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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 7
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Schalk, Karl: Die historische Waffensammlung der Stadt Wien im Zusammenhange mit der militärischen Organisation der Stadt, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0265

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7. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

249

haben sol, zu yeder person ain schallern1) oder
ein eysenhut.»
Aus diesen Ratsbeschlüssen ergiebt sich, wer zum
Dienste verpflichtet war: «Menigclich, hauswirt
wie inmann»; es war also Bürgermiliz im späteren
Sinn und Aufgebot. Die Waffen musste jeder selber
besitzen. Die Minimalbewaffnung war Tartsche und
Spiess und als Schutzwaffe für den Kopf Schallern
oder Eisenhut. Bessere Ausrüstung bildeten Arm-
brust oder Büchse. Aus Bürgertestamenten wissen
wir; dass die Armbrust neben Schwert und Harnisch
bürgerliche Hauptwaffe war.2)
Obwohl nun jeder seine eigenen Waffen haben
sollte, setzte die Stadt doch von vorne herein voraus,
dass im Bedarfsfälle nicht auch ein jeder mit dem
Nötigen versehen sein würde und schaffte aushilfs-
weise auf städtische Kosten eine Minimalausrüstung
für 1000 Mann an: Tartschen und Spiesse, die
ältesten in der Sammlung in grosser Zahl
noch vertretenen Waffensorten (68 Setztartschen
und 172 Ahlspiessc).
In dem ältesten, in die Kammeramtsrechnung
des Jahres 1444 aufgenommenen, städtischen Waffen-
invcntare'1) werden angeführt als im Besitze der Stadt
befindlich: 250 Tartschen, rot, grau und schwarz,
weiter alte Setztartschen, 311/2 neue «pretter zu
setztartschen, 100 neue alspiess, spies mit paniern
und an panyr, 200 neue swarz eisenhut», ander-
seits 36 «ärmst und 98 kupfrein und eisnein hand-
püchsen», also nicht nur Söldner- sondern auch
Bürgerwaffen, doch in so beschränktem Ausmasse,
dass nicht von einem allgemeinen, sondern nur von
einem Aushilfswaffendepot die Rede sein kann.
Dagegen dürften die eigentlichen Geschütze,
der Zeug, nur im Besitze der Stadt und nicht im
Besitze Einzelner gewesen sein.4 *)
In der Ratssitzung des Jahres 1442 beschloss
man bezüglich des Zeugs: «Item von der gross
püchsen wegen ist verlassen, das man die solt lassen
machen etc.; daraus ist yecz nemblich beredt wor-

’) Chmel, 1. c. druckte hier schufflir mit Fragezeichen.
Schefflier im Bestand des landesfiirstl. Zeug-hauses von Wiener
Neustadt 1436. Pichler, Das Landeszeughaus in Graz, S. 66,
Anm. 1 nach Chmel, wo es heisst: «Hewbl pose und scheff-
lier II.» — «Eysenhut oder schesslier» in einem undatierten
Landesaufgebot Albrechts V. gegen die Hussiten bei Kurz,
Oesterr. Militärverfassung S. 414, Beil. Nr. 1. Im Texte S. 30"
weist Kurz das Stück dem Jahre 1426 zu. Ich glaubte dieses
mir unverständliche, bei Leber, Lexer und Schmeller-
Frohmann nicht erklärte Wort in «schallern» ändern zu
dürfen, aus dem es verlesen sein könnte.
2) Nach dem Testamente Jorig des Angerfelder aus dem
Jahre 1424 besass dieser, ein Repräsentant des reichsten Bürger-
tums , auch ein «rossgelider mitsambt dem vechtsattel und
darzu einen herwagen mit seiner zugehorung und auch was
zu der herhiitten gehört (UhlirE, 1. c. Bd. XXXI, S. 96).
3) UhlirZ, 1. c. Bd. XXV11I, S. 27 ff.
4) Vereinzelt hinterlässt im Jahre 1429 der Büchsen-
meister Hanns von Brünn seinen Kindern «zwo michel stain-
püxen» (Schlager, Wiener Skizzen, Bd. V, S. 39). Dabei
mag es sich aber um eine auf den Verkauf gemachte Arbeit
gehandelt haben, für die noch kein Käufer gefunden war.

den, das man die fürderlich und an verziehen sol
lassen giessen, als den mit maister Hansen daraus
geredt ist, damit die stat einen guten zeug habe,
und die nyembt leihen, denn alain der stat zu frumen
und notdurften nuczen.
Item, als man vorgeredt hat, das man ainen
ordenlichen guten puchsenmaister haben sol etc.,
darauf haben mein herrn Thoman von Passau3)
zu einem puchsenmaister aufgenommen.» Nachdem
der Kammeramtsrechnung des Jahres 1445 einver-
leibten Inventare6) bestand der Stadt Zeug:
1. aus kupfernen Büchsen:
Virtailpüchsen.2 Stücke
Klain kuphrein püchsen auf redlein 9 ,,
Puchsen, neu gefasst .77) »
Hagkenpüchsen.5
Zusammen 23 Stücke.
2. aus eisernen Büchsen:
Püchsen, alt.4 Stücke
Virtailpüchsen.1 „
Grosse alte puchsen.1 ,,
Alt hagkenpüchsen.3 ,,
Alte püchsen an stil, in lad gefasst 18 „
Summa 27 Stücke.
Dazu kommen 4 im Jahre 1445 gegossene neue
Büchsen («ain stainpuchsen, zwo lclaine stainpuchsen
und ain terraspüchsen»), so dass mit Ende 1445 der
städtische Artilleriepark 54 Geschütze umfasste.
Auch auf die Aufnahme von Söldnern richteten
die Ratsherren im Jahre 1442 ihre Aufmerksamkeit.
«Item von des Philippko wegen, der vil kunt-
schaft und gelegenheit der veint hat und ein tetiger
gesell und versucht ist, das man dem an verziehen
schreiben und hervordern sol. Und ob er sich her-
ziehen und mit dreien pherden ain gleichen und
zimlichen jarsold nemen wolt, so sol man in auf-
nemen und halten.
Item von des Ebser wegen ist beredt, das man
dem auch an verziehen schreiben und bitten sol, das
er sich her zu dem rat füge; ob sy im uberkomen
mochten, das er d.er stat hie hauptman sein
wolt umb ein gleichs gelt, das der stat zu geben
sei und auf ettlich person und pherd, des der
rat mit im ainig mag werden, so sol er zu ainem
haubtman der stat werden aufgenomen auf ain jar,
wann sy gut vertrawn zu im haben, nachdem und
er sich vor gegen den veindten gehalten und zu Zu-
richtung der stat wol wiss zu raten.»
Bezüglich der städtischen militärischen Organi-
sation ergiebt sich also nach dem Sitzungsprotokolle
des Jahres 1442 die Aufstellung eines Obersten
5) Ein Büchsenmeister namens Thomas Kren erscheint
in den Jahren 1444—1462 in den Diensten der Stadt. UhlirZ,
1. c. Index.
°) UhlirZ, 1. c. Bd. XXVIII, S. 28 u. 29.
’) Fehlen im Inventare des Jahres 1444; dagegen wer-
den im Inventare des Jahres 1444 «aine kleine püchsen und
ain püchsen, scheust drei kugeln mit aim zuntloch» ange-
führt, die im Inventare von 1445 fehlen.
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