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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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6. Heft
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Sammlungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0209

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Sammlungen

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Sammlung Mosle hat durchaus kunstgewerb-
lichen Charakter und schließt sich damit der
bereits recht stattlichen Zahl rühmlich bekannter
Japansammlungen in Europa an. Der Haupt-
nachdruck ist auf die Waffen gelegt. Es folgen
die Lacke, hauptsächlich durch die Gattung der
Medizinbüchschen — Iuro — repräsentiert,
Gewebe, einige Bronzen und Töpferarbeiten und
endlich eine bedeutende Sammlung von Farben-
holzschnitten.

Bei der großen Zahl vorzüglicher Werke
japanischer Kleinkunst, die im Laufe der letzten
Jahrzehnte nach Europa gelangt ist, ist es
wohl begreiflich, daß manche Kenner neuerdings
der Frage der Echtheit und der Zuverlässigkeit
der Bezeichnungen sehr skeptisch gegenüber-
stehen. Die außerordentliche Geschicklichkeit
des japanischen Kunsthandwerkers, die ihn zu
den erstaunlichsten Imitationen befähigt, ist be-
kannt genug, und man weiß auch, daß bei dem
konservativen Geist der Japaner der Stil eines
Kunstwerkes durchaus nicht allein maßgebend
für die Zeit seiner Entstehung ist. Äber man
muß andererseits auch bedenken, daß diesem

konservativen Sinne die Erhaltung für unsere
Begriffe unerhörter Mengen alter Kunstschätze
gedankt werden kann. Denn Japan kennt nicht
den bilderstürmerischen Geist, den jede starke
und selbstbewußte Entwicklung in sich trägt,
die Rücksichtslosigkeit, mit der eine neu schaf-
fende Gegenwart sich die Bahn frei macht durch
Zerstörung des ihr im Wege Stehenden. Und
dieses ,1m Wege stehen' selbst könnte in Japan
auch im buchstäblichem Sinne niemals so emp-
funden werden wie in Europa, weil das Kunst-
werk nicht zur dauernden Schaustellung ge-
schaffen wird, sondern wohlverwahrt in Seiden-
beutel und Kiste im Vorratshause ruht, um
nur bei besonderer Gelegenheit hervorgeholt
und gebraucht oder betrachtet zu werden. Es
kommt ferner hinzu, daß der Japaner die Ver-
wendung kostbarer Materialien, die so viele
Anlässe zur Zerstörung in sich tragen, nicht
kennt. Die umfangreichere Verwendung von
Gold wird geradezu als das Zeichen einer
Epoche des Verfalls angesehen. Im allgemeinen
gilt ein kunstvoll geschmiedetes Stück Eisen
für nicht minder wertvoll als irgend ein Edel-
 
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