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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0363

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Neckar-Bote.

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Auskunft ertheilt, Z kr.

Dienstag, den 22.

Oktober 1844.

Buntes aus der Lett.
Das Anzeigeblatt für den Uiiterrheiukreis (Nr. 85)
embält folgende vakante Schulst et len: Die in die
erfie Klaffe gehörige evang. Schulstelle zu Daudenzell
mit dem auf >86 fl. 40 kr. berechneten Gehalt ncbft
freier Wvbnnng und dem ans 56 kr. bestimmten Schul-
gelde von jedem Scknlkind. Der kath. Schuldienst zu
Förch, Obcramts Rastakt, mit dem gesetzlich regnlir-
lcn Gcbalt von > 40 st- läbrlich nebst freier Wohnung
und dem Schulgelde, bei einer Anzahl von 50 Schul-
kindern I fl- kür jedes Kind.
Der holländischen Regierung ist dieser Tage eine
Bittschrift übergeben worden, um ein Gesetz zu erwir-
ken, nach dem jedes Dampfschiff zur See und auf
Strömen streng gehalten werde, so mit Booten ansge.
stattet zn sein, um im Noihfall bei Brand, Sinken rc.
alle Menschen aufnehincn zu können. Der Verfasser
der Eingabe, Wilhelm von Honten, Gründer der Ret-
tungsgcsellschafr, ist überzeugt, daß der schreckliche Fall
mit dem »President» rc. nicht so viele Menschenleben
gekostet hätte, wäre ein voller Satz Boote an Bord
gewesen. Schon große Beruhigung würden viele Rei-
sende empfinden, für irdcnd einen Unfall die sichere
Ansbülfe von Booten bei sich zu sehen.
Der König der Franzosen hat am 14. Oktob. Nach-
mittags wieder das Windsorschlvß verlassen und wurde
von der Königin Victoria und dem Prinzen Albert bis
Portsmouth begleitet. Am 15. empfing der König noch
die Deputation der Stadt London, mit deren einzelnen
Gliedern er sich anf's freundlichste unterhielt. In der
Antwort auf die Adi esse sprach er wiederholt aus, daß
er die Bewahrung des guten Einvernehmens zwischen
England und Frankreich, des Fricdenspfaudes für die
Welt, zur Aufgabe seiner Regierung gemacht habe. Am
15. wurde von der Königin, dem Prinzen Albert und
ihrem Gaste die Militarschule von Eton besucht, wo
der König wie überall mit lautem Beifall ausgenom-
men wurde.
Alle politischen Verbrecher und Flüchtlinge ans
Frankreich, welche in England leben, sollen von dem
König begnadigt worden sein.
Nachdem die neuen Gedichte Ferd. Freiligraths
und die damit verbundene Entsagung seiner königlichen.
Pension die Aufmerksamkeit auf sich gezogen, wi>d jetzt
ein Brief, welchen Freiligrath unmittelbar an den Kö-
nig von Preußen selbst gerichtet, Gegenstand einer Un-
tersuchnng, die für den Dichter nur von den unange-
nehmsten Folgen sein kann und vor der Hand bereits
seinen Aufenthalt in Preußen unznlaßig macht.

Widrige Abenteuer eines Engländers.
(Fortsetzung)
Die Wache antwortete dem Engländer nur da-
durch, daß sie ihn etwas unsanft zum Gehen zwang.
Lord Boulingrog war wüthend, allein er mußte

nachgetcn. In einem schwer zu beschreibenden Zu-
stande von Erbitterung langte er auf der Wach-
stube an Er keuchte, schrie und konnte keine Worte
finden, um sich verständlich zn machen. Während
der Eorporal dem Eommandantcn des Postens sei-
nen Bericht erstattete, ließ sich der dicke Engländer,
um wieder ein wenig zu sich zu kommen, aus eine
Trommel nieder, in der Hoffnung, er könne hier
ausrnhen; allein das Gewicht Lord Boulingrog's
war zu schwer für die Esclsbaut; sie brach und der
unglückliche Fremdling sank hinein, so daß bald Kosis
und Knie sich in gleicher Höhe miteinander befanden.
Die Bürgergardc vermochte ihrem durch die pos-
sierliche Lage des Engländers erregten Lachreiz nicht
zu widerstehen. Offiziere, Soldaten und Tromm-
ler lachten nach Herzenslust, und Lord BonliNgrogs
Zorn vcrdosisiclte sich, als er Alles um sich her la-
chen sah. Umsonst bemühte er sich aus der Trom-
mel heraus zu kommen:
— Das wa,e abscheulich! das wäre entsetzlich!
schrie er, der Franzose arretier' den Fremdling und
steckt ihn gefangen in ein Faß!... V nm vor) unAr)
gegen Euch... helft heraus mir, daß ich Euch boxe.
Und wirklich gelang es einem Tambour, welcher
Mitleid mit dem Engländer fühlte, ihn wieder auf
dw Beine zu bringen; aber Lord Boulingrog thcilte
alsbald rings umher Rippenstöße aus, daher man
sich fitzt entschloß, ihn ins Loch zu stecken, wo man
ihn die Nacht über ließ.
Nach langem Schreien, Toben und Wüthen ge-
gen die Wand schlief Lord Boulingrog endlich ein.
Dies war das Klügste, allein nicht immer fangt
man damit an.
Der Schlaf ist gleich der Zeit, er stillt und lin-
dert die Schmerzen. Bei seinem Erwachen war Lord
Boulingrog etwas beschämt über seinen Aufenthalt
auf der Wache, er fühlte wie Unrecht er gehabt,
daß er sich mit der Patrouille hatte boren wollen,
und als der Offizier des Postens seine Papiere von
ihm verlangte, reichte er sie demselben mit sehr un-
terwürfiger Miene.
Man erkannte, daß der Fremde kein Mensch obne
Herkunft sei; man verzieh ihm seine Zornausbrüche
vom vorigen Abend und ließ ihn frei, nachdem man
ihm jedenfalls das Versprechen abgenommcn, daß
er Nicht mehr nach Mitternacht in Bewunderung
vor den Hofthoren der Hauptstadt stehen bleibe.
Seine Nacht auf der Wachstube hatte der Eng-
länder bald vergessen; von den Abenteuern des vo-
rigen Abends bewahrte er nur eine Erinnerung,
nämlich an die von ihm gerettete Dame. Diese Er-
innerung war etwas unbestimmt, da ihm dicse Danw
 
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