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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0331

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Dienstag, den 24. September 1844.

Nuntes mrs der Lett.
Der Kaiser von Marokko hat endlich nm Frieden
gebeten und derselbe ist mit ihm abgeschlossen worden.
Was hat aber Frankreich davon? Eine der Hauplbe-
dingnngen kann ja der Kaiser von Marokko gar niebt
erfüllen, vorausgesetzt, daß er auch wirklich den auf-
ricktigeu Willen dazu hat, was aber noch gar niebt
bewiesen ist. Abdelkader ist langst in Sickerbeit und
es fragt sieb sehr, ob Abderrhaman auch die Gewalt
hat die aufgeregten Marrokkaner zu besckwiebtigeu.
Eine frauzösiscke Zeitung meint, Frankreich habe nun
gezeigt, daß es aueb Krieg sübrcn könne. Der Be-
weis kostet bloß ftO Million Franke».
Mule» Mohammed, Sobu des Kaisers von Marok-
ko, welcher die Seblaeht am Jsly verlor, ist ein Manu
von '26 Jabren, unterrichtet, klug und von sehr gu-
tem Herzen. Er hatte zum Lewer einen sieilianiscken
Renegaten, der ihn Arithmetik, Geometrie, Geographie
und Geschickte lehrte durch welche Kenutuiße er natür-
lich einen großen Einfluß auf die Staaten seines Va-
ters der ihn sehr liebt, ausübte. In seinen Unterhand-
lungen mit Ebruteu gab er stnmer Beweise eines wür-
digen Benehmens und wieß stets die lästigen Geschen-
ke zurück, welche die Habgier seines Vaters diesen ab-
nöthigte. Seine Niederlage am Jsly wird ihm un-
streitig unter seinen Anhängern, die ungeduldig den
Augenblick erwarteten, wo er den Thron bestiege vielen
Schaden gcthan haben.
Bis Ende Okrewer wird der König und die Köni-
gin von Neapel nach Paris kommen um der Vermähl-
ung des Herzogs von Anmale mit der Prinzessin von
Salerno bciznwohnen.
Am 14. September starb in Paris Camille Perrier
Paire von Frankreich. Im November wird Marschall
Bugeand in Parrs erwartet.
Böhmen wird dem deutschen Zollverein, vorläufig
zwar nur auf fünf Jahre, beitreten; es ist indessen si-
cher anznuehmcn daß dieser Anschlnß dauernd sein wird,
und mit Freude sehen wir den Einsturz eines Tbeilcs
der chinesischen Mauer, die seither Oestreich vom übri-
gen Deutschland trennte.
Dr. Percr von Kobbe bekannt durch seine unermüd-
liche Vcrtheidiguug peinlich Angeklagter ist am zwölf-
ten September in Folge eines Blutstnrzes in Winter-
hude gestorben. Die außerordentlichen Anstrengungen
denen er sich in Ramckes Proceß zu Gunsten Ramckes
unterzog, sollen seine Gesundheit untergraben haben.
Zur Zeit als Pritchard gezwungen war Otaheiti zu
verlassen, war er gerade mit einem Amerikaner in Un-
terhandlung wegen Verkauf seiner Apotheke. Durch
seine schleunige Abreise wurde dieß Geschäft unterbro-
chen, und eben hierauf gründet man die von ihm ge-
forderte und ihm zugestandcne Entschädigung.
Ein Russe und ein Engländer befanden sich als
Passagiere auf einem Schisse, und gericthen, ohne
übrigens heftig dabei zu werden, in Streit darüber:
welche von ihren beiden Nationen im Kausikampfc

die wirksamste Methode zu schlagen inne habe. Kei-
ner konnte den 'Andern durch Worte überzeugen,
und beide wurden sehr verständig darüber eins, cs
solle feder dem Andern seinen wirksamsten National-
schlag zur Probe versehen, wodurch allein ein ver-
nünftiges Urtheil möglich werde. Von der sämmt-
lichen Schiffsmannschaft als Zuschauer umgeben,
stellten sie sich einander gegenüber, und der Russe,
seiner schmcrztrotzenden Natur sich bewußt, überließ
dem Engländer den ersten Schlag. Dieser warf sich
in Vorposünr, drehte im fehncllen Wirbel cinigc-
male die Kaufte um einander, und verseifte dem
Russen einen so gewaltigen Schlag auf den Magen,
daß dieser mit aufgesperrlem Munde rücklings zu
Voden stürzte und die Veinc gen Himmel streckte.
Man eilte ihm beizuspringen, und als er sich durch
eingegossencn Rum so weit erholt hatte, daß er
wieder athmcn und sprechen konnte, nickte er dem
Engländer beifällig zu, und stöhnte, sich den Magen
reibend: »Hol' mich der Teufel! Gut! sehr gut la
Her Zufchauerkrcis bildete sich auf's Neue, und beide
Gegner traten cinaizder wieder gegenüber. Der
Russe sah dem Engländer scharf in die Äugen, und
schnell wie ein Schuß gab er ihm mit den Knöcheln
der gehallten Kauft einen fo zerschmetternden Stoß
auf die Nafc, daß dieser mit einem »Goddam!« zu-
rückkaumelte, beide Hande vor das Gesicht schlug,
und das Blut ihm stromwcis über Mund und Klei-
der stoß Er faßte sich indeß augenblicklich wieder,
hielt sich mit der einen Hand die blutende Nase zu,
reichte die andere dem Russen, sprach ganz kaltblü-
tig: »Äuch nicht übel!« und ging in die Easüte,
um Wäsche und Kleider zu wechseln,
Vor langer Zeit kam ein Kranzosc von Stand
und Erziehung nach Dresden, und suchte daselbst
Dienste, die er auch erhielt. Er verstand kein Wort
Deutsch, und das Erste, waS er zu lernen wünschte,
waren die gewöhnlichen Höflichkeits-Formeln, un-
ter anderm, wie man das französische: „Nuimchnu,
uz/ox in dr>lit6 ein pruiwlru ftlncw" deutsch aus-
drücken müsse. Unglücklicher Weise wandte er sich
deshalb an einen Spaßvogel, der ihm die Worte:
»Setz' dich, du Himmelsakermcnt!« so lange vor-
sagte, bis er sie einigermaßen herausstammeln konnte.
Der erste Gebrauch, den er von dieser Kocmcl machte,
traf gerade einen sehr vornehmen Mann, der von
seinem Erstaunen nicht zurückkommen konnte, als ihm
mit der Miene altfranzösischer Höflichkeit ein Stuhl
präfentirt und dabei gesagt wurde: »Setz' dich du
Himmelsakermcnt!« — Indessen der Deutsche sprach
französisch, und so löste sich das Räthscl sehr bald,
und das Erstaunen gab dem Lachen Raum. —
 
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