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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0053

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Der Neckar-Bote erscheint
wöchentlich zweimal, Dienstags
u. Freitags Bestellungen kön-
ne» bei der Erpcdiiion in Hei-
delberg , bei Kautm. Lempp
in Mosbach, Kaufm. Frank in
Adelsheim, Abraham Stumps
in Ebcrbach und bciallenPost-
Acmtcrn gemacht werden.

rs.
Freitag, den 9. Febniar 1844.

Der AbonncmentSpreir beträgt
für ein Jahr r fi. 36 kr, für
ein halbes Jahr 5/, kr. für
ein Vierteljahr 3o kr. Die
EinrückungSgcbühi für die ge-
spaltene Zelle od. deren Raum
bt trägt 2 kr. Bei Anzeigen,
worüber die Erpeditiou Aus-
kunft ertheilt, 3 kr.

Wuntes aus der Lett»
I» Paris hat sich unter den Deutschen ein Hilfsver-
ein zur Unterstützung dort befindlicher bedürftiger Lands-
leute gebildet und bereits begonnen, Beiträge zu sammeln.
Es ist wieder einer heimgegangen ans der großen
Zeit Napoleons, General Bc>trand, der treue Gefährte
des Kaisers auf St. Helena. In der französischen De-
putirtenkainmer ist der Antrag gestellt worden, ihn im
Hotel der Invaliden, neben Napoleon zu beerdigen. —
Auch der Marschall Dronet, Graf von Erlen, ist kürz-
lich gestorben.
Diejenigen legitimistischen Mitglieder der französiseben
Deputirtenkammer, welche nach London zum Herzog
von Bordeaux gereist sind, und deren Verhaften durch
die Kammer als von der öffentlichen Meinung gebrand-
markt bezeichnet wurde, haben ihre Entlassung genommen.
Am I. Februar ist das englische Parlament eröffnet
worden. In der Thronrede wird, wie in der von Frank-
reich, die Zuversicht ausgesprochen, daß das Gleichge-
wicht in den Einnahmen und Ausgaben sich Herstellen
werde, unter andern aber auch noch, daß cs der feste
Wille der Königin sei, von der Union mit Irland nicht
abzugehen.
Am 29. Januar ist der Herzog Ernst von Sachsen
Eodurg-Gotha im (kt>. Lebensjahre in Gotha verschie-
den. Seine Unterthanen betrauern in ibm einen wahren
Laudcvvatcr, der das Beste seiner Unterthanen immer
aufrichtig wünschte, und mancherlei Segnungen über
Stadt und Land während einer langen Reihe zum Theil
draugsalvoller Jahre gebracht hak. Sein Sohn, der
nunmehrige Herzog Ernst, der Gemahl der badischen
Prinzessin Alexandrine, hat die Regierung sogleich an-
getreten.
Auch das Großherzogthnm Oldenburg hat Trauer
angelegt. Die Großherzogin wurde in ihrem Wochen-
bette von einer heftigen Krankheit befallen und mußte
sterben.
Der König von Hannover hat sich nicht nach Berlin
begeben, ist aber wieder wohl. Im Aprst, wo die
Stände einberufen werden sollen, will er sich wieder
über's Meer nach England begeben. Mit der preußi-
schen Regierung scheint die von Hannover wegen der
Zollvereinsangelegenbeit sehr gespannt zu stehen.
Die preußische Staatsschuld beträgt über 130 Mil-
lionen prcuß. Courant, und cs werden davon im Jahre
ungefähr 7 Millionen an Eapitaltilgung und Zinsen
bezahlt.
Die Lage der Juden an der russischen Gränze wird als
eine höchst trostlose geschildert. Nickt nur daß sie in der
kalren Jahreszeit (von jetzt an in ungefähr vier Wochen)
ihre Heimath verlassen und sich unter ganz fremden
Menschen ansicdcln müssen, sondern man führt sie in
solche Gouvernements, wo es ihnen fast unmöglich ist,
ihren Lebensunterhalt zu erwerben. Den Häuscrbesitzern
sind zwar zur Veräußerung der Häuser zwei Jahre ge-
stattet , aber wer kgust sie ihnen jetzt ab, da sie dieselben
doch nach Verfluß jener Frist um einen Spottpreis her-
zugcben genöthigt sind? Ueberhaupt ist das Bcdürfniß

zum Hänsererwerb gar nicht vorhanden, weil eine so
bedeutende Anzahl Einwohner die Orte verlassen muß.
Die Vertriebenen sind nicht blos Handelsjuden, sondern
sie treiben zum großen Theil Handwerke n. dergl., und
geben sich dann nicht mit der Schmuggelei ab. Gewiß
ist die ganze Maßregel eine sehr harte und der Sckmug-
gelhandcl wird doch nickt aufhörcn, so lange nicht eine
bessere Gränzwacke als die Kosaken eristirt.
(Aus D.Z.) Finanz-Hosen. In Holland bat man,
um den gedrückten Finanzen aufzuhelfen, einen ins Blaue
gehenden Finanzplan entworfen. Alle Hollander, na-
mentlich auch die Soldaten müssen vom 1. April «an
blaue Beinkleider tragen, um dadurch patriotisch
die Indigo-Cultur in den überseeischen Besitzungen zu
befördern.
Unter den Mainzer Damen grassirt gegenwärtig ein
heftiges Galla sie der. Viele Väter und Ehemänner
sind dadurch in die tiefste Trauer versetzt.
Wer die neue Eisenbahn von Bonn nach Köln mit
eröffnen will, muß eilen; die Eröffnung findet am-
13. dieses statt.

Memoiren eines Dukaten.
(Fortsetzung )
Ich kam nach Beilin. Kn der Börse des kühnes
Seidlitz, des Königs aller Reiter, machte ich den
Sprung von der Zcughausvrücke Berlins in die
Spree, und sprengte mit ihm zwischen rauschenden
Windmühlstügcln hindurch. Nachdem ich noch durch
einige Spielerhände gelaufen, kam ich in die könig-
liche Casse, und meine welthistorische Epoche begann.
Ich hatte die Ehre, in detz großen Friedrichs Börse
zu gelangen; der Zufall wollte, daß ich lange Zeit
nicht herauSgegrissen wurde und so machte ich seine
ruhmreichen Schlachten mit, weshalb ichSie, werthc
Leser, auf Archenholz verweise.
Als der königliche Held einst im Feldlager einen
Soldaten beim Klößckochen sand, machte er hinter
dessen Rücken die Bemerkung: Das sind schone
Klöße! „Sic werden Ihm nicht in den Zahnen
hängen bleiben!" versetzte der Soldat, und war
versteinert, als er dann Iah, wem er geantwortet.
Der König zog die Börse und beruhigte ihn durch
ein Geschenk. Die Anekdote ist bekannt, aber der
Dukaten — war ich. Der Soldat schickte mich sei-
ner armen Mutter in Pommern. Der Schulze
ihres Dorfes wechselte mich aus, und es erhielt mich
dessen Herr Sohn in Berlin, von welchem ich noch
am selben Abend in die grüne Börscnschlachtbank
getragen wurde.
Bald hatte er Alles verloren, und stand wie eine
Bildsäule am Pharaotisch. Eine junge Dame saß
da, mit den häßlichen Blitzen der Leidenschaft aus
 
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