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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 8
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Schalk, Karl: Die historische Waffensammlung der Stadt Wien im Zusammenhange mit der militärischen Organisation der Stadt, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0324

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

keine Armbrüste für den Kriegsgebrauch, sondern nur
zwei deutsche Jagdarmbrüste aus dem 16 Jahrhundert
(Kat.-Nr. 700 und 701) und drei Balästern (Kat.-Nr. 722).
Das Museum besitzt ferner nur einen messingenen
Hakenbüchsenlauf Kat.-Nr. 141; ‘) ein zweiter sub
Kat.-Nr. I32a (Eisen) ist dem Heeresmuseum ent-
lehnt; sonst besitzt die Sammlung von datierten
Feuerwaffen vor 1648 nur eine Muskete mit Jahres-
zahl 1556 in neuerer Schrift (Kat.-Nr. S87), italienische
Reiterpistolen mit Jahreszahl 1567 (Kat.-Nr. 703 und
704), zwei Radschlosspistolen mit Jahreszahl 1581
(Kat.-Nr. 720 und 721) und eine gezogene Rad-
schlossbüchse von Mathes Mantl mit Jahreszahl 1648
(Kat.-Nr. 715).
Tausend Stück Musketen mit der Jahres-
zahl 163g und «dem brand und bemerkung
der statt Wien» lieh diese im Jahre 1706 als
halber vierter 'Stand den niederösterr. Verordneten
nach dem ausgeschriebenen Aufgebot.* 2 3) Sie erhielt
dieselben nicht zurück, sondern wurde mit Geld ent-
schädigt.
Im 18. Jahrhundert modernisierte man die
Schlösser der älteren Zeit; als Beleg dient das Ge-
such des Rates an die Hofkammer, expediert den
15. November 1722,®) worin dieser daraufhinweist,
dass .«sich im burgerl. zeughauss an derzeit nicht
mehr üblichen mousqueten eine anzahl von 1350
circa befunden»; sie seien deshalb auf den Ge-
danken verfallen «selbe ad modernam formam bringen
und mit flintenschlössern versehen zu lassen, zu
deren beyschaffung sie dann nicht allein von Zell
in Sachsen,4) sondern auch auf annoch ermanglende
500 stuck hinten und so vil abgängige bajonetes von
Augspurg die würkliche bestellung gemacht haben».
Ein zweites Ansuchen,5 6) expediert den 23. April
1724, betrifft 1200 Flintenschlösser, die in Zell
bestellt wurden, um damit 1200 Stück Mousqueten
mit Luntenschlössern umzuschäften.
Von Schwertern sind Bidenhänder oder
Schlachtschwerter in grösserer Anzahl (295 Stücke
und dazu 8 Klingen) vorhanden; die Meisterzeichen
auf denselben, wie auf Stangenwaffen, die im Katalog
publiziert sind, sind zum geringsten Teile erklärt.0)
*) Abgebildet zu Kutzlnigg 1. c. S. 330, Fig, 8. Unter
den Büchsenlieferanten war im Jahre 1497 Sebald Pögl am
Törl bei Aflenz (Uhliris 1. c. Bd. XXIX, S. 50). Ueber ihn
Böheim in Zeitschr. f. h. W. Bd. I, S. 171 und Bd. II, S. 239.
*) Akt im Wiener St.-A. alte Reg. 112/1706.
3) Konzept im Wiener St.-A. alte Reg. 127/1722.
*) Zelle im 16. und 17. Jahrhundert berühmt wegen
Gewehrfabrikation, Ossbahr, Kat.des Zeughauses in Schwarz-
burg Xr. 870.
5) Konzept im Wiener St.-A. alte Reg. 55/1724.
6) Graf Meran 1. c. S. 86 teilte das im Kat. Fig. 12
abgebildete Schmiedezeichen dem in der Zeit von 1568—1599
als thätig nachweisbaren Peter Schreckseisen aus Wald-Neu-
kirchen bei Steinpach an der Steyr und das als Fig. 69 ab-
gebildete dem in den Jahren 1578—1607 nachweisbaren
Pangraz Taller, Bürger und Waffenschmied an der Sulz bei
Steyer zu (1. c. S. 88). Die Beschauzeichen der Städte Waid-
hofen an der Ybs (Mohrenkopf) und Steier (Balkenschild)

Klingen mit Namen weisen auf einen Solinger Meister
Namens Stantler7) (Kat.-Nr. 83, 103, 119, 125, 128,
129, 132 und in Gr. Nr. 583); auf Nr. 83 ist auch ein
Schmiedezeichen (Kat. S. 15 Fig. 15). lyn Schwert
trägt die Jahreszahl 1628. Von Solinger Meistern
ist (Kat.-Nr. 1270) auch vertreten Peter Munich mit
der Klinge eines Haudegens aus der Zeit von 1615
bis 16288 *) und einer zweiten nicht datierbaren (Kat.-
Nr. 789 und 790), dann mit einer Hirschfängerklinge
mit Bischofskopf (Kat.-Nr. 1270).
Die Sammlung besitzt nur vier ganze Harnische,
von welchen zwei unter den Prunkwaffen schon be-
sprochen wurden (Kat.-Nr. 592 und 593).
Die ältesten ganzen Harnische der Sammlung
(«Kürisse») sind ein vollständiger gotischer
Rciterharnisch5) (Kat.-Nr. 24) und ein voll-
ständiger Maximiliansharnisch10) (Kat.-Nr. 14).
Von diesen beiden Stücken ist nicht zu eruieren,
wann sie in die Sammlung kamen, und es lässt sich
auch keine Vermutung darüber anstellen, wer sie
getragen habe. Von den halben Harnischen aus der
Zeit Maximilians I. ist Kat.-Nr. 50 abgebildet.11)
Bedeutenderes Interesse beanspruchen die mit
Jahreszahl 1546 versehenen,, im Kataloge als
«Bürgerharnische» bezeichneten landsknechtischen
Halbharnische Kat.-Nr. 187—191, 195, 197, 198,
199, 285 in Gr. 296, 297, 298 und 299, zusammen
14 Stücke, und mit Jahreszahl 1571 Kat.-Nr. 306
bis 308, 326-329, in Gr. Nr. 390—404, 529 ad 532,
in Summa 12 Stücke, und ausserdem die Sturmhauben
Kat.-Nr. 302, 310, 311 in Gr. Nr. 312, 313, 314:
7 Stücke. Die Harnische des Jahres 1546 haben
«der Stadt Wappen, numero und jarzal» von Augustin
Hirschvogel cingeätzt. Es waren ursprünglich 68
Stücke, von diesen bezog die Stadt 60, und zwar
«rück und krebs sambt den achsein und sturm-

erfahren wir aus Urkunde vom Jahre 1544 in Jahrbuch für
Landeskunde von Niederösterr. Jahrg. I, S. 129 Nr. 81.
Auch die Wiener Messerer führten den Balkenschild, zum
Unterschiede von den Steirern mussten sie den Schild rot
und den mittleren Strich weiss aufschlagen (Jahrb. d. a. K.
Bd. XVII, Reg. Nr. 15234).
7) Nach Ehrenthal, Führer durch das historische
Museum in Dresden S. 155 und 272, arbeitete er um 1560.
Bei Cronau fehlt der Name.
s) Beschrieben von Böheim, Meister der Waffen-
schmiedekunst S. 149.
9) Böheim, Waffenkunde S. 149, abgebildet als Harnisch
der Bürgerwehr in Weiss, Geschichte der Stadt Wien Bd. I,
Taf. XVI zu S. 372, und zu Kutzlnigg 1. c. Taf. XVI. Als
naheliegendes Vergleichsmaterial: Böheim, Führer durch
die kaiserl. Waffens. Nr. 41, 43 und 45, Böheim, Ein goth.
Feldharnisch in Zeitschr. f. li. W. Bd. I, S. 210 aus der
Zeit zwischen 1480 und 1490, ferner eine St. Florian-
brunnenstatue mit Jahreszahl 1498 vom Graben in Wien
in den städt. Sammlungen Abt. II, ygl. Engelmann im
Wien. Neuj. Alman. 1898, S. 65, und Dürer, Ritter, Tod und
Teufel aus dem Jahre 1513.
10) Böheim, Waffenkunde S. 152. Vergleichsmaterial:
Böheim, Führer Nr. 67, 121 und 128 und Kasser, Der
Harnisch des Lorenz Colman aus der Zeit zwischen 1490 und
1508 in Zeitschr. f. h. W. Bd. I, S. 34.
u) Zu Kutzlnigg 1. c. Taf. XVII.
 
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