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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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292

Der Cicerone

Heft 9

der Lebendigkeit des Ausdruckes diese Madonna
als ein Werk der Übergangszeit. Nach Mr.
Roger Fry, der über das Bild im Bulletin des
Museums geschrieben hat, ist es etwa vom
Ende der siebziger oder dem Anfang der
achtziger Jahre des XIV. Jahrhunderts zu datieren.

Ein Cassone aus drei Stücken stellt Szenen
aus dem Leben König Nebukadnezars vor und

ist eine interessante umbrische Malerei etwa
aus dem Anfang des XV. Jahrhunderts. Der
unbekannte Künstler arbeitete augenscheinlich
unter dem Einfluß Fiorenzos di Lorenzo. Von
dem seltenen Meister Pietro di Domenico di
Montepulciano stammt eine bezeichnete Ma-
donna mit dem Kinde, von Engeln umgeben,
von welchen zwei musizieren, zwei anbeten
und zwei die Krone halten. Sie sind sorgsam
auf dem goldenen Grund aufgemalt. Die Ver-
mutung, daß Pietro di Domenico zur umbrischen

Sdiule gehöre, aber dem Einfluß Sienas unter-
legen sei, vielleicht durdx Älegretto Nuzi, ge-
winnt durch dieses seltene Bild mit seiner
reichen dekorativen Ausarbeitung an Wahr-
scheinlichkeit.

Das unlängst erworbene Bild des Herzogs
Cosimo von Bronzino stellt den Herzog in
reicher Rüstung dar, den rechten Arm auf-
gestützt und die Hand am Helm, das
Haupt nach links gewendet. Dieses Ge-
mälde, das vorzüglich erhalten ist, ge-
hört zu einer Reihe von ähnlichen Dar-
stellungen Cosimos. Sein ausgezeichneter
Stil und die meisterhafte Ausführung
weisen ihm unter Bronzinos besten
Bildnissen einen Platz an.

Gegenwärtig sind als Leihgaben
Mr. Morgans zwei Bilder ausgestellt,
eine Beschneidung von Catena und eine
Madonna mit dem Kinde aus der Schule
Botticellis. Die Beschneidung ist die
Wiederholung des gleichen Gegenstandes
auf den Bildern im Palazzo Doria in
Rom und der National-Galerie in Lon-
don, jedoch mit der Ausnahme, daß
dieses Exemplar einen landschaftlichen
Hintergrund besitzt. Das Schulbild
Botticellis ist eine Wiederholung des
zweifelhaften Botticelli „Madonna und
Kind in der Nische“ im Palazzo Co-
lonna in Rom.

Die niederländische Malerei wird
bei den letzten Erwerbungen repräsen-
tiert durch ein kleines Gemälde „Legende
aus dem Leben eines Heiligen“ (des

heiligen Nikolaus von Bari1), das etwa

auf 1520 zu datieren ist. Das Werk
wurde versuchsweise dem Meister einer
in München befindlichen und Henricus
Blesius bezeichneten Anbetung zuge-
wiesen. Diese Zuweisung erscheint

wohl berechtigt, denn die moderne
Kritik hat gezeigt, daß dieser Maler
von dem Landschaftsmaler Herri met
de Bles völlig verschieden ist und

er wird daher gelegentlich der „Pseudo-
Bles“ genannt. Ihm sind einige wenige Bilder
zugewiesen: „Die Anbetung“ in München,

zwei Flügel eines Triptychons in der Samm-
lung Pourtales, eine Enthauptung des Täufers
in der Sammlung Hainauer und vielleicht die
Geburt Christi in der Sammlung Cook in Rieh-
mond. Die Zuweisung des letzteren Bildes

■*) Die Herren Dr. Flechsig und J. Kurzwelly hatten die
Freundlichkeit, uns diese genaue Erklärung des Bildes
anzugeben. D. Red.

PIETRO DI DOMENICO DI MONTEPULCIANO,
Madonna □ New York, Metropolitan museum
 
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