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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0315

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Neckar-


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Dienstag, den 10. September 1844.

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Raum dtkragr 2 kr. Bei An-
zeigen. worii-t>ei dir Erprditton
Liurkunf, ercheil!, 3 kr.

Wuntes aus der Leit.
Mtt Aufnahme des Marschall Soulr, sind sammt-
liche Minister nach Paris zurückgckellrt und ihre Rück-
(cllr bat das Gerücht von einer bevorstehenden mini-
sterleiien Modifikation bervorgernfen. Man behauptet
daß Marscoall Sogilt sieb entschieden geweigert babe,
von seinem Landgnte Saint Amand znrückznkehren, ja
selbst, daß er zu verstellen gegeben, es sei sein Wille
das Ministerium zn verlassen und er werde seinen Kol-
legen u w die nötllige Zeit lassen, znr Ernennung ei-
nes anderen Eonseilpräsidenten.
Mellemed Ali ist nach Alerandria zurückgekehrt, und
Alles bat seinen gewohnten Gang wieder angenommen.
Er halte durch seine Tochter erfahren, daß die Gou-
verneure der Provinzen und 'O.tsvorsteher dem hohen
Rath in Eairo Vorstellungen über das Elend >nnd die
Bedrückungen, unter welchen die Fellahs leiden, ge-
macht und c. klart haben, daß, wenn keine Vorkem-
ungen getroffen, und die großen Abgaben vermindert
werden, die Auswanderung fvrtdaucrn und das Land,
vorzüglich Sberägypten ganz entvölkert werden würde.
Auf seine Erkuudigng, ob Ibrahim Pascha diesen Be-
richt kenne, erhielt er eine bejahende Antwort und tuest
brachte um so in Harnisch, dem er die bekannten un-
sinnigen Streiche beging, weil er sich von jedermann
vcrrathen glaubte. In der Nersammh.ng der Großen
in Cairo haben ibn nun diese nm Verzeihung gebeten
und sich selbst zur Strafe Abzüge an ihren Jahrcsbe-
soldungen (Ibrahim Pascha 6 Monate, die anderen
3 bis 4 ) auferlegt. Dadurch wurde der Alte auf ein-
mal ganz gut gelaunt und besann sich eines Besseren,
denn wahrscheinlich werden diese Abzüge in seine Pri-
vatkasse stießen, und der Zustand des Landes derselbe
bleiben.
Der Herzog von Bordeaux will Venedig verlassen
und eine zweite Reise nach England antrcteu, nm stell
dort wieder von einigen alten und jungen Narren den
Hof machen zn lassen, was übrigens der französischem
Regierung ziemlich gleichgültig sein kann, denn die Be-
strebungen der Bourbons sind sehr eitel.
Nach dem Bombardement von Mogador ließ dec
Prinz von Ioinvillc den englischen Consul und mehre-
re britische Uuterthauen die er befreit hatte, an Bord
des englischen Süstffes Warspite bringen, wo sie mit
großem Enthusiasmus ausgenommen wurden, während-
dem spielte die englische Musik die Marseillaise und
andere französische Nationallieder. Was wollen die
Franzosen noch mehr?
Die englischen Minister Wellington und Peel verlan-
gen durchaus daß die französische Regierung Brnat und
d'Aubigny desavouire und von Otaheiti zurückberufe,
währenddem Lord Aberdeen vorschlug, man solle die
von Seiten Frankreichs angeborene Genugthuung au-
nellmen, nach der Frankreich d'Aubigny zurückberufen
würde. Die ganze langweilige Geschichte wird ausgc-
hen wie das Hornberger Schießen und mit einem Mi-
nisterwechscl enden. Thiers hatte bereits eine dreistünd-
ige Conferenz mit dem König in Neuilly.

Bst der Universitätsfeier in Königsberg vereinigten
sic!- meor als I t«0<> ehemalige Uuiversttätsgenoffcu Bür-
bachs, um ihm ciue Lebehoch zu bringen. Nach ver-
G icdcncn Anreden an ibn, überreichte illm der Bür-
ge meiner Sperling einen silbernen Pokal und einen
silbernen Credenzteller, erkauft aus den Beiträgen einer
kaum Zuständigen Sammlung.

Der alte Musikant.
iForlscpimg )
Wie viel geht unter, was zu dauern verdiente!
— Sieben Jahre feststen mich diese Blätter! Alles,
inas ich gedacht, gelebt, gelitten, halt' ich darin nie-
dccgelegt, mc ncn ersten Jug-udtraum, den letzten
Rest meiner Kraft nach verzweifeltem Kampf °mit
meinem Geschick - ich vierte sie, ich schonte das
.Hinsehen Leben nicht, das noch in mir glimmt, das
Werk Miißke durchs, mgcn; so wähnte ich, und der
Lorbeer tollte die Stirne des Tobten schmücken.
Bah! Traume, Scbatime, Poesie! -— Hir gilt die
Prota z wo ich mein Werk onsbot, ward ich zurück-
gewistcnz cs sei ein zn kostspieliges Unternehmen,
meinicn die Herren Kunsthä'-klcr, die Blätter zu
ebircn, das Publikum kaufe so etwas nicht, ich möge
Sceucn aus dem siebenjährigen Kriege zeichnen, wie
Herr Ehobowiccf; das waren noch die Hösiichstcn!
die Ändern schüttelten die Köpfe und nannten mei-
ne Sttzzen geradezu verrücktes und phantastisches
Zeug.
Ja, ja! sprach der Alte halb vor sich hin — Ja,
ja! der Herr Lessing, der vor drei Jahren starb,
batte recht, als er mir gesagte: Alles, was der
Künstler über den Punkt hinansführt, von wo ab
die Begriffe der Menge sich zu verwirren beginnen,
wirb >h,n wcber Vortheil noch Ehre bringen — ach,
Theodor! glaube mir: ich hab' cs selber erfahren,
was cs heißt, das Höchste wollen sinter dem Ge-
würm. —
Und unter Gewürm soll ich ausharren? — Sich,
alter Mann ! ich empfand, so lang' ich denken kann,
nur eine Liebe: Liebe zu meiner Kunst! Entzückt
stand ich vor der Schönheit des Weibes, doch nur
des Künstlers Auge entzückte sie, mein Herz rührte
keine! Nur eine Leidenschaft beherrschte cs: Ruhm-
begierde. — Aber meine Kunst mußte ich zur Metze
eitler Narren und Närrinnen crnicbern, Fratzen-
gesichter mußt' ich malen, wo Göltcrgcstälten mei-
nem geistigen Auge vorübcrschwcbten, und den Ge-
nius in mir erkannte Keiner! — bin ich nicht endlich
selbst an mir verzweifelt? — Entsetzlich, daß ich,
begabt wie Wenige, rein, ohne Schuld, mit fünf-
undzwanzig Jahren fragen muß: „warum lebte ich?^
 
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