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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0245

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstage
n Freitags DcrAdonnemenlS-
prcis beträgt für ein Jahr r st.
36 kr., für ein halbes Jahr 5ü
kr., für ein Vierteljahr 3o kr.

ReckllV-Note.
LG.
Freitag, den 12. Juli 1844.

Die Einrückungsgebühr für die
gespaltene Zeile oder deren
Raum betragt 2 kr. Bei An-
zeigen, worüber die Expedition
Auskunft ertheilt, 3 kr.

Vuntes aus der Leit.
Eberbach. Der Einsender des Artikels in No. 180
des Heidelberger Journals drückt die Diffidenz aus, un-
ser zweiter Bürgermeister verstehe seine Stellung nicht,
weil er die Verlängerung der Polizeistunde nicht aus
eigner Potenz anordue, nachdem ihm der Befund der
Seelenzahl bei der letzten officicllen Zählung das Recht
dazu gegeben habe. Aber wie wir hören, kennt der
Bürgermeister sein jus psrtieulsro wohl und soll auch
diese seine Befugnis in der Bitte um Erlaubniß, die
Polizeistunde um eilf Uhr eintreten lassen zu dürfen,
gegen das großherzogliche Amt ausgesprochen haben.
Indem er eine Bitte stellte, hat er natürlich auf sein
Reckt verzichtet; dabei war seine löbliche Absicht viel-
leicht als ein »Friedliebender, der gern mit aller Welt
in einem guten Vernehmen steht,« mit dem großh. Amte
nickt in Difficultäten zu kommen; wenn ihn also ein
Vorwurf trifft, ist es allein ver der Timidität und Ju-
decision. Es soll ihm zwar angedentet worden sein,
daß er sich im Jrrthum befinde, weil das Bürgermei-
steramt unter Staatsaufsicht stehe und bei einem so
wichtigen Punkte, wie die Verlängerung der Polizei-
stunde, diese eiutreten müsse, doch nachdem unser Bür-
germeister einmal sich seines Rechtes begeben hat, hat
es nichts zu sagen, ob ihm dieses Recht auch vom.
Amte in Abrede gestellt wird. Wir richten nun unsere
Zuversicht auf die Decision der höher» Behörde und
hoffen, der Umstand, daß sich nur mit Zuzug des Weich-
bildes der Stadl die erforderliche Scelenzahl ergibt,
werde für unsere Wünsche ohne Präjudiz sein. Das
Kürzeste wäre freilich gewesen, der Bürgermeister hatte
8ulvu rstiliostionö die Polizeistunde einstweilen verlän-
gert. Im Sommer ist es gar zu genant, wenn um
10 Uhr abgeboten wird und es fällt wie ein Mißkon
in die Socialität, wenn in die kaum gebildete Versamm-
lung der Mann mit den gelben Knöpfen auf dem bor-
dirteu blauen Tuche, tritt und sagt: »Meine Herrn,
's ist Feierabend!« Es ist wahr, die Handhabung der
Polizeistunde war im verflossenen Jahre nickt streng,
und wem es darum zu thun war, fick mit den Poli-
zeitncnern zu befreunden, der harte Gelegenheit dazu,
da sie gerne mit ihm tranken, oder sich Bier zahlen
ließen. Durch diese anscheinende Pflichtverletzung war
nach und nach eine Schlaffheit in dem Respekte vor
der Polizei eingetreten, bis die Diener derselben auf
einmal wieder die strenge Seite herauskehrtcn und an
einem schönen Samstag Abend ihrer Sechse denunciir-
ten. Die indignirteu Sechse machten theilweise in op-
tima tormu Einwendungen gegen diese Procedur, weil
das Uebersitzen seit Jahr und Tag geduldet werde, der
Bürgermeister stellte das aber als eine Jndulgenz dar,
den Sechsen schien es jedoch eher Prodition zu sein.
Die Strafe wurde, nachdem ein halb Dutzend Wochen
verstrichen waren, von zweien Angestellten erhoben,
warum sie von den andern Vieren, die ansäßige Bür-
ger sind, nicht auch erhoben wurde, und warum der
Wirth gar nickt in Strafe fiel, wissen diese nicht und
weiß der nicht, es mag ihnen diese Art von Jndulgenz

als Mystifikation oder als nekss erscheinen. stustitm stak!
— Noch eines Moments sei gedacht. Eine Anzahl
junger Leute erbat sich neulich die Vergünstigung einer
Freinacht bis 12 Uhr, weil sie auf den Katzenbuckel
zu gehen beabsichtigten. Die Erlaubniß wurde vom
Bürgermeister gegeben, aber um zehn Uhr mußte die
friedliche Gesellschaft das Wirthshaus verlassen, weil
die Polizeidiener von der Erlaubniß vorgeblich nichts
wußten. Geschah das ex intenliono oder ox incuris?
6.
Die braunschweigische Regierung hat endlich entschie-
den, daß die laufende Landeslotterie die letzte sein solle.
Möchten ihr die wenigen andern Staaten, in denen
solche nock bestehen, recht bald Nachfolgen.
In Düsseldorf hat sich am 4. Juli der dortige Staats-
procurator erschossen, ein Mann von mutteren Jahren
und allgemein geachtet. Wie man sagt, soll die Ur-
sache davon das Einschreiten des Militärs bei dem
Straßenauflauf am 6. v. M., das man ihm großen-
theils zuschreibt und worüber er eine ernste Rüge zu
erwarten hatte, die Ursache sein.
Am 28. Juni ist der Prinz von Joinville in Oran
angekommen, und wird nun Marokko im Sturm ein-
nehmen. Die Okkupation von Ouckda durch den Mar-
schall Bugeaud, die durch eine telegraphische Depesche
Meldung unterlassen hätte, da Ouchda ein kleines,
schmutziges Nest, ohne Umgebungsmaueru, mit niedri-
gen baufälligen Häusern, ganz ü Ig lurguo und einer
armen Bevölkerung von nur 1000 Menschen ist.
Die Dcputirtcnkammer in Paris hat endlich nach F
Jahren entschieden, daß die Dienstzeit des französischen
Mliitars auf 7 Jahre festgesetzt werde, nicht auf 8,
wie der Kriegsminister Soult verlangte, worüber er
so aufgebracht sein soll, daß er seine Demission einrei-
chen will. — Er könnte sich mit 7 Jahren beruhigen,
mit wem will er denn Krieg führen, daß er so viele
Soldaten braucht?
Am 3. Juli hat ein Bombardier in Magdeburg ei-
nen Munitionskasten erbrochen, eine ohne Wacke ste-
hende Lärmkanone geladen, sich davorgestellt und sich
so erschossen. Wieder eine neue Mode des Selbstmords;
sehr empfehlenswerth für die Engländer, um auf eine
originelle Art den Spleen loszuwerden.
Heidelberg, 8. Juli 1844. An die Stelle des ab-
getretenen Deputaten der hiesigen Universität, Mini-
sterialdirektor Eichrodt, wurde bei der stattgefundenen
neuen Wahl Hofrichter Obkircher zu Rastatt mit
ansehnlicher Stimmenmehrheit erwählt.
Freudenreich und Dolorosus.
(Fortsetzung.)
Frcüdcnreich copirte nun schon in dem kleinen
Städtchen acht lange Jahre und wartete auf die
Standes- und Soldcrhöhung, damit er Julianen
heirathen könnte; denn mit seinen zweihundert Tha-
lern und ihrem Verdienste von Nathereien ging das
 
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