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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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6. Heft
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Lüthgen, Eugen: Die Lazarusschnelle des Jan Emens
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0196

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180

Der Cicerone

Heft 6

Flußgott. Außerdem bewahrt die Sammlung Kellner in Köln eine bezeichnete Pinte
desselben Jahres mit der Darstellung der Diana und einer Nymphe.'2) Den Komposi-
tionen dieser Darstellungen liegen Stiche des Virgel Solis zugrunde. Mit merkwürdiger
Stärke zeigt sich hier der Siegburger Einfluß. Denn obgleich diese Stiche in Sieg-
burger Werkstätten nicht benutzt wurden, sind dennoch in dem raumfüllenden Beiwerk
Siegburger Motive verwertet worden. Die in dortigen Werkstätten beliebten kleinen,
hochstämmigen Bäumchen, die sich so gut zur Füllung leerer Flächen eignen, hat
auch Jan Emens auf diesen Gefäßen des Jahres 1568 verwendet. Doch bedeut-
samer noch als hierin tritt der Siegburger Einfluß in der gewählten Gefäßform
zutage sowie in der Gliederung der zylindrischen Gefäßwandung, die durch feine
Säulchen oder Rahmenleisten in drei durch Rundbogen abgeschlossene Hochfüllungen
getrennt ist.

ln der Formensprache jedoch spricht sich schon in diesen frühesten der datierten
Arbeiten die ganze Eigenart des Künstlers aus. Bezeichnend ist vor allem die breite
und flächige Behandlung des Reliefs. Scharf markierte Umrißlinien, schmalstegige
Faltenzüge umschließen große, ungegliederte Flächen, besonders auf dem Krug mit
Aposteldarstellungen in der Sammlung Hetjens (Äbb. bei Falke, Tafel X). In den
nackten Figuren der Göttinnen verrät sich ein Streben nach eleganter Führung der
Silhouette. Man sieht, die Tendenz nach ornamentaler Wirkung beherrscht die
Komposition. Daher erscheint der menschliche Körper bisweilen in rein ornamentaler
Behandlung; die Haltung einzelner Glieder findet ihre Motivation oft nur in dem einen
Gedanken, in den leeren Raum als schmückende Form eingefügt zu werden.

So erscheinen diese frühen Arbeiten nicht frei von einem gewissen Schema-
tismus, der um so stärker auffällt, als einzelne formale Eigenheiten sich stets wieder-
holen. Die Augäpfel sind groß und rund, ein wenig hervorquellend; die Lider scharf
akzentuiert, das obere elegant geschwungen, das untere mehr kreisförmig. Das Haar
ist in einzelne Haarbüschel oder Strähne aufgelöst, dabei scharf ziseliert, ohne Rück-
sicht auf die weiche Stofflichkeit der Haarmassen.

Außer diesen drei bezeichneten Werken bewahrt der Louvre eine Schnelle, die
wenigstens datiert ist.1) In der Gefäßform und Gliederung, in ihrer Abhängigkeit von
Siegburg stimmt sie vollkommen mit den bezeichneten Werken überein. In den drei
Hochfüllungen sind drei Frauen dargestellt mit der Bezeichnung „Judith 1567", „Esther
1568“ und „Lukretia ein Römerin 1568“. Da die stilistischen Merkmale mit Sicherheit
auf Jan Emens weisen, ist diese Schnelle dem Künstler unbedenklich zuzusprechen.
Daß diese Louvreschnelle früher als die bezeichneten Arbeiten geformt wurde, ist
durch die Datierung erwiesen. Ein gewisser Unterschied in der Formensprache und
der technischen Ausführung macht sich bemerkbar. Die Reliefbehandlung ist weniger
breit und flächig, in gewissem Sinne weniger großzügig. Ein stärkeres Gefühl für
die plastische Wirkung in Verbindung mit der Freude des Künstlers an seinem hohen
technischen Können hat zu einer minutiösen detailreichen Behandlung der Einzelformen
geführt. Dem reichen Besatz der Renaissancegewänder ist bis in die feinsten Falten

) Äbb. bei Falke a. a. 0., S. 7.
 
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