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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 3
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Reimer, Paul: Die historische Waffenkunde auf kulturgeschichtlicher Grundlage
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0076

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62

Zeitschrift für historische Waffeukunde.

II. Band.

austausch erheblich erschwert und bei der Heraus-
gabe der Vereinszeitschrift sehr ins Gewicht fällt.
Wohl thut die Schriftleitung ihr möglichstes, bei
der Auswahl der Artikel kein Gebiet zu vernach-
lässigen und «jedem etwas zu bringen», indessen
wird es sehr wesentlich darauf ankommen, den ein-
zelnen Artikel so zu gestalten, dass er auch für die
Interessenten anderer Zweige des Waffenwesens in-
teressant und belehrend ist.
Wenn oben versucht wurde, die historische
Waffenkunde in Abschnitte zu theilen, also anschei-
nend in mehrere Sondergebiete zu gliedern, so ge-
schah dieses nur, um überhaupt eine Uebersicht über
den der Bearbeitung harrenden, reichen Stoff zu
geben, bei der praktischen Ausführung der einzel-
nen Arbeit aber würde eine zu eng begrenzte Be-
trachtung des Gegenstandes leicht dazu führen, dass
sich das Interesse der dem betreffenden Sonderge-
biete fernstehenden Leser vermindert. Zwar wird
man in zahlreichen Fällen nicht umhin können,
lediglich Thatsachen anzuführen, diese bilden ja
die notwendigen Grundlagen für jedes weitere Schaffen,
und sie zu sammeln und der Benutzung zuzuführen,
ist ja eine wichtige Aufgabe der Zeitschrift. Der
Reiz der waffengeschichtlichen Forschung liegt in-
dessen vorzugsweise in den gegenseitigen Beziehungen
der Waffenarten untereinander und zu den zahl-
losen Erscheinungen des Kulturlebens, erst die Ver-
bindung der einzelnen oben angeführten Abschnitte
mit einander lässt das Wesen der Waffe in klarer
Weise hervortreten. Um daher die Zeitschrift für
alle Waffenfreunde und auch für ferner stehende
Kreise in gleicher Weise belehrend und lesenswert
zu machen, dürfte es sich empfehlen, bei Behand-
lung eines jeden Gegenstandes, ohne der Wissen-
schaftlichkeit irgendwie Abbruch zu thun, von all-
gemein interessanten Gesichtspunkten auszugehen
und ganz besonders die kulturgeschichtliche Bedeu-
tung der Waffe im Auge zu behalten, um so all-
mählich eine Grundlage zu schaffen, von der aus
alle Betrachtungen ausgehen und wo sie sich wieder
treffen. Denn sowohl die induktive, wie die deduk-
tive Forschungsweise wird'hier am Platze sein, wir
werden ebenso häufig von den einzelnen Stücken
ausgehend zu allgemeinen Anschauungen kommen
müssen, wie umgekehrt allgemeine kulturhistorische
Gesichtspunkte die Beurteilung der Waffe unter-
stützen müssen. Wesentlich gefördert wird ferner
das Interesse des Lesers dadurch, dass aus dem
beigebrachten Material das den Fortschritt der
waffenhistorischen Forschung darstellende Ergebnis
in übersichtlicher Weise abgeleitet und hervorgehoben
wird, denn erst dadurch tritt die Wichtigkeit des
Angeführten auch für solche Leser, welche in dem
berührten Gebiet nicht so bewandert sind, klar her-
vor. Insonderheit ist die technische und konstruk-
tive Seite, welche bei der Betrachtung des Waffen-
wesens von so hoher Bedeutung ist, geeignet, für
die Beurteilung der Waffe wichtige Grund- und Lehr-

sätze immer wieder dem Leser vor Augen zu führen
und sie so allmählich zum Gemeingute aller zu
machen. Ebenso lassen sich auf kulturhistorischem
Gebiete bestimmte Begriffe und Anschauungen ab-
leiten, meist in Anknüpfung an den behandelten
Gegenstand, mitunter aber wird es wünschenswert
sein, nur mittelbar mit dem Waffenwesen zusammen-
hängende Aufsätze zu bringen, um spätere Ausfüh-
rungen auf um so breiterer Grundlage behandeln zu
können. Besonders der das Zeugwesen behandelnde
Abschnitt dürfte hierzu vielfach Gelegenheit bieten.
Wohl alle, welche sich mit historischer Waffen-
kunde aus Liebhaberei beschäftigen, sind hierzu
durch das Studium der modernen Waffe angeregt
worden und werden es daher dankbar begrüssen,
wenn in den Ausführungen der Anschluss an mo-
derne Anschauungen nach Möglichkeit gesucht wird,
gestattet doch z. B. selbst bei der ältesten Schuss-
waffe erst die Darlegung der ballistischen Eigen-
schaften in modernem Sinne ein wirkliches Urteil
über ihren Wert auch in vergangener Zeit. Um
auch die figürliche Darstellung zu erwähnen, so sei
darauf hingewiesen, dass die Beibringung zahlreicher
Abbildungen das Interesse an dem betreffenden
Gegenstände in hohem Masse steigern wird. Es
gilt dies nicht allein von Originalzeichnungen, son-
dern auch von Reproduktionen aus anderen nicht
sehr verbreiteten oder kostspieligen Werken, da der
blosse Hinweis auf diese wenig nützt und kaum je-
manden veranlassen wird, sich Umstände zur Be-
schaffung des betreffenden Werkes zu machen. Die
Reproduktionstechnik ist ja heute so weit, dass die
Kosten für Abbildungen nicht allzusehr ins Gewicht
fallen. Schliesslich ist es wünschenswert, selbst
gegenseitig Anregungen zu weiterer Thätigkeit zu
geben. Wie häufig kommt es vor, dass sich bei
der Ausarbeitung eines Gegenstandes neue inter-
essante Ausblicke eröffnen, die besser einer berufe-
neren Feder überlassen bleiben, oder aber, dass
einzelne Gebiete nur berührt werden können, da
hier die Spezialkenntnisse fehlen. In solchen Fällen
wäre es angebracht, wenn der Autor auf diesen
Mangel besonders hinweist und das Gebiet beson-
derer Beachtung empfiehlt. In gleichem Sinne
würde ein in der Vereinszeitschrift eingerichteter
Fragekasten wirken, der dem einzelnen Gelegenheit
giebt, sich mit Fragen an die Gesamtheit der Leser
und Mitarbeiter zu wenden und so einen Verkehr
und Meinungsaustausch der sich vielfach persönlich
fremden Mitglieder u. s. w. anzubahnen. Dadurch
erhält die Arbeit besonderen Reiz und mannigfache
Anregung und es kommt auf diese Weise mancher
zum Wort, der sich sonst aus verschiedenen Grün-
den von der Mitarbeit fernhält.
Eine erhebliche Schwierigkeit für den Mitarbeiter
liegt darin, dass er keinen Anhalt hat, was bereits
auf den verschiedenen Gebieten der historischen
Waffenkunde in erschöpfender Weise bearbeitet wor-
den ist, oder wo noch Lücken auszufüllen sind.
 
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