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Der Neckar-Bote: Wochenblatt für amtl. u. Privat-Bekanntmachungen (8) — 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.42423#0302

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296

Morgen Nacht sollt Ihr ohne alles Aufsehen ver-
haftet werden; flicht darum morgen so vorsichtig,
wie möglich. Dies räth Euch ein unbekannter Freund.
— Verdammt! sprach nach langem Schweigen
der Marchese, verdammt! Kaum glaubt' ich mich
in sicherer Nahe, so treibt mein Geschick mich wieder
aus dem Vakerlande. Und setzt, wo ich, des ver-
haßten Nebenbuhlers mich entledigend, Teresina für
immer gewinnen könnte, jetzt soll ich fort und beide
Glückliche zurückiaffen? Nimmermehr! Teresina ifl
für mich verloren, jo falle sie denn mit ihm! Ver-
derben will ich Alles um mich her, was mich, den
Ausgcfloßeucn, mit seinem Glücke höhnt: Der mor-
gende Tag ifl noch mein — er soll benutzt werden!
Der Morgen fand ihn wachend und Alles zur
J-lucht ordnend. Die innere Unruhe wußte er ge-
schickt zu vorbei gen. Ein Jonisches Schiff, das un-
fern von Amalsi ankerte und den andern Morgen
auslaufcn wollte, um nach Griechenland zu segeln,
sollte ihn ausnchmcn, so hatte er cS mit dem Capi-
län verabredet. Ludwig sollte in der Nacht noch als
das Opfer seiner Rache fallen und auch Te-esina.
Zu ihr war Ludwig gegen Mittag gegangen, nach-
dem er Giuseppo noch den Auftrag gegeben, dem
Marchese, den er nicht daheim fand, zu fügen, ihm
dorthin zu folgen, und dann Mit ihm die Fahrt nach
dem Vesuv zu machen.
— Mit dem Marchele auf den Vesuv? fragte
Giuseppo. Signor, das ifl nicht wohlgcthan! Doch
ja! was schwatze ich auch! fuhr er fort, ich wollte
sagen, cs ifl gut! Ich will'ö bestellen- Auf Wie-
dersehen, Signor! — .Ho, ho, Signor Marchese!
sprach er für sich, als Ludwig sich entfernt, alfo auf
dem Vcfuv wollt Ihr Euren Vorsatz ausführen?
Freilich, der Krater des Riefen ifl groß genug, ei-
nen deutschen Doltorc aufzunehmen, und tief ge-
nug, als daß zu befürchten, er würde den Herrn
Marchese noch einmal incommodiren! — Ah, seid
gegrüßt, Signor Marchese! rief er diesem zu, der
eben des Weges kam. ,gut, daß ich Euch treffe! Der
Doclor läßt Euch bitten, ihm zu Donna Marini zu
folgen, und von dort die verabredete Fahrt zu un-
ternehmen
— Gut! antwortete zerstreut Cassini, ich werde
kommen!
— Alfo auf den Vesuv gcht's? fragte Giuf-pvo
mit psifsigcm Lächeln. Das war denn auch am rath-
samflcn. Die Deutschen sind neugierig, wollen dem
Alten da oben so recht nahe in den Rachen schauen,
dann bcdarf's nur eines Stoßes und der verschlingt
den Neugierigen, zue Freude aller guten Christen!
Hab' ich recht?
— Narr! antwortete der Marchese, und wollte
sich entfernen.
—- Halt, Signor! rief ihm der Lazzaroni zu,
indem er »hn bei oer Hand ergriff, eilt doch nicht so
und aönnt doch dem j>c>vm-o elmlaolo noch einige
Minrucn das fißeGckofe mit feiner Donna! Denn
daß es jo werten joll, wie ich gesagt, ist doch wobl

richtig? — Nun, wenn Ihr Euch denn mit Gewalt
losrcißt, rief er Cajsini nach, der sichtlich über das
Geschwätz des Burschen verdrossen, sich los,nachte
und davonciltc, so lauft nur, lauft! Gutes Ge-
schäft, Herr Marchese! — Mein Vetter fllieiro,
überlegte er, wird mir wohl feinen Esel borgen, zwei
Ducalen joll er haben. Es >fl ein gutes Thier,
nämlich der Ejei! flink auf den Vemen und kennt
den Weg nach Vorne,, wie ein gcborner Neapolita-
ner. — So mit sich redend, hinkic er in eme enge
Gaffe und verschwand in einem kleinen Hanfe.
Bei Teresina war indcß die Tafel beendet. Sic
war mit Ludwig aus den "Altan getreten, und Beide
schauten nach dem Ziele der Wanderung hinüber,
dem luftigen Wahrzeichen Neapels, dem Vesuv, der
seure Dampssäulc kerzengerade in das blaue Firma-
ment hinaufscndcte. Unbemerkt von den Beiden zog
der Marchese, der noch am Tische hinter ibrem
Rücken saß, c,n kleines Fläschchen hervor und goß
einige Tropfen m Tcrcsina's Glas.
— Laßt uns, r>ef er den Beiden zu, laßt unS
aufbrcchen, Signor Ludovico! koch vorher noch em
Glas aus gl..cknchc ,i,-ahrl, wobei Donna Teresina
uns wobl Bescheid lhun wird. Gilt cs doch dem Ge-
liebten !
Sie ergriffen die Glaser und sorglos trank die
Verrarhene den unheilbringenden Wem. Scherzend
und heiler re ich le sie Ludwig zum Abschicdskuffe die
Ztippen, benetzt von den Tropscn des Todes. Der
Lachssar rollte Mit den beiden Männern fort, noch
einmal schaule Ludwig nach Tcrcsin n zurück, die
ihn grüßend mit dem weißen Tuche nachwinkle. Sie
halten sich zum letztenmale gesehen!
Mit fast ausgelassener Lustigkeit unterhielt der
Marchese den Gefährten, wahrend sic über Barra
und Resina nach -Portici gelangten. Dort wollte
Ludwig den gewandten und rüfligcn Salvatore, den
bekannten Führer der Fremden auffuchcn, doch der
Marchese rrelh ihm davon ab.
— Sollen wir, meinte er, follen wir, wenn unsre
Seele m der unnennbaren Schönheit des Anblickes,
der unserer wartet, schwelgt, uns ans dem schönen
Traum Lurch das Geschwätz des langweiligen Cicerone
wecken lassen? Schon oft beflieg ich den Berg und
kann auch jetzt Euer Führer fein.
Und so zogen sic durch die lachenden Regionen am
Fuße des Bergkegels, an Villen und Klöstern vorbei
und ruhten auf halbem Wege >n der Einsiedelei bei
Fia Domenico. Ilnlcrdcß war die Sonne still hinter
einem Purpurfchlcier versunken, schnell ward cs
Nacht. Schweigend zogen sic unter glühenden Stcin-
girandolen, die von Zeit zu Teil der Berg über sie
hmaussandte, dem Afchcnkegcl naher, neben ihnen
rollte eiu GInlflrom, feurige Cascade» bildend, hin-
ab. So gelangten sie Zu dem Krater des Berges.
Dicke Schwefelwoiken verhüllten ihnen die Aussicht.
Ludwig schauderte, auf das grausende Schauspiel
blickend.
/Fonskprmg folgt.)
 
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