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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 10
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Rose, Walther: Die Bedeutung des gotischen Streitkolbens als Waffe und als Würdezeichen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0379

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Die Bedeutung des gotischen Streitkolbens als Waffe
und als Würdezeichen.
Von Regierungsrat Dr. Walther Rose in Berlin.


u den beliebtesten Kurzwaffen,
welche im Nahkampfe wirk-
same Verwendung fanden,
gehört von altersher der
Streit kolben. Der-
selbe erscheint, von der
einfachen Keule als der
ältesten Waffe angefangen,
im Laufe der Jahrhunderte
im westlichen Europa1) in
immer abwechselungsreicherer und mannigfaltigerer
Gestalt, bis wir ihn zur Zeit des 15. und Anfang
des 16. Jahrhunderts, der Blütezeit der edlen Waffen-
schmiedekunst, in seiner schönsten Formvollendung
und edelsten Gestaltung, in der reinen gotischen
Gliederung des sog. Kürissbeng'els (Faustkolben)
erblicken.
Den Kopf desselben finden wir ringsherum ge-
wöhnlich mit sechs bis acht Schlagblättern besetzt,
die, dem Stile der Zeit entsprechend, in mehr oder
minder vorspringende Zacken auslaufen, welche
letztere wieder in Dreipass- oder Fischblasenform
durchbrochen sind. Oft sind auch die Spitzen der
Hiebkanten sehr geschmackvoll in Sternform ge-
zähnt oder zierlich in Lilienform geschmiedet, so
dass es scheint, als ob die kunstfertigen Waffen-
schmiede jener streitbaren Zeit gerade dieser
Waffe ihre besondere Fürsorge haben angedeihen
lassen.2) ,
In umstehender Abbildung (siehe Figur 1) ge-
statten wir uns mehrere charakteristische Exem-
plare derartiger gotischer Streitkolben aus der
Sammlung des Verfassers zu veröffentlichen und

!) Die orientalischen Streitkolben und die denselben
von den Magyaren und den slavischen Völkern entlehnten
ähnlichen Formen lassen wir in diesem Artikel zunächst
ausser Betracht.
2) Siehe insbesondere in dem Werke: Engraved Illu-
strations of antient arms and armours from the Collection of
Llewelyn Meyrick at Godrich Court. Herfordshire etc. (London
1833) auf Tafel 82 die mannigfaltigen Formen gotischer Streit-
kolben aus dem 15. und 16. Jahrhundert.

dieselben mit kurzen erläuternden Worten zu be-
gleiten.
Nr. 1 und Nr. 2 sind miteinander fast gleich.
Der Kopf des achteckigen Schaftes zeigt acht Schlag-
blätter mit kurzen Ansätzen und grösseren Vor-
sprüngen in der Mitte, letztere durch Löcher in
Kleeblattform durchbrochen. Die Spitze in Gestalt
einer Eichel. Zum Schutze des lederüberzogenen
Handg'riffs ein runder gekerbter Handteller mit Loch
für den Faustriemen. Am unteren Ende des Schaftes
auf beiden Kolben zweimal die viereckig tief ins
Gesenk geschlagene Waffenschmiedsmarke in Form
eines N- also ähnlich der Marke des Wilhelm von
Worms (siehe Boeheim, Handbuch der Waffenkunde,
Seite 654).
Gesamtlänge: 62 bezw. 56 cm. — Gewicht:
je 1,600 kg.
Nr. 3 ist in seiner äusseren Form den vorigen
sehr ähnlich, doch zierlicher gearbeitet. Der Schaft
ist gedreht, der Kopf hat nur sechs Schlagblätter,
der Flandteller mit eingehauenem Ornament und Loch
für den Faustriemen.
Gesamtlänge: 53 cm. — Gewicht: 0,760kg.
Nr. 4 besitzt einen Kopf mit profilierter Spitze
und sechs nach der Mitte eckig vorspringenden,
ausgezackten und sternförmig durchbrochenen Schlag-
blättern, welche sich weit nach unten verjüngen und
auf einer kleinen Scheibe stehen. Der Schaft oben
und unten vierkantig, in der Mitte rautenförmig mit
Auskehlungen. Der gezackte Handteller sechsfach
durchbrochen.
Gesamtlänge: 54cm. — Gewicht: 1,250kg.
Nr. 5 zeigt einen gedrehten Schaft, der Kopf
mit sechs durchbrochenen Schlagblättern in Stern-
form gezackt. Die Spitze eichelförmig, der ge-
kerbte Flandteller mit Loch für den Faustriemen.
Diese Waffe scheint im ernsten Kampfe gebraucht
worden zu sein, da einzelne der grösseren Zacken
an den Spitzen lädiert sind.
Gesamtlänge: 54cm. — Gewicht: 0,760kg.
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