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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 5.1925

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Boeckmann, Kurt von: Südsee-Exoten
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https://doi.org/10.11588/diglit.63706#0731

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malaiu, schweifende Meermenschen, machten (siehe Karte). Die Natur-
allegorien aber haben ihren, alle Einzelheiten durchstrahlenden, Kern
in der göttlichen Lichtgestalt Mauis — der Sonne. Wer je mit
offenen, unverdorbenen Sinnen in den Schauern einer tropischen
Meernacht reglos verharrte und dann — nicht in zarten, langsamen
Übergängen wie bei uns — sondern plötzlich, in aufflammenden
Lichtexplosionen das Wunder der Sonne erlebte, wie sie die Schatten
der Nacht zerstäubt, der allein mag wissen, wie stark diese Süd-
sonne als feuriges Meerkind das dichtende Gestaltungssehnen jener
Meermenschen auf sich ziehen mußte. Sonnensagen und eine Sonnen-


verehrung von unübersehbarer Fülle der Formen und unerfühlbarer
Tiefe waren das Ergebnis. Maui ist der Große, der Einzige, der
Held, denn kein anderer gewinnt solche sinnengreifbare Gestalt über,
neben und in der unheimlichen Unfaßbarkeit des endlosen Meeres.
Maui ist Jesus für die Ozeanier, Lichtbringer, Retter, Mittler zwischen
Tag und Nacht, Himmel und Hölle, Reinheit und Sünde, Seligkeit
und Grauen. Maui bringt das Leben und nimmt die Seelen der
Toten in sein Reich, das fern im Westen liegt, dort, wo er selbst sich
allabendlich im Meere bettet. Er bindet das Helle an das Dunkle
und ist Urbild des Lebens und des Todes zugleich. So ist Maui, der
Strahlende, auch oberster Gott über dem Gewimmel kleiner und
kleinster Götter bis zu den Ariki hinab, den halb göttlichen Heroen.
Gewaltig ist dieses Lichtwesen, weit überlegen sein Sagenkreis
allem, was sonst auf der Erde an Sonnenverehrung künstlerisch

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