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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0245

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vollen Rahmen, den die Ausstellungsleitung dem
Unternehmen zu geben gewußt hatte. Die Fülle
des Trefflichen, Geschmackvollen, Selbständigen,
das sich hier auf dem Gebiete des Dekorativen,
der Holzschnitzerei und Kunstschreinerei, der
Metallarbeit jeder Ärt, der Kunstdrechslerei,
Stickerei usw. dem Äuge darbot, bestätigte
jedenfalls in glänzendster Weise die Richtigkeit
der Erwägungen, die seinerzeit zur Einrich-
tung der kunstgewerblichen Meisterkurse ge-
führt hatten.

In den Sälen und Kabinetten, die in dem
neuen Künstlerhause der städtischen Gemälde-
galerie eingeräumt sind, können wir nunmehr
deren Bestände bequem und mit größerem Ge-
nuß, als bei der unzulänglichen früheren Auf-
machung im Rathause, überblicken. Sie stellen
sich im ganzen doch ansehnlicher dar, als
mancher vielleicht gefürchtet hatte, wenn sie
auch von dem, was man heutzutage unter einer
planmäßig geleiteten und systematisch ergänzten
modernen Galerie versteht, weit entfernt blei-
ben. Sind diese Bestände doch fast lediglich
durch den Zufall zusammengekommen. Unter
den Bildern des XVII. Jahrhunderts ragt nament-
lich Joachim von Sandrarts „Friedensmahl im
großen Rathaussaal“ hervor. Ebenso geben
Gemälde von dem wenig bekannten Lorenz
Hoß (von 1629) und Ruprecht Hauer (1685) den
berühmten großen Rathaussaal wieder. Auch
einige Bildnisse, darunter das des Ritters Wolf-
gang Münzer von Lorenz Strauch gehören noch
dem XVII. Jahrhundert an. Sehr reizvolle, kon-
geniale Schöpfungen sind sodann die feinen
Bildchen Johann Andreas Engelharts zu den
Werken der Nürnberger Volksdichter Grübel
und Weikert und vortrefflich und eindrucksvoll
die Kollektion von Werken Johann Adam Kleins.
Einen ausgezeichneten Platz hat nunmehr die
Krone der ganzen Sammlung, Feuerbachs Ätna-
zonenschiacht, gefunden. In dem gleichen,
großen Saale kommen auch die Gemälde des
1907 verstorbenen Ärchitekturmalers Paul Ritter,
darunter die „Einbringung der Reichskleinodien
nach Nürnberg,“ die von dem Treppenpodest
im Rathause gleichfalls hierher übertragen wurde,
auf das beste zur Geltung. Unter den Porträts
befindet sich manches gute Stück, so das Cra-
mer-Klett-Bildnis von Lenbach, Bildnisse von
Ludwig Kühn, Walter Geffcken u. a. Von den
neuesten Erwerbungen oder Stiftungen, durch
die die Sammlung gelegentlich der III. Bayerischen
Landesausstellung (1906) bereichert worden ist,
nenne ich ferner noch: Gilbert von Canal: „Dorf
Loenen im Spätherbst“, Schramm-Zittau:
„Schwäne“, Karl Albert von Baur: „Juratal“,
Hans von Bartels: „Der alte Leuchtturmwächter“,

Carl Marr: „Das Abendrot“ und Adolf Henge-
lers „Auslug“. Sehr gering sind noch die An-
fänge einer modernen Skulpturensammlung.
Möchte sie sich ebenso wie die Gemäldegalerie
in Zukunft eines raschen, fröhlichen Wachstums
zu erfreuen haben.

Neuerwerbungen des Germanischen
Museums im Jahre 1908. Reichen Zuwachs
erfuhr namentlich die Plastik, über die dem-
nächst ein ausführlicher und reich illustrierter
Spezialkatalog zur Ausgabe gelangen wird. In
das frühe XV. Jahrhundert führt uns die Stein-
figur der Maria mit dem Christuskinde und dem
kleinen Johannes aus der Sammlung Leinhaas,
aus der auch das Erasmus Grasser nahe ste-
hende bemalte Holzrelief mit der Geißelung
Christi für das Museum erworben werden
konnte. Gleichfalls dem Ende des XV. oder An-
fang des XVI. Jahrhunderts gehören eine Anzahl
wirkungsvoller Holzfiguren, eine schwäbische
heilige Barbara, ein oberbayerischer heiliger
Papst, die fränkischen lebensgroßen Figuren
Johannes’ des Täufers und des Apostels An-
dreas, sowie eine Madonna mit Kind von der
Ecke des Hauses Karolinenstraße 34 und Post-
gäßchen in Nürnberg an. Besondere Hervor-
hebung verdient sodann schon wegen der Sel-
tenheit solches Vorkommens im heutigen Kunst-
handel ein vollständiger Schnitzaltar mit der
Madonna zwischen Heiligen und einer Pieta, die
Außenseiten der Flügel bemalt, oberbayerisch
um 1530, neben dem weiterhin noch ein Relief
in Kelheimerstein mit der Kreuzschleppung, ein
lebensgroßer Kruzifixus, offenbar ein Werk des
Würzburger Meisters Johann Peter Alexander
Wagner (1730—1809), u. a. m. zu nennen wären.
Der Medaillensammlung des Museums konnten
aus den Auktionen der Sammlung Erbstein und
der Sammlung Löbbecke wertvolle Ergänzungen
zugeführt werden. Für die Gemäldegalerie
wurden namentlich ein paar Bilder des Els-
heimer-Schülers oder -Nachahmers Johannes
König („Joseph und das Weib des Potiphar“,
und „Susanna im Bade“), für die Abteilung
kirchlicher Altertümer das interessante Ochsen-
furter silbervergoldete, gotische Ziborium, sowie
das silberne Augsburger Reliquiar um 1700,
beide aus der Sammlung Greb (Äuktionskatalog
Nr. 165 und 172), für die Waffensammlung eine
eiserne Kanone, sowie eine Ochsenfurter Tau-
sche (Katalog Greb Nr. 933) aus dem XV., der
eiserne Lauf einer Wallbüchse aus dem XV.—XVI.
Jahrhundert, für die Sammlung von Hausgeräten
ein Keuschheitsgürtel aus dem XVII.—XVIII. Jahr-
hundert u. a. m. erworben. Als eine ganz her-
 
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