Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 5.1925
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https://doi.org/10.11588/diglit.63706#0605
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Tairov, Aleksandr Ja.: Russisches Theater, 2., Aufgaben der Tairoff-Bühne, zur Inszenierung von Ostowskijs "Gewitter" im Moskauer Kammertheater
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Alle Personen im „Gewitter“ leben und handeln in den Grenzen ihrer eigenen
Auffassung von diesem „Byt“ und ihrer Beziehung zu ihm.
Während die Kabanicha die Vernunft des „Byt“ darstellt, bildet Dikoi sein
Element; Boris und Tichon werden beide vom ,,Byt“ erdrückt, wagen aber aus
Furcht vor ihm nicht, es zu durchbrechen. Kudrjash und Warwära nehmen das
,,Byt“ wie eine leere, aber unumgängliche Form hin, die sie tragen, wie ein fertig
erhaltenes Kleid, solange dies ihre Handlungen nicht stört, werfen es aber in dem
Augenblick ab, wo es beginnt, die Auswirkungen ihres Ichs zu hemmen. Kuligin
Stenberg: Dekorationsskizze zu B. Shaw, Die heilige Johanna
im Moskauer Kammertheater. Regie: A. Tairoff
und Fjekluscha bilden eine eigenartige Durchbrechung der Prinzipien, die in
das Fundament des Chores der Tragödie eingefügt sind. Und in dieser Mitte
handelt und ringt Katarina, erkennt das ,,Byt“ weder in seinem Wesen noch in
seiner Form an, („jammert aber nicht“) — und geht in diesem Ringer? zugrunde.
Im „Gewitter“ stoßen zwei dem russischen Leben und der russischen Kultur
von jeher eigentümliche Elemente in hartem Kampfe aufeinander: „Ponisowaja
Woljniza“ und „Domostroi“ *).
*) „Ponisowaja Woljniza“ — die freie Lebensauffassung der Bewohner der Wolgagebiete.
„Domostroi“, deutsch: „Haushaltung“, ein Werk dei russischen Literatur des XVI. Jahrhunderts,
das Anweisungen über die bürgerliche Moral der damaligen Zeit gibt, die in außerordentlich stren-
gen und starren Formen, insbesondere beim Kaufmannsstand im Verhältnis zu den Familienmit-
gliedern, zu Angestellten, zu Geschäftsfreunden und zu anderen durchgeführt wurde.
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Auffassung von diesem „Byt“ und ihrer Beziehung zu ihm.
Während die Kabanicha die Vernunft des „Byt“ darstellt, bildet Dikoi sein
Element; Boris und Tichon werden beide vom ,,Byt“ erdrückt, wagen aber aus
Furcht vor ihm nicht, es zu durchbrechen. Kudrjash und Warwära nehmen das
,,Byt“ wie eine leere, aber unumgängliche Form hin, die sie tragen, wie ein fertig
erhaltenes Kleid, solange dies ihre Handlungen nicht stört, werfen es aber in dem
Augenblick ab, wo es beginnt, die Auswirkungen ihres Ichs zu hemmen. Kuligin
Stenberg: Dekorationsskizze zu B. Shaw, Die heilige Johanna
im Moskauer Kammertheater. Regie: A. Tairoff
und Fjekluscha bilden eine eigenartige Durchbrechung der Prinzipien, die in
das Fundament des Chores der Tragödie eingefügt sind. Und in dieser Mitte
handelt und ringt Katarina, erkennt das ,,Byt“ weder in seinem Wesen noch in
seiner Form an, („jammert aber nicht“) — und geht in diesem Ringer? zugrunde.
Im „Gewitter“ stoßen zwei dem russischen Leben und der russischen Kultur
von jeher eigentümliche Elemente in hartem Kampfe aufeinander: „Ponisowaja
Woljniza“ und „Domostroi“ *).
*) „Ponisowaja Woljniza“ — die freie Lebensauffassung der Bewohner der Wolgagebiete.
„Domostroi“, deutsch: „Haushaltung“, ein Werk dei russischen Literatur des XVI. Jahrhunderts,
das Anweisungen über die bürgerliche Moral der damaligen Zeit gibt, die in außerordentlich stren-
gen und starren Formen, insbesondere beim Kaufmannsstand im Verhältnis zu den Familienmit-
gliedern, zu Angestellten, zu Geschäftsfreunden und zu anderen durchgeführt wurde.
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