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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0383

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Der Neckar-Note erscheint
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Neckar-Bote.
.A', ». S».

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Freitag, den 8. November 1844.


Buntes aus der Lett.
Am 5l. Oktober wurde die Saison in Baden been-
digt und das EonversakionShaus geschlossen. Baden
wurde »n vergangenen Sommer bestickt von 30,188
Badegästen, also von 8204 Pesonen mebr, alS im
Jahre 1845, dessen Badfrequeiiz in 25,894 Persviien
bestand. Merkwürdig ist die Angabe, daß man im
Jabre 1814 nur 4000 Badgäste gezählt, daß im Jabr
>824 die Zabl der Fremden in 7279 und 1854 (eiiicr
damals höckst glänzenden Saison) 15,226 betrugen.
Ao bat sich also der Bestick in jedem Jabrzebend etwa
verdoppelt. Freilich sind unter der großen Zahl der
dieses Ianr eingesebriebenen Fremden auch viele solcke,
die nur die Eisenbabn zu e,nem flüchtigen Besuch aus
einen oder einige Tage benutzt.
Ungewöhnliche Illumination. Das bicrtrin-
kende Publikum in München bekbätigte seine Freude über
die Herabsetzung des Bierbpreises in den Skaatöbran-
bänsern 1) dadurch, daß es in dem Hofbraubause am er-
sten Abend der Freude 4800 Maas Bier trank, und
2) durch eine glänzende Beleuchtung, nicht der Stadt,
sondern der Bierkrüge, indem auf jedem derselben kleine
Wachskerzen angezündet wurden.
Gerviuus har am 4. d. in Heidelberg seine Vor-
lesungen vor einer sehr großen Zabl von Zuhörern er-
öffnet. Am Abend brachten ibm gegen 300 Studierende
einen glänzenden Fackelzug. Ans Gervinns Rede bei
dieser Gelegenheit heben wir folgendes aus: er werde
nun seine volle Wirksamkeit wieder der mündlichen ('ein e
zuwenden, daß er seine Gesinnnngen und Ansichten sei-
nen Zuhörern darlcgcn, daß ste dieselbe hören, prüfen,
billigen und zum Tbeil vielleicht verwerfen würde». Was
sie aber auch immer davon denken würden, so würden
sie sich doch in dem Glauben an seine vaterländische
Gesinnung nicht täuschen: »denn ich kann nicht zuge-
bcn, daß von Memel bis Lörrach ein besserer Deutscher
sei, alö ich.« Er schloß mit einem Hoch für Deutsch-
land. — Das Ganze endete wie iniinei mit dem Ver-
brennen der Fackeln a f dem Ludwigsplatz. Besonders
schön nahm sich der Zug aus der Brücke aus, die er
in ihrer ganzen Länge einnahm.
Während des Universitätsjubiläums in Königsberg
saß bei einem Studentenkommers unter andern Bürgern
rin sehr bejahrter Mann, der ausnehmend fidel war,
auch ein Studierter natürlich, obwohl selbst linier den
ältern Eomiltvncn ibn keiner kannte. Man fragte nach
seinem Namen. Er hieß Meier. Am folgenden Tage
sieht einer der Eommersbrüdcr von gestern seinen Freund
Meier mit dem König und andern hohen Herrn geben.
Er traute seinen Augen nicht. — Schwören wollte ich,
sagte er zu einem Kameraden, daß das unser Meier
von gestern Abend ist. — Das wollen wir bald heraus-
kriegen, antwortet der Andere, stellt sich in die Nähe
deS Mannes und ruft halblaut: Meier! Dieser dreht
sich lächelnd um und hielt den Finger auf den Mund.
Es war der Minister von Bodclschwingh.

Der Todtcngraber zu Prudnik (Neustadt)
(mi Pest-Jahre l 3/5.)
lFmiftpung)
Man lebte in den Tagen einer über den größeren
Theil der Südländer Europa'« verbreiteten, uner-
hört schrecklichen Best, als Fra» Scnnert nebst
Elias ihrem vierzehnjährigen Sohne, aus -Prud-
Nlk verjagt ward. Ungewiß, wohin ihr F-uß sie
tragen würde, und fluchend den Mördern ihres
Mannes, die grausam das Glück ihres Kindes zer-
risten, stieg sie die Höhen von Bucheisdorf hinan.
Hinausgestoßen in die Wüste des gebens, mit Ra-
serei verfolgt, was blieb ihr, als Sehnen nach
Rache? Du wirst, sprach sie von Ahnung getrieben,
zu Elias und wandte noch ein Mal ihr Ange auf
das schuldbolafletc Schloß, du wirst sie einst strafen,
wie sie cs verdienen! — Das Unglück wägt nicht die
Worte, und der heftigste Schmerz spricht nicht sel-
ten prophetisch die Zukunft
Bettelnd durchzog das geächtete Baar die Gauen
Deutjchlands, fand Mitleid und Härte; denn die
Menschen wechseln nach Laune und äußerer Ein-
wirkung den Segen himmlischer Liebe und die Nei-
gung zu bestialischer Wildheit.
Ulm, des heiligen römischen Reichs freie Stadt,
gewährte entsichern Exulanten, was sie lange ge-
sucht, Obdach und Nahrung bei biedern Verwand-
ten. Die Schläge des Schicksa s indcß, die Lcn-
ncrts Wittwc getrosten, waren zu plötzlich, zu stark,
die Leiden zu weit über das Maß ihrer Kräfte ge-
wesen; nach einigen Wochen ihrer Ankunft in Ulm
verschied sie, nicht ohne banges Befolgen für ihres
Sohnes hilflose Jugend; denn immer naher, wie
man vernahm, wälzte sich von > en Kränzen der
rhälischen Bcrgländer vielfältig Bediäagniß, ver-
ursacht durch anhaltende, zerstörende Erdbeben,
Hungersnot!) und verderbliche Seuche, die aus
Aegypten gekommen, auf doppeltem Wege, gegen
Aufgang und Niedergang, bis an den atlantischen
Occan tödtcnd forlschritt. Der gesellschaftliche Zu-
stand jener Zeiten wußte N)ch wenig von den künst-
lichen Anstalten, wodurch heut zu Tage dem
Korlgange des gängel isckcn Gifts Einhalt ge-
than und ter gewaltige Würger durch Wastenlimcn
und Kontumaze in bezeichnete Schranken gebannt
wird. Ohne Vorsicht und Hindern trug der Ver-
kehr den TodcskctM von Land zu Land; in unzäh-
ligen Gestalten entwickelten ihn die in Krieg und
J-riedcn unter einander gemischten Völker. An ei-
nem Tage trug man aus den Thoren von Basel
5oo, aus jenen von Wien 1200 Leichen.
 
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