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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0153

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Vrr Neckar-Dore erscheint
«öchenlUch zweimal, Dienstags
».Freitags DcrAdonncmcntS-
prcis beträgt für ei» Jahr i fl.
36 kr., für ein halbes Jahr 5/»
kr , für ein Vierteljahr Za kr.

SS.

eckar-

ote.



Dienstag, den 23. April 1844.

Die Einrückungsgedühr für -ie
gespaltene Zeile oder deren
Raum beträgt 2 kr. Bei An-
zeigen, worüber die Erpedikion
Auskunft cnhcilt, Z kr.

Vuntes aus der Leit»
Bei Kalisch wurden vor Kurzem 6 Rekruten, die
desertirt waren, jeder zu 1600 Knutcnhieben vcrur-
lheilt, und die Aeltcrn, Geschwister und Verwandten
derselben unter Verantwortlichkeit der Gcmeindealtesten
zum Zuschauen transportirt. Drei derselben starben
noch ehe die Erccution beendigt war. Und doch be-
klagt sich Rußland überall wegen der Angriffe, die von
Deutschland aus gegen solche Barbareien in allen Zei-
tungen gemacht werden.
Wie man allgemein hört, ist dem Abgeordneten
Kuenzcr leider sein Urlaub verweigert worden. Was-
sermann, Jtzstcin, Welcher, Hecher und Sander ver-
folgen den von ibnen eiugcschlagenen Weg mit außer-
ordentlicher Conscquenz, und wir werden am Schluffe
des Landtages manches erfreuliche Resultat ihrer Kämpfe
und ihres Strebens erhalten.
Die Stadt Felanir auf Majorka hat ein schreckliches
Unglück zu beklagen; bei einer Prozession fiel eine
Mauer ein und erschlug gegen 300 Personen.
Rußland kann den unersprießlichen Menschen nnd
Geld fressenden Krieg mit den kaukasischen Bergvölkern
natürlich nicht aufgeben, nnd will daher in diesem
Sommer mit einer größern Maebt als je dieselben an-
greifen. Hoffentlich werden die Russen so wenig als
bisher gegen diese tapfere, freiheitlicbende Nation aus-
richten.
Der protestantische Dekan Rcdenbacker in Bayern
wird nun wohl dock auf 4 Jahre auf die Festung kom-
men, weil er eine Schrift gegen die Kniebeuguug der
protestantischen Soldaten in dem bayerischen Armee-
korps herausgegeben. Die protestantische Bürgerschaft
und ein großer Theil der protestantischen Geistlichkeit
in Bayern hat sich vereinigt und eine Eingabe an das
Oberconsistorium gerichtet, worin sie um Abwendung
der Strafe bitten.
Honorar der Hamburger Nathsherren. —
Der älteste Bürgermeister erhält jährlich 6600 preuß.
Thaler, jeder der drei übrigen 6600 Thlr., eben so
viel der älteste Syndicus, und jeder der drei übrigen
3760 Tblr. Der erste gradnirte Senator bezieht 4600
Tblr., die commerciellen Mitglieder des Senats erhal-
ten von 5000 — 2000 Thlr. herab, je nach ihrer
Anciennität.
»Was? ich glaube, du hast mir ein Gesicht
gemacht?« rief Einer ergrimmt dem Andern zu. —
»»O nicht doch«« — versetzte dieser ruhig — »»wenn
ich dir eins gemacht hätte, so würdest dn hübscher
aussehen.««

Ein kaiserliches Geschenk.
Unter Karl V. war in der Straße Bommel zu
Brüssel der bedeutendste Mann ein reicher Vieh-
händler, nur Conrad der Einäugige geheißen, seit-
dem ihn ein Unfall um das andere Auge gebracht

hatte. Der Einäugige war darum kein minder lu-
stiger Lebemann; mit feinen fünfzig Jahren auf
dem Rücken war er ein Freund der Musik, fchlug
mit dem Kopfe den Takt, sobald nah oder fern ein
Lied erklang, lief den Trommlern nach, wenn sie
durch die Straßen wirbelten, oder den Trompetern,
wenn sic einen Marsch bliesen. Er hatte einen off-
nen Sinn für alle Freuden, ein Auge, wenn es et-
was zu sehen, ein Ohr, sobald cs etwas zu hören
gab, versah keine Kirchwcihc, schob sein Spiel Kegel
im Wirthshans, nnd hatte doch dabei ein großes
Vermögen erworben.
Er hatte zahlreiche Schöpse auf der Weide in den
Ebenen von Andcrloch, verkaufte Kühe auf allen
Märkten, konnte feste Ochsen aufwciscn und versah
manch großes Hans mit Butter, Milch und Rahm.
Denn bei aller seiner Lustigkeit war er von Grund
aus ehrlich, genoß deshalb überall ein verdientes
Zutrauen und war bei seinem Reichthum nicht stol-
zer denn früher, als er nur drei Kühe und eine
schlechte Hütte besaß.
Inmitten seines Wohlstandes und trotz seiner gu-
ten Laune hatte dieser Mann doch einen Kummer.
Zwar waren seine beiden Töchter glücklich verhcira-
thct, auch war er Großvater von acht Kindern und
seine Schwiegersöhne unterstützten ihn in seinem
Geschäfte, während seine Frau stch einer so treff-
lichen Gefundhcit erfreute, wie er selber, aber er
hatte Karl den V. nicht sprechen können, seitdem er
Kaiser war; es waren seitdem zwanzig volle Jahre
verstrichen und er seufzte oft darüber mit seinem
Nachbar Lorenz van der Mculen.
, — Ja, als er nur noch Prinz der Niederlande
war, sagte er, als man ihn nur schlechthin Karl
nannte, und er uns noch nicht verlassen hatte, da
waren gute Zeiten. Wie leutselig er war! und wie
er jetzt stolz geworden ist!
— Stolz ist es nicht, erwicderte Lorenz. Aber
er ist Kaiser.
— Aber doch noch derselbe Mensch, der mit uns
lachte und scherzte, als er fünfzehn Jahre alt war.
Vergiß aber nicht, daß er jetzt vierzig ist, und
damals blos uns zu regieren hatte, was ein Kinder-
spiel war; jetzt aber hat er die Spanier, die Nea-
politaner , das Reich, die neue Welt, die halbe Erde
auf stch, und was meinst Du dazu?
Da hat er mehr zu schaffen, das sehe ich schon
ein; 's ist, als wenn ich statt hundert Ochsen hun-
derttausend hätte. Da ging mein bischen Verstand
darauf. Aber so lange er bei uns ist, wie jetzt,
sollte er stch doch auch an seine Jugend erinnern.
Er hat keine gute Laune mehr. Du hast gesehen,
 
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