Ich hatte mei-
nen Magen von frühester Jugend auf an diese Lieb-
kosungen gewöhnt, und er verlangte keine andern.
Nur an hohen Sonntagen und Festen setzte ich ikm
als ganz bcsondern Braten cm paar fette Spinnen
oder einen lebendigen Frosch vor. Die Sachen
gingen ganz nach Wunsch; da mußte der Goit-sei-
bei-uns den langen Herrn herbeiführcn. Er sah
mich an, bewunderte meinen Appetit und — aber
mein Herr, was jetzt kommt, geht in das dunkle-
 
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