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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

DOI Heft:
Heft 8
DOI Artikel:
Forrer, Robert: Studienmaterial zur Geschichte der Mittelalterwaffen, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0329

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8. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

311

zehnten zwischen Schififspanzer und Schiffsgeschütz
abgespielt hat, vollzog sich in früheren Jahrzehnten
und Jahrhunderten zwischen Hiebwaffe (Schwert, Beil,
Stangenwaffe etc.) resp. Geschütz (Armbrust, Gewehr,
Pistole) einerseits und Panzerrüstung (Helm, Ring-
panzer, Schienenrüstung, Lederkoller) andererseits.
Die Waffengewichte sind gewissermassen
das unsere Waffenkunde kontrollierende
Spiegelbild der Waffengeschichte.
Welche Bedeutung man nun den Waffenge-
wichten schon früher gab, mag folgende Notiz be-
zeugen, die ich bei Ammianus Marcellinus (Röm
Geschichte) finde. Dort heisst es bei Erzählung von
Greuelthaten des Kaisers Valentinian (geb. 321,
reg. 364, gest. 375): «. . . . Den Vorsteher einer
Waffenfabrik, der ihm (Valentinian) einen trefflich
gearbeiteten Brustharnisch überreichte und deshalb
eine Belohnung erwartete, liess er (Valentinian) aus
dem Grunde hinrichten, weil das eiserne Probe-
stück ein etwas geringeres Gewicht hatte,
als von ihm (dem Kaiser) vorgeschrieben
war_> (XXIX, 3).
10. Waffengeschichtliche Miniaturen aus dem
Hortus Deliciarum der Herrad von Lands-
berg, 1159—1180.
Mit dem vergangenen Jahre 1900 ist ein Werk,
das vor 27 Jahren begonnen wurde, nun vollendet
worden, ist der « Hortus deliciarum » der Herrad
von Landsberg uns neu erstanden! Das Original
dieses wunderbaren Bilderkodexes ist bekanntlich 1870
beim Bombardement Strassburgs mit der Strassburger
Bibliothek verbrannt, uns heute also gänzlich ver-
loren. Aber Faksimiles, welche teils schon im ersten
Viertel des XIX. Jahrhunderts Engelhard, teils später
Graf Bastard und andere genommen hatten, haben

uns von den 336 Miniaturen ungefähr 260, also mehr
als zwei Drittel des einstigen Bestandes, in guten
Kopien gerettet. Diese Faksimiles hat unsere «Ge-
sellschaft zur Erhaltung der historischen Denkmäler
im Eisass » unter der Leitung der Canonici A. Straub
und G. Keller gesammelt und in einem grossen
Folio-Tafelwerke, das sich aus 113 Tafeln und 103
Textseiten zusammensetzt, einem weiteren Studium
zugänglich gemacht.1)
Für die mittelalterliche Ikonographie, Kostüm-
geschichte u. s. w. ist dies Werk von grösster Be-
deutung; hier möchte ich nur auf dessen eminenten
Wert für die Geschichte der Waffenausrüstung
hinweisen, indem ich eine Anzahl Faksimile-Cliches
zum Abdruck bringe, welche nach dem obigen
Werke hergestellt sind und teils dem Prospekte der
Verlagsfirma Schlesier & Schweikhardt, teils meiner
Schrift über den Odilienberg entnommen sind.2)
Der Hortus deliciarum entstand auf dem Odilien-
berg im Kloster zu St. Odilien, wo Herrad von Lands-
berg im 12. Jahrhundert Aebtissin war. Nach Canonicus
Keller sind als Herstellungszeit dieses Bilderkodexes
die Jahre 1159 bis 1180 anzunehmen. Die Minia-
turen sind zum grossen Teil symbolischen Inhaltes,
veranschaulichen aber sichtlich getreu Gewänder,
Waffen, Sitten, Werkzeuge etc. des XII. Jahrhunderts.
Neben Genauigkeit der Darstellung zeichnen diese
Miniaturen sich aber auch durch Schönheit aus und
es giebt wohl wenig lebensvollere Darstellungen
eines Reiterkampfes des XII. Jahrhunderts als das
hier unter Fig. 8 wiedergegebene Miniaturfaksimile,
in welchem wir zwei feindliche Reitertruppen auf-
einanderprallen und sich mit Spiess und Schwert
bekämpfen sehen (Forrer, Odilienberg, Tafel XV).
Die Ritter tragen teils nach oben spitze, teils oben
abgerundete Helme mit langen Nasenschutzstangen.


Fig. 8.

>) «Hortus deliciarum par l'abbesse Herrade de Lands-
berg; publie aux fais de la societe pour la Conservation des
monuments historiques en Alsace; texte explicatif par les
chanoines A. Straub et E. Keller. 113 pl. et 103 pages de
texte explicatif. . Strasbourg, Schlesier & Schweikhardt.

2) Vgl. R. Forrer, Der Odilienberg, seine vorgeschicht-
lichen Denkmäler und mittelalterlichen Baureste, seine Ge-
schichte und seine Legenden. Strassburg i. E., Verlag von
K. J. Trübner, 1899.
 
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