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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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4. Heft
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Aubert, Andreas: Über Norwegische Bauernkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0137

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Heft 4

Über Norwegische Bauernkunst

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Überlegenheit über die Stadtkultur sichert, solange sie selbst ungestört auf ihrer eigenen
kulturellen Grundlage bleibt und ihre schöpferische Kraft besitzt. Sie hat in höherem
Grade als die Stadtkultur Zeit, das Fremde im eigenen nationalen Geiste umzubilden.
Niemand wird bestreiten wollen, daß über der norwegischen Bauernkultur, wie sie
ihren Ausdruck in den guten alten Bauernstuben und deren ganzem Hausgerät bis
auf den kleinsten Gegenstand gefunden hat, ein ausgeprägter Zug edler Sitte und
ererbter Selbstachtung liegt, ln bezug auf künstlerisches Stilgefühl zeigt sie sich
unserer modernen Stadtkultur vielfach überlegen.

An der vollen Würdigung unserer Bauernkultur fehlte es indessen wesentlich,
solange die maßgebenden Kunstautoritäten die Barock- und Rokokozeit — die Blüte-
zeit der norwegischen Bauernkunst — in dem Bann getan hatten und wenig Sinn
zeigten für ihre reiche Farbenfreude, bis unsere Volksmuseen die' Sammlungen' des
Kunstindustriemuseums in Kristiania weiter führten und immer klarer uns davon über-
zeugten, daß die Zeit nach 1650 für unsere norwegische Bauernkunst ein einziges
ununterbrochenes Emporwachsen und Aufblühen bedeutet und gar nicht, wie früher
behauptet, einen Verfall.

Wenn eine Anlage durch das Rokoko besonders ausgebildet wurde, so ist es
eben der malerische Sinn des norwegischen Volkes. Es lag in den anderen Verhält-
 
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