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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 1
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [9]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0029

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i. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenknnde.

IS

Tarrasbüchsen, werden 12 Lotbüchsen genannt; es
liegt nahe, dass diese Lotbüchsen mit den vorigen
Hand- und Tarrasbüchsen identisch sind.
Auch der Zweck dieser Inventare und die Art
der Abfassung brachten es mit sich, dass man den
Nachdruck mehr auf die vorhandene Anzahl, als auf
Handlichkeit, Art der Konstruktion oder Verwendung
legte und nur ungewöhnliche Grösse, wiez. B. «grosse
lotbuchscn , oder eine besondere Eigentümlichkeit
in der Konstruktion hervorhob; z. B. Inventar vom
Jahre 1416 von Nassau: «10 Handbüchsen, 7 Lot-
büchsen in Gestellen, 5 Steinbüchsen; — oder im
Jahre 1428 von Messig: «4 Lotbüchsen, der sint
drey an denander .
Aus diesen Angaben geht weiters noch hervor, j
dass man unter den Lotbüchsen dieser Zeitperiode j
teilweise auch Elandfeuerwaffen, unter den kleinen Lot- ;
büchscn teilweise auch Handbüchsen zu verstehen hat.
Die übrigen oben angeführten Daten enthalten
in chronologischer Reihenfolge die Entwickelung der
Feuerwaffen von den letzten Jahrzehnten des 14. und
vom ersten Viertel des 15. Jahrhunderts; dieselben
sind schon deshalb wichtig, weil, wie schon wiederholt
nachgewiesen wurde, zu dieser Zeit die Konstruktion
von der Grösse der Waffe unabhängig war. Man
findet anfangs nur Büchsen, später Lot- und Stein-
büchsen, sodann grosse und kleine Steinbüchsen,
Pfeilbüchsen und schliesslich die Mittelbüchsen; ferner
Büchsen aus Eisen, Kupfer und Zinn oder nur aus
Kupfer; es entstehen die langen Büchsen, welche
schliesslich der grossen Länge wegen aus mehreren
Teilen gegossen und mit Pulvergehäusen von rück-
wärts geladen werden; endlich kommt die Unter-
teilung der Lotbüchsen in 3 Gruppen und zwar in
grosse Lotbüchsen, in Lotbüchsen und in kleine Lot-
büchsen; 1416, Inventar von Meve : «16 lotbüchsen
und 3 grosse lotbuchsen»; — 1434, Inventar von
Brateau: «5 grosse lotbuchsen und noch 12 lot-
buchsen»;—1441, Inventar zu Althaus: «I grosse
lotbuchse, 12 kleine lotbuchsen».
Die rapide Zunahme der Feuerwaffen kommt
in überraschender Weise in folgenden Zahlen zum
Ausdruck. Im Jahre 1411 betrug der Gesamtbestand
aller Feuerwaffen des deutschen Ordens 173 Stücke,
und zwar 74 Stein- und 99 Lotbüchsen; im Jahre
1414 war derselbe auf 676 Stücke, 254 Stein- und
422 Lotbüchsen gestiegen; bis zum Jahre 1419 hatte
sich dieser Vorrat um weitere 126 Feuerwaffen und
zwar um 24 Stein- und 102 Lotbüchsen vermehrt
und im Jahre 1437 die Zahl 863, und zwar 269
Stein- und 594 Lotbüchsen, erreicht.
In den letzten Inventarien sind bei einzelnen
Ordenshäusern die Handbüchsen deutlicher hervor-
gehoben, so z. B. 1437, Inventar von Strassburg:
«10 Steinbüchsen, 19 Handbüchsen»; 1458, Inventar
von Roggenhausen: «8 Steinbüchsen, 18 Hand-
büchsen».
Der Gesamtstand der Feuerwaffen hatte sich
also innerhalb 26 Jahren um das Fünffache erhöht,
•UV-

ein deutlicher unzweifelhafter Beleg für die zunehmende
kriegsmässigeBrauchbarkeit derselben, welche wieder
nur durch die gesteigerte Verbesserung in Kon-
struktion und Handhabung einerseits und durch die
erreichte vergrösserte Wirkung anderseits bedingt
war. Das Verhältnis der Steinbüchsen zu den Lot-
büchsen war anfangs 3:4, schliesslich jedoch nahezu
i:2.i; die Erklärung hiefür liegt wohl in der leich-
teren Herstellung kleinerer Büchsen, welche über-
dies im Vergleiche zu den grossen Steinbüchsen
sehr billig waren; allein die Steigerung von 99 auf
594 giebt auch die Gewissheit, dass die kleinen Lot-
büchsen der damaligen Kriegführung sehr erwünscht
waren und dass dieselben den gestellten Forderungen
vollkommen entsprochen haben.
Ueber das Material, aus welchen die Lotbüchsen
angefertigt wurden, geben folgende Eintragungen
näheren Aufschluss. Im Jahre 1392 werden in Thorn
«6 eiserne Büchsen» gezählt; im Jahre 1401 lässt
der Hochmeister Conrad von Jungingen zu Marien-
burg 12 eiserne Büchsen anfertigen; im Jahre 1405
kaufte derselbe 5 kupferne Lotbüchsen und in dem-
selben Jahre lagen in Brateau 2 eiserne Lotbüchsen;
im Jahre 1410 hat Marienburg 4 eherne Lotbüchsen
und in Schochau werden nebst 2 eisernen noch 4
kleine eherne Lotbüchsen in das Inventar eingetragen.
Aus diesen wenigen Daten, die sich in ähnlicher
Weise öfters wiederholen, geht hervor, dass man
zur Anfertigung des Laufes der Lotbüchsen Eisen
oder Kupfer gebrauchte. Nach den Angaben aus
dem Tresslerbuche scheint es wahrscheinlich, dass
man in diesem Falle zumeist Kupfer mit einem
mässigen Zusatze von Zinn verwendete; so wurden
z. B. im Jahre 1401 vom Molner, dem Schmiede,
aus 141/2 Centner Kupfer und 1/2 Centner Zinn 6
Büchsen gegossen; dies giebt ein Mischungs-
verhältnis von 29 Teilen Kupfer auf 1 Teil Zinn;
heute enthält das Glockenmetall 78 Teile Kupfer,
22 Teile Zinn, Kanonengut oder Medaiilenbronze
91 Teile Kupfer, 9 Teile Zinn.
Interessante Einzelheiten sind über die Pulver-
bereitung angegeben. Die geringen Quantitäten
Pulvers, deren man anfangs bedurfte, machen es
wahrscheinlich, dass man dasselbe in der einfachsten
Weise anfertigte; man benötigte hierzu eine Kohlen-
pfanne, den Pulverkolben und ein Pulversieb.
Das Tresslerbuch enthält hierüber folgende An-
gaben :
«1401: 21/8 m vor 4 kolpfhannen und 5 scot
vor 1 pulversijp.
1409: 2 scot vor eyne yserynne lcolwe, polver
domethe yn czu stossen».
Es beschäftigten sich verschiedene Leute mit
der Pulverbereitung; so z. B. kaufte der Tressler
5 Pfund Pulver für 10 Scot von einem Pfarrer; die
Frau des Glocken- und Büchsengiessers Dümchen
bekam für Pulver I Mark 2 Scot; auch die Knechte
in einzelnen Ordenshäusern werden bei der Pulver-
bereitung verwendet. Um das Jahr 1410 wird
 
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