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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0411

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Neckar-Bote.
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Freitag, den 29. November Ni 44.

Duntes aus drr Leit.
?ln> 22. ds. ist in Karlsruhe das Denkmal des NN
vergeßlichen Großherzogs Kail Friedrich feierlich en -
hüllr worden. Das Fest wurde von allen Standen nut
gleicher Begeisterung gefeiert und darf mit Reckt al-
cin ncncS Band der Eintracht zwischen dem Fürsten-
Hause und dem Volk unseres gesegneten Baben betratst
let werden.
Ans dem der Famlilie Bli'iester zustehende» Mute sind
der kostbare Sabel des Feldmarsestalls Blstcster, welcher
demselben in London vereint wurde, und verschiedene
andere wertlivolle Gegcii stände entwendet worden.
In Spanien ist nun ein offener A fstand losgebro-
chen. Die Insurgenten unter- der Anführung Zurbauo'e-
sollen indeffen bereits gesestlagen und zerstreut sein.
In der Berliner Voß'scben Zeitung las man unlängst
folgende Anzeige: »Personen jeden Standes, Alters,
Geschlechts und Confessivii, die das Bedürfnis' einer
Besprechung des inwendigen Menschen süblen, geben
>bre Adresse gefälligst im Inlelligenzcomptoir sub II. i
ab.» In der ersten Versammlung, zu der sich Män-
ner verschiedenen Alters, Frauen und Müdesten eingc
sunden batten, wurde der inwendige Mensch so cif-ig
besprochen, daß die Verhandlungen etwas wild wurden
und das Ganze mit einer Prügelei endete.
Tröstliche Aussicht für Aerzte. Ein Arzt, ter
sich selbst einen Mnrrkopf nennt, meint, es könne wohl
einmal die Zeit kommen, da die Zabl der Aerzte seit
einigen Iabren ans eine bennrnhigende Weise überband
nebme, daß man an die Häuser klopfe um zu fragen,
ob nicht Jemand krank sei, und aus jedem Hanse die
Antwort erhalten: »Verzeihen Sie, ich bin selber ein
Arzt.«
Auch die Türken verstehen sich aus Schmeicheleien in
größtem Style. Als der Sultan von seiner legten
Reise zurüekkam, überreichte der Ouarantaineratb dem
Rachfolger des Piopheteu eine Adresse, woiiu nnter
Andern, der Sultan, besten Blicke allein schon Leben
und Tod geben, Golt fast gleichgestellt wird.
(Verspätet.)
Bebechcrung eines hinkenden Talents.
Um den nm die Menschheit so hochverdienten, hocb-
gelabrten Fcwrikanren des in der Nummer 260. des
Mannheimer Morgenblatts eisästenenen Produkts einer
überreichen Muse »das Bissingfest und die poli-
tische Eon firmation-> ein unzweideutiges Zeichen
ihrer unbegränzten Hochachtung vnd Verehrung zu ge-
ben, Hal sich ein Theil der Siebenhundert entschlos-
sen, denselben zu bcbechern, und zwar nicht mit einem
gewöhnlichen silbernen Pokal, sondern ibn, der sich
schon in den Herzen liebenswürdiger Morgenblättler
durch seine ertra genudelten Geistesprodukle ein un-

zerstörbares Denkmal gesetzt bar, mit einem mit Mann-
oeime Morgcnblälter gefüllten — ledernen Fidi-
b u s b e ist e r.

Dem mehrfach an »ns .gerichteten Wunsche vieler
a>ferei geeyrieu Leser zufolge, geben wir nachstehend
einen Aussatz eines katb. Priesters Rouge über »den
heilige» Rock zu Trier« , welcher zwar schon vor län-
gerer Zeit zuerst in den »sächsischen Vaterlandsblättern«
erschien und von da in viele andere Blätter übertragen
und vielfach verbreitet wurde. Er lautet:
Was eine Zeitlang wie Fabel, wie Mähre, an un-
ier Our geklungen, daß der Bischof Arnoldi von Trier
ein Kleidungsstück, genannt der Rock Christi, zur Ver-
bruug de-' religiösen Schau ausgestellt, Ihr habt es
geoöit, Christen des neunzehnten Jahrhunderts, Ihr
aßt es, deutsche Männer, Ihr wißt es, deutsche Volks-
nnd Rel giouslebrer, cs ist nicht Fabel und Mähre, es
ul Wirklichkeit und Wahrheit. Denn schon sind, nach
bcn legten Berichten, fünfmalhnnderttansend Menschen
zu dieser Reliquie gewallfabrtet, nnd täglich strömen
andere Tausende herbei, zumal, seitdem erwähntes Klei-
dungsstück Kranke geheilt, Wunder gewirkt bat. Die
Kunde davon dringt durch die Laude aller Völker, und
IN Frankreich haben Geistliche behauptet: »Sie hätten
den wahren Rock Christi, der zu Trier sei unecht.»
Wahrlich, hier finden die Worte Anwendung: »Wer
über gewisse Dinge den Verstand nicht verlieren kann,
hat keinen zu verlieren.« Fünfinalhunberttansend Men-
schen, tünfmalhunderttauscude verständige Deutsche sind
schon zu einem Kleidungsstücke nach Trier geeilt, nm
dasselbe zu verehren oder zu sehen! Die Meisten die-
ser Tausende sind aus den niederen Volksklassen ohnehin
in großer Armuth, gedrückt, unwissend, stumpf, aber-
gläubisch und zum Tbei! entartet, und nun Anschlägen
sie sich der Bebauung ihrer Felder, entziehen sich ihrem
Gewerbe, der Sorge für ibr Hauswesen, der Erziehung
ihrer Kinder, um nach Trier zu reisen zu einem Gögen-
fcste, zu einem unwürdigen Schauspiele, das die römi-
sche Hierarchie aufführen läßt. Ja, ein Göizenfcsc ist
es, denn viele Tausende der leichtgläubigen Menge wer-
den verleitet, die Gefühle, die Ehrfurcht, die wir nur
Gott schuldig sind, einem Kleidungsstücke zuwcuden,
einem Werke, das Menschenhände gemacht haben. Und
welche Nachtheile haben diese Wallfahrten? Tausende
der Wallfahrer darben sich das Geld ab für die Reise
und für das Opfer, das sie dem heiligen Rock, d. h.
der Geistlichkeit spenden, sie bringen es mit Verlusten
zusammen oder erbetteln es, um nach der Rückkehr zu
hungern, zu darben oder ivi den Anstrengungen der
Reise zu ei kranken. Sind diese äußere Nacbtheile schon
groß, sehr groß, so sind die moralischen noch weil grö-
ßer. Werden nick t Manche, die durch die Reisekosten
in Noth geratbcn sind, auf unrechtmäßige Weise sich zu
entschädigen suche»? Endlich wird durch d eses ganz
»nchristliche Schauspiel dem Aberglaube», der Werk-
heiligkeit , dem Fanatismus, und was damit ver-
 
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