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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 9
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Sixl, P.: Zur Geschichte des Schiesswesens der Infanterie: Vortrag gehalten im militär-wissenschaftlichen Vereine zu Kaschau im Wintersemester 1900/01
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0346

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328

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

II. Band.

schäften, welche alljährlich ein feierliches Vogel-
schiessen abhielten, wobei «wer am schärfsten in
den Papagei getroffen», Befehlshaber der Bruder-
schaft wurde.
Im British Museum befinden sich zwei Abbil-
dungen aus der Zeit 1320—1330, welche das Vogel-
schiessen mit Bogen und Armbrust zur Darstellung
bringen. Fig. 2.1)
Der Bogenschütze schiesst nach einem Hahn,
der Armbruster nach einem kleineren Vogel.
Eine schlesische Kirchen-Chronik berichtet, dass
um das Jahr 1286 das erste Armbrustschiessen nach
einem auf eine Stange aufgesteckten Vogel zu
Schweidnitz unter dem
schlesischen Plerzoge
Bolko I. stattgefunden
hat,2) welche Schiess-
übung — nach Martinus
Zeilerus — auch bei
anderen Städten um
diese Zeit Verbreitung
gefunden.3)
Das Vogelschiessen
erscheint als ernste bür-
gerliche Waffenübung
und wird aus dieser Ur-
sache von den Landes-
herrn und Obrigkeiten
eingeführt und geför-
dert.
Wynrich von Knyp-
rode, der Hochmeister
in. Preussen, Hess im
Jahre 13 54 in allen
Städten Schiessbäume
aufrichten und einen
Vogel aufsetzen, «von
PIolz gehauen, wie eine
Plenne so gross, mit aus-
gerackelten Flügeln»,
«wer das letzte Stück
abschoss, der sollte
König sein das ganze
Jahr, einen übergülten Vogel an einer silbernen Kette
an Feiertagen am Halse tragen und zunächst dem
Rathe in der Prozession gehen.» 4)
Im 15. Jahrhundert wird das Vogelschiessen
bei den Deutschen, Böhmen und Polen allgemein.
Nach Aufkommen und grösserer Verbreitung
der Handfeuerwaffen versuchen auch die Büchsen-
schützen, den Stangenvogel zum Ziel zu nehmen,

*) Georg Agar Hansard, The Book of archery.
London 1841. T. XIX.
2) J. Ch. Hendel, Archiv für deutsche Schlitzengesell-
schaften. Halle 1800 —1803. II. 16 ff.
3) J. F. Erdmann, Versuch einer umständlichen Histo-
rie von öffentlichen Armbrust- und Büchsenschiessen. Leipzig
1737- iS-
4) Dr. P. Gehrke, Danzigs Schützenbrüderschaften in
alter und neuer Zeit. Danzig 1895. 3.

allein die grosse Schwierigkeit, mit der Plandbüchse
den Vogel abzuschiessen und die notwendigen
Sicherungsmassregeln Hessen die schon damals üb-
liche runde Idolzscheibe für die Feuerwaffe bequemer
erscheinen. In der Ordnung der Büchsenschützen zu
München vom Jahre 1563 heisst es: Das Vogel-
schiessen soll künftig nur mehr einmal im Jahre,
nämlich am St. Jakobstage, gestattet sein.»5) Das
Vogelschiessen entwickelt sich indessen in anderer
Form weiter.
Adel und Geistlichkeit hatten das Armbrust-
schiessen als sportliches Vergnügen angenommen,
das Vogelschiessen insbesondere wurde diesen
ein «vornehmes Ritter-
spiel», «eine ergötzliche
Kurzweil».
Es entstehen die
grossartigen Vogel-
schiesscn des 16. Jahr-
hunderts , welche in
Wort und Bild viel-
fach beschrieben, eine
lebendige Darstellung
damaliger Schützen-
feste bieten, deren kul-
turelle Seite äusserst
interessant, deren mi-
litärische Bedeutung je-
doch belanglos ist.
Es sei kurz erwähnt,
dass man anfangs als
Ziel den einköpfigen,
später den zweiköpfigen
heraldischen Adler mit
Krone, Zepter und
Schwert aufsetzte, dass
die einzelnenTeile einen
verschiedenen Wert
hatten und in bestimm-
ter Reihenfolge abge-
schossen werden muss-
ten. Oftmals wurden
mehrere verschieden
gefärbte Vögel aufgerichtet; die Vog.elstange war
20—50 Fuss hoch.
Auch noch in jüngster Zeit wurden Vogel-
schiessen mit der Armbrust abgehalten; es sei das
glänzende Vogelschiessen während der Kongresszeit
in Wien im Jahre 1815 erwähnt, welches im Augarten
vor den versammelten Fürsten abgehalten wurde und
bei welchem ein Sohn des treuen Hofer den ersten
Preis errang.0)
Einzelne Schützengesellschaften, z. B. in Böh-
misch Leipa, begehen heute noch einmal im Jahr
5) E. v. Detouches, Münchens Schtitzenwesen und
Schützenfeste. Festzeitung für das siebente deutsche Bundes-
schiessen. 1881. 74.
6) H. Edelmann, Schützenwesen und Schützenfeste der
deutschen Städte vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. Mün-
chen 1890.



Fig. 2. Abbildungen von Vogelschiessen aus dem British Museum.
(1320—1330.)
 
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