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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 4
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Engel, Bernhard: Waffengeschichtliche Studien aus dem Deutschordens-Gebiet, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0113

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4. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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sein? An ein mit dem Hochmeisterwappen über-
einstimmendes Komtureiwappen kann nicht wohl
gedacht werden, sondern der Komtur hat eben das
Hochmeisterwappen in sein Siegel aufgenommen.
Analogien hierzu bietet die Siegelkunde reichlich.
Ich erinnere nur daran, dass viele Städte im Siegel
das Wappen des Landesherrn geführt haben; manche
sogar in der Umschrift auch dessen Namen. (Seyler,
«Geschichte der Siegel» S. 313.)
Anders als mit dem Wappen steht es aber mit
dtem Gebrauchsschilde, dem Waffenstück selbst.
Dieses durfte nach der oben wiedergegebenen Be-
stimmung nicht einmal der Statthalter des Hoch-
meisters führen. Diese Regel sehen wir überall in
Geltung, wo Ordensritter oder -beamte dargestellt
sind.1) So trägt der Ordensmarschall auf seinem
Reitersiegel den einfachen Kreuzesschild. (Vossberg
Taf. I, Fig. 12 und S. 58. Engel, «Die mittelalterlichen
Siegel des Thorner Ratsarchivs»
I, Taf. I, Fig. 5.) Desgleichen
führt der 1391 gestorbene Kom-
tur Kuno von Libensteyn auf
seinem Grabsteine in der Kirche
zu Neumark nur den Kreuzes-
schild. — Das Siegel der Stadt
Königsberg (Vossberg Taf. XIV,
Fig. 14) ist hier wohl kaum heran-
zuziehen. Auf demselben führt
der als solcher durch Krone und
Scepter gekennzeichnete König
Ottokar von Böhmen, welcher
1255 die Burg gegründet hatte,
wunderbarerweise statt des böh-
mischen einen Schild mit Kreuz
und in diesem frei ohne Herz-
schild einen Adler; das Balken-
kreuz fehlt. Es handelt sich also um ein Phantasie-
gebilde. Dagegen muss unser Schild obiger Be-
stimmung zufolge als ein wirkliches Hochmeister-
schild angesehen werden.
Sehr bedauerlich ist es, dass der Name des
Hochmeisters in der Umschrift nicht genannt ist;
wir sind also auf Schlussfolgerungen angewiesen.
Da ist in erster Linie die Form des Wappens zu
beachten, und diese weist auf die Zeit um 1320.
Dafür spricht die Gestalt des Helmes wie des Schil-
des und namentlich das Grössenverhältnis beider
zu einander. Auch das Aufnehmen der Decke
kommt in dieser Zeit vor. Vgl. insbesondere das
mit dem unsrigen in der Form völlig übereinstim-
mende Wappen des Minnesängers Frauenlob in der
aus dem ersten Drittel des 14. Jahrhunderts stam-
menden Manesseschen Handschrift, auch abgebildet
in Königs Litteraturgeschichte, ferner das Siegel
*) Ob der im Balduineum Taf. X dargestellte Ritter mit dem
schwarzen Kreuz im Schilde wirklich, wie Irmer meint, der Land-
komtur von Franken sein soll, erscheint zweifelhaft. Es kann eben-
sowohl der Führer der Streitschar von Kurköln sein; vgl. daselbst
Taf. XXII.

Engelberts von der Mark von 1328 bei Seyler, «Ge-
schichte der Siegel» S. 266; daselbst S. 204 das
Siegel Ottos von Fürstenberg von 1349 als Beweis
dafür, dass jenes Aufnehmen auch später noch üb-
lich war.
Dass auch die Anwendung des Kleeblatt —
statt des Krückenkreuzes in jene Zeit fällt, und dass
ferner die Fassung der Umschrift (clippeus cum galea)
bei Siegeln aus derselben Zeit vorkommt, habe ich
bereits dargethan.
Hochmeister war damals Carl Befifart von Trier,
und dass ihm sehr wohl jener Schild gehört haben
kann, ergeben folgende Erwägungen: Er ist der
einzige Hochmeister jener Zeit, welcher Preussen
verlassen hat; dies geschah 1317, 1320 war er in
Rom, 1324 starb er in Trier. («Scriptores rer. Pruss.»
Bd. II, S. 59> Anm. I.) Auf der Fahrt nach Rom
oder der Rückkehr von dort dürfte der Schild in
einer Tyroler Ordensburg zu-
rückgeblieben sein. Der Schild
ist nämlich aus der Burg Reifen-
stein in das Innsbrucker Museum
gekommen. Diese Burg war
aber erst 1469 bezw. 1470 an
den Orden geraten. Der frühere
Aufbewahrungsort des Schildes
ist unbekannt; vielleicht war es
die Kommende Sterzing, welche
gegen Ende des 15. Jahrhunderts
von einem grösseren Brande
heimgesucht wurde (vgl. La-
durner, «Urkundliche Beiträge
zur Geschichte des deutschen
Ordens in Tyrol», Innsbruck
1861, S. 5 u, 113), bei welcher
Gelegenheit die Ueberführung
des Schildes stattgefunden haben mag,
Zu erwähnen bleibt noch, dass auch die Form
unseres Schildes der Zeitstellung um 1320 nicht
widerspricht. Diese Form ist allerdings etwas ab-
sonderlich; denn der Reiterschild des 13. und 14.
Jahrhunderts hatte im allgemeinen die Dreiecksform,
wie sie uns in dem auf unserem Schilde angebrachten
Wappen entgegentritt. Dagegen führt der Komtur
Kuno von Libensteyn (-j- 1391) auf seinem Grabstein
eine Pavese, ebenso der Hochmeister Heinrich von
Plauen (1410—13) auf seiner bei Vossberg Taf. VI.
abgebildeten Goldmünze. (Letzterer Schild zeigt
nicht das ganze Hochmeisterwappen, Helm und Schild,
sondern lediglich das Hochmeisterkreuz.) Unser
Schild nun ist als Tartsche anzusprechen und bietet
einen Beweis für das frühe Vorkommen derselben.
Eine ganz ähnliche, nur schlankere Birnenform zeigt
auch der Schild eines französischen Königs auf einer
undatierten Pergament-Miniature, mitgeteilt vonHeide-
loff, «Ornamentik des Mittelalters», Heft XXI, PI. 2,
und nach ihm von v. Mayer, «Heraldisches ABC-
Buch». Iieideloff schreibt die Darstellung dem
12. Jahrhundert zu. (?)


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