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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Schalk, Karl: Die historische Waffensammlung der Stadt Wien im Zusammenhange mit der militärischen Organisation der Stadt, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0263

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7. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkundc.

247

Die historische WafFensammlimg der Stadt Wien im Zusammen-
hänge mit der militärischen Organisation der Stadt.
Von Karl Schalk.

ffensammlung der Stadt
Wien,die eine der Gruppen
der historischen Samm-
lungen der Stadt Wien
bildet,1) ist aus dem
städtischen Waffen-
a u s h i 1 f s - und Zeugs-
depot, das die Stadt im
Mittelalter anlegtc, her-
ausgewachsen.
Wir gebrauchen den
Ausdruck Waffenaushilisdepot, da bekanntlich im
Mittelalter der zum Kriegsdienst Verpflichtete, wie der
denselben als Beruf Erwählende, der Söldner, sich
seine Waffen selber zu besorgen hatte, die Stadt
also in erster Linie nur für die Beschaffung der Ge-
schütze, des «Zeugs», aufkam und für die Be-
waffnung des Einzelnen nur aushalf, insofern
derselbe nicht die Mittel hatte, im gegebenen Augen-
blicke des Bedürfnisses mit seiner Wehr, bereit zu
sein. Als Beispiele für die Verpflichtung der eigenen
Waffenbeschaffung- seitens der Bürger und der Söldner
sei auf italienische Städte hingewiesen, die in Fragen
der Verfassung und der Verwaltung den deutschen
infolge vorgeschrittener wirtschaftlicher Entwicklung
ja in vielfacher Hinsicht vorangingen.
In dem für die spätmittclalterlichc Hccresverfas-
sung so überaus wichtigen Florentiner Libro di
Montaperti aus dem Jahre 12602) heisst es bezüg-
lich der Bürger: «Item quod quilibet habens
equum pro Commune Florentiae tarn civitatis quam
comitatus Florentini teneatur et debeat portare et
habere in praesenti exercitu sellam ad dextrarium,
covcrtas equi, panccriam sive asbergum, caligas sive
stivalettos de ferro, cappellum de acciario, lamerias
vel coraczas, lanceam, scutum sive targium vel tabo-
laccium anglum.
Item quilibet pedes civitatis Florentiae tene-

‘) Durch Gemeinderatsbeschluss vom 22. Juli 1898 wur-
den Bibliothek und Historisches Museum unter dem Titel:
«Städtische Sammlungen» vereinigt (Die Geraeinde-Ver-
waltung im Jahre 1898, Seite 346). Von 1886 bis 1898
waren die Sammlungen, mit Ausnahme der Bibliothek, unter
dem Namen: «Historisches Museum» zusammengefasst, dessen
IV. Abteilung die Waffensammlung mit eigenem, hier im Fol-
genden citierten Katalog aus dem Jahre 1888 bildete.
'-) Herausgegeben von Paoli in Documenti di storia
Ital., tom. IX., und früher schon benutzt von Hartwig in
Quellen und Forschungen zur ältesten Geschichte der Stadt
Florenz, Bd. II. Ricotti, Storia delle Compagnie di Ventura
in Italia, Vol. I, pag. 392 e 396 : Documenti, Nota I C. (Dal
libro di Montaperti).

atur et debeat portare et habere in praesenti exer-
citu panceriam sive coLctum cum manicis ferreis
aut manicäs ferreas cum coraczinis, cappellum de
acciario vel cervclleriam, gorgieriam sive collare de
ferro, lanceam, scutum sive tabolaccium magnum.»
Die Verpflichtung der Söldner, in eigenen
Waffen zu dienen, erhellt unter anderem aus einem
Codex degli stipendiarii della repubblica di Firenze
aus dem Jahre 13698): «Imprimis quod omnes et
singuli comstabiles equestres comunis Florentiae
debeant toto tempore, quo starent ad servitium et
Stipendium, esse armati et muniti de et cum infra-
scriptis armis offensilihus et defensilibus.» Eine
analoge Vorschrift bestand auch für die stipen-
diarii pedites:
«Dummodo balestarius sit armatus et muni-
tus corazina, cervcleria, cultello, balista et croccho
et verretqnibus et turchasso.
Et quod comstabilis banderie sit armatus
cervcleria sive bacinetto, corazina, braccialibus sive
manichis de maglia,, spata, cultello, lancea et pavese.
Et quod quilibet caporalis, qui habet raga-
zinum, sit armatus similiter, et quilibet alius pedes
de banderia sit armatus cerveleria, spata, cultello,
pavese sive rotclla et lancea.»
Die Wiener Bürger waren nach dem Wiener
Stadtrecht des Kaisers Friedrich II. vom April 1237
und nach dem Freiheitsbriefe König Rudolfs I. vom
24. Juni 1278 nur zu beschränktem Heeres-
dienst verpflichtet.4)
In ersterem8) heisst es in Alinea 2: «Preterea
ex habundanti gratia indulgcmus, ut nemini liceat
prenotatos cives ad aliquod servitium ultra pro-
gredi cohibere, quam ut eo die, quo Clara luce
de domibus exierint, cum splendore solis re-
gredi permittantur.» In deutscher Uebersetzung:ö)
«Das man dhain purger icht verrer nott in hervert
ze varn denne pei dem tag auz und desselben tages
wider heim bei der sunne. Darüber so gepieten
wir von uberfluzzigen gnaden, daz niemant erlaubt
sei die vorgenannten purger ze notten ze dhainen
dienst auzzevaren fürbazze denne des tages, und

3) Ricotti, 1. c. pag. 416, Nota VIII e pag. 418, Nota IX.
4) Kutzlnigg, Das Befestigungs- und Kriegswesen
(Wiens bis 1529) in der vom Wiener Altertumsvereine
herausgegeb enen, im Erscheinen begriffenen Geschichte
Wiens, Bd. II/1, S. 322.
5) Geschichtsquellen der Stadt Wien, herausgegeben
von Weiss und Tomascheck, Bd. I, S. 16, No. VII.
6) Ebenda, S. 18, Nr. VII. Vgl. Hasenöhrl, Oesterr.
Landrecht, S. 41.


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