Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [12]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0131

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
4. Heft.

Zeitschrift für historische Warenkunde.

ii 7

dass man dieselben rnit einer Unterlage in feste
Verbindung' brachte und die Wirkung des Rück-
stosses auf diese hinüberleitete.
Während nun die Tarasbüchsen nur die Ver-
wendung auf der Deckung, dem «Taras», zuliessen,
brachte das praktische Kriegsbedürfnis bald die For-
derung nach Feuerwaffen, welche man hinter den
üblichen Deckungen aufstellen und mit welchen man
über diese hinwegschiessen konnte. Dies er-
reichte man in der einfachsten Weise dadurch,
dass man die bisherigen Unterlagen, auf welchen
die Büchsen befestigt waren, mit Ständern aus-
rüstete, die in ihrer Höhe der gestellten Be-
dingung entsprachen. Durch diesen Vorgang
erhielten die Unterlagen die Form von Holz-
böcken und die auf denselben aufgelegten und
befestigten Feuerwaffen wurden «Bockbüchsen»
genannt, analog wie bei den Hand-, Karren-,
Wagen- und Tarasbüchsen.
Diese Konstruktion mit Ständern musste
aber die grösseren Kaliber ausschliessen, und
dieser Umstand sowie die durch das thatsäch-
liche Kriegsbedürfnis sich ergebende geringe
Beweglichkeit brachten es mit sich, dass die
Bockbüchsen in der Kriegführung des 15. Jahr-
hunderts zumeist nur bei Ausrüstung von Türmen
und Befestigungen Verwendung fanden. Die Kaliber
mussten jedoch immer noch so gross sein, dass
man über den Wirkungsbereich der damals üblichen
Handschusswaffen hinausreichte und das Vorfeld
wirksam bestreichen konnte.
Die Darstellung einer Bockbüchse aus der ersten
Zeit der Entstehung derselben enthält der Kodex
H 49 der Kgl. öffentlichen Bibliothek zu Dresden
auf Folio 277.1) (Fig. 58.) Die Abbildung zeigt

Die erste urkundliche Erwähnung der Bock-
büchsen findet sich in den Stadtbüchern und Rech-
nungen der Stadt Nürnberg.
«Paul Vorchtel lässt i. j. 1423 für den Rat an-
fertigen 50 Bockbüchsen, 200 kleine Handbüchsen.»1)
Die weitere Entwicklung der Bockbüchsen ist
durch die Abbildungen aus dem Kodex 719 des
Germanischen Museums zu Nürnberg, circa 1450



Fig. 60. «Geuasst pokhpuchsn» aus dem Landshuter
Zeughausinventare. 1485.
eine Bock-Steinbüchse kleinen Kalibers, welche auf
einem mit vier Füssen versehenen Holzbalken be-
festigt ist und von dem Schützen mittels eines
brennenden Zündschwammes oder mittels eines
brennenden «Luder»-Lappens abgefeuert wird.

*) J. Schön, Geschichte der Handfeuerwaffen. Dresden
8 n. Tafel 1, Fig. I.

858.

(Fig. 59), aus dem Cod. ms. 2952 der K. K. Hof-
Bibliothek zu Wien (1457), dem Cod. germ. 734
der Kgl. Hof- und Staats-Bibliothek zu München
(1460—1470), dem Cod. germ. 599 derselben Biblio-
thek und endlich durch die Abbildungen aus
dem Landshuter Zeughausinventare vom Jahre 1485
(Fig. 60) gegeben.
In den amtlichen Inventarien vom Jahre 1449
über die Ausrüstung und Bewaffnung von Nürnberg
werden in sechs von acht Vierteln 2 Bockbüchsen
mit dem a, 5 Bockbüchsen mit dem a
und «aim kreucz dahinter» und 48 Bock-
büchsen mit dem b genannt.2)
Nach dem «Aufzeichnis» der Büch-
sen und des Zeugs in allen Festungs-
werken der acht Stadtviertel und in
den Zeughäusern von Conrad Gürtler,
angefertigt im Jahre 1462, waren in
sämtlichen Zwingern, Türmen und
Zeughäusern 8 Bockbüchsen mit a+,
99 Bockbüchsen mit b und 10 Blei-
büchsen mit a+ auf Böcken vorhanden.
Die «simwel» Bockbüchseri hatten
nach diesem Verzeichnisse ein Gewicht
von 21 Pfund und schossen nach dem
«zaichen auf der püchsen» 31/2 Lot Blei.
Bei den- kleinen Lotbüchsen, den Handbüchsen,
wurde der Rüclcstoss von dem Schützen selbst auf-

J. Baader, Beiträge zur Geschichte des Kriegswesens.
A. F. K. d. d. V. 1862, 159 u. 160.
2) J. Baader,. Nürnbergs Stadtviertel im Mittelalter hinsicht-
lich ihrer Festungswerke und deren Verteidigung und. Bewaffnung.
32. Jahresbericht des histor. Vereins in Mittelfranken. Ansbach
1864, S. 5 2 ff.
 
Annotationen