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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 2.1900-1902

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Heft 12
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https://doi.org/10.11588/diglit.37716#0473

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12. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

453

Notes on roman and medieval military ingines
by Robert Coltman-Clephan, F. S. A. New-Castle upon
Tvne and London, Andrew Rcid & Comp. 1902.
Der als Forscher auf dem Gebiete der historischen
Waffenkunde schier unermüdliche Verfasser veröffentlicht
in genannter Schrift einiges über römische und mittel-
alterliche Kriegsmaschinen, wobei er sich auf geschicht-
liche Quellen, sowie zeitgenössische Abbildungen stützt. Es
sind besonders drei Arten: ingines1), die uns Mr. Coltman-
Clephan in Wort und Bild vorführt: the catapulte2) (die
Torsionswurfmaschine), the ballista3) (die Bogenwurfmaschine),
und the onager4) (die Schleudermaschine). Diese military
ingines bildeten die Artillerie der alten Kulturvölker und
waren besonders bei der Belagerung fester Plätze in Ge-
brauch, bis die Erfindung des Schiesspulvers andere Schiess-
werkzeuge an ihre Stelle setzte. Die dabei angewandten
Systeme erhielten sich indes, wie der Verfasser anführt,
noch Jahrhunderte hindurch an den Handwaffen. So wurde
der Balläster neben dem Feuergewehr bis ins 17. Jahr-
hundert zur Vogeljagd gebraucht, die Armbrust5) (engl.
x) Ingine ist abgeleitet von ingenium — gescheiten
Einfall.
2) Catapulte, von xaiannXzrjQ [xmanikxrj^ — Hinaus-
schleudem.
3) Ballista, Balläster, von arcuballista — Bogenwurf-
maschine.
4) Onager stammt von üvayQog (ö’pog — Esel, aygiog —
wild) also Wildesel. Mit uvayQog bezeichneten schon die
Griechen eine Kriegsmaschine, mittelst welcher Steine abge-
schossen wurden. Ammianus Marcellinus (330—400), der eine
Fortsetzung zu Tacitus’ Geschichtswerk schrieb, erklärt 23. 4. 7.
die Entstehung des eigentümlichen Wortes.
5) Über die Ableitung des Wortes «Armbrust» bestehen
unter den Fachgenossen noch Meinungsverschiedenheiten.
Unseres Erachtens ist das Wort keinesfalls auf die Grund-
form arcuballista zurückzuführen. Gegen diese Annahme
sprechen zunächst die Laute beider Wörter, die miteinander
nichts gemein haben, als den Anfangsbuchstaben a; ferner
aber der schwerwiegende Umstand, dass man jederzeit
zwischen Armbrust und Balläster scharf unterschied und
dass doch zwei grundverschiedene Worte und Begriffe nicht
gut eines und desselben Ursprungs sein können. Da schon
im 16. Jahrhundert die Armbrust häufig «Rüstung» oder
«Rüstung zum Schiessen» genannt wird und im 17. Jahr-
hundert die Bezeichnung «Ganze-, Halbe-, Viertelrüstung» sich
einbürgert, so führen wir, wie Boeheim, die Endsilbe r u s t
auf das deutsche rüsten, Gerüst, Gerüst zurück.
Die erste Silbe des Wortes Ar mb ist wahrscheinlich aus
dem französischen a r b r i e r, zu deutsch Säule, abge-
leitet. Heisst doch der Schaft der Armbrust mit seiner
technischen Bezeichnung noch heute so. Unter arbalöter
versteht man«den Dachstuhl mit Säulen versehen!» Über-
dies deuten handschriftliche Aufzeichnungen, die bereits
von Boeheim und Jähns gewürdigt worden sind, darauf hin,
dass die Waffe etwa im 10. Jahrhundert zuerst wieder in
Frankreich als Kriegswaffe in Gebrauch kam, nachdem man

crossbow, d. h. Kreuzbogen) findet zum Schiessen auf
Holzvögel sogar noch in der Gegenwart Verwendung. Des
weiteren geht der Verfasser auf die verschiedenen Systeme
der Sehnenspannung mittelst Flaschenzug, Winde und Gais-
fuss über. Zum Schluss werden noch aufgeführt: The
caltrap or crowsfoot (römische Fussangel oder Krähenfuss),
the battering ram (der Kriegswidder) und the testudo (das
Schilddach, die Schildkröte). Erstere wurde vor einiger
Zeit bei Cheresford ausgegraben, eine Darstellung des Wid-
ders findet sich auf dem zur Verherrlichung des Kaisers
Septimus Severus 203 errichteten Triumphbogen, unter
testudo versteht man eine enge Vereinigung von Soldaten
mit ihren Schilden, um sich bei Annäherung an den Wall
und beim Ersteigen der Mauern vor den Geschossen der
Belagerten zu decken; hier weist der Verfasser auf eine
Abbildung an der Säule des Marcus Aurelius (161—180) hin.
Die unten angegebenen ethymologischen Erklärungen
decken sich mit Ausnahme derjenigen über den Ursprung
des Wortes «Armbrust» mit den Ausführungen des Ver-
fassers.
Besonders in England, das einer umfassenden Litte-
ratur über die Entwicklung der Kriegskunst und die Ge-
schichte der Bewaffnung der Völker, wie wir sie in Deutsch-
land und Österreich haben, noch entbehrt, wird das Er-
scheinen der durchaus wissenschaftlich gehaltenen Schrift
mit Interesse begrüsst werden. Aber auch wir Deutsche
finden manches Neue und Anregende darin, und es möge daher
die fleissige Arbeit unseres verehrten Mitglieds, Mr. Colt-
man-Cl’ephan allen Fachgenossen aufs wärmste emjafohlen
sein. M. v. E.

Anzeige eines neuen Werkes von J. H. von Hefner-
Alteneck.
Unser Ehrenmitglied, Geheimrat von LIefner-Alteneck,
hat sich bereit finden lassen, trotz seines hohen Alters
nochmals seine Kräfte in den Dienst der Waffenkunde
zu stellen. Wir alle haben oft und in dankbarer Gesinnung
seine Werke benutzt. Aber mit mir hat gewiss mancher
bedauert, dass das Zusammensuchen gleichartiger Abbildun-
gen bei ihrer Zerstreuung über mehrere Bände eine rasche
Übersicht unmöglich machte. Nun soll uns in chronologi-
scher Folge vorgeführt werden, was wir vorher zwischen
anderen Dingen eingefügt fanden. Es wird also eine Art
Bilderatlas zur Waffenkunde entstehen.
An uns nun wird es liegen, ob dieses Werk zustande
kommen kann oder nicht. Nur bei einer genügenden Zahl
von Bestellern kann der Verlag an dessen Herstellung den-
ken. Es scheint mir, als müsse jetzt der Verein beweisen,
dass er für seine Mitglieder, noch dazu für sein einziges
Ehrenmitglied einstehen kann. Deshalb halte ich es für
meine Pflicht, die Ankündigung der Verlagsfirma den Lesern
zur Beachtung zu empfehlen. Koetschau.
vier Jahrhunderte nichts von ihr hört; ein Umstand, der
gleichfalls zu Gunsten unserer Annahme, dass das Wort z. TI.
aus dem Französischen abgeleitet ist, spricht.
 
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