Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0364
DOI Heft:
11. Heft
DOI Artikel:Zimmermann, Ernst: Rheinisches Steinzeug
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Der Cicerone
Heft 11
Die Resultate dieser Arbeit sind nun etwa
folgende:
Zunächst werden ganz allgemein die bis-
her so umstrittenen Verdienste der Hersteller
des rheinischen Steinzeugs um die Erfindung
der künstlerischen Formen ihrer Erzeugnisse,
sowie auch um die Herstellung der Werk-
zeuge zu ihrer Gewinnung erörtert. Fest
steht jetzt, daß die Erfindung der eigent-
lichen Grundformen, der Gefäßformen, die
bei der künstlerischen Ausgestaltung der hier
in Rede stehenden Produkte eine so ganz
besonders große Rolle gespielt hat, wie sie
ja in erster Linie auch durchaus eigentliche
Töpferarbeit ist, auch von den Töpfern selber
vollzogen worden ist. Woher sollten diese
sie auch nehmen, da Vorlagen für solche
damals doch nirgends zu haben waren?
Gerade aber auf diesem Gebiete haben ge-
wisse Töpfer, deren bedeutende Persönlich-
keit uns in diesem Werke zum ersten Male
klar gemacht wird, wie Jan Emens, Anno
Knütgen usw., oft wirklich ganz Hervor-
ragendes geleistet, ja gerade hier auf diesem
Gebiete liegt die eigentlich künstlerisch selb-
ständige Arbeit dieser Leute, die im übrigen
ja vielfach nur brave biedere Handwerker
gewesen sind, die ihre Kunst mit ziemlich
mechanischen Mitteln gewannen. Hinsichtlich
der Erfindung der eigentlichen Schmuckformen,
die ja bald rein ornamentalen, bald figürlichen
Inhalts gewesen sind, sind sie jedoch in
erster Linie Entlehner gewesen: „obschon
manche unter den Krugbäckern imstande
. e. . waren, Ornamente und wohl auch Fiquren
Äbb. 2. Schnelle aus Siegburger Steinzeug ’ M
mit Zierstücken des Monogrammi- aus eigener Eifindung zu zeichnen, so haben
sten F. T. Sammlung Hetjens doch auch die Besten von ihnen nicht ge-
zaudert, den landläufigen, leicht zugänglichen
Formenschatz nach Bedarf auszunützen, den die Kupferstecher und Holzschneider
dem Handwerk als Vorlagen darboten.“ Sie haben damit nichts anderes getan, als
was alle Kunsthandwerker der damaligen Zeit zu tun pflegten. Die besten Leistungen
der rheinischen Steinzeugtöpfer nach dieser Seite hin sind also nicht als ihre eigenen
anzusehen. Vielmehr stammen sie in erster Linie von Aldegrever aus dem benach-
Der Cicerone
Heft 11
Die Resultate dieser Arbeit sind nun etwa
folgende:
Zunächst werden ganz allgemein die bis-
her so umstrittenen Verdienste der Hersteller
des rheinischen Steinzeugs um die Erfindung
der künstlerischen Formen ihrer Erzeugnisse,
sowie auch um die Herstellung der Werk-
zeuge zu ihrer Gewinnung erörtert. Fest
steht jetzt, daß die Erfindung der eigent-
lichen Grundformen, der Gefäßformen, die
bei der künstlerischen Ausgestaltung der hier
in Rede stehenden Produkte eine so ganz
besonders große Rolle gespielt hat, wie sie
ja in erster Linie auch durchaus eigentliche
Töpferarbeit ist, auch von den Töpfern selber
vollzogen worden ist. Woher sollten diese
sie auch nehmen, da Vorlagen für solche
damals doch nirgends zu haben waren?
Gerade aber auf diesem Gebiete haben ge-
wisse Töpfer, deren bedeutende Persönlich-
keit uns in diesem Werke zum ersten Male
klar gemacht wird, wie Jan Emens, Anno
Knütgen usw., oft wirklich ganz Hervor-
ragendes geleistet, ja gerade hier auf diesem
Gebiete liegt die eigentlich künstlerisch selb-
ständige Arbeit dieser Leute, die im übrigen
ja vielfach nur brave biedere Handwerker
gewesen sind, die ihre Kunst mit ziemlich
mechanischen Mitteln gewannen. Hinsichtlich
der Erfindung der eigentlichen Schmuckformen,
die ja bald rein ornamentalen, bald figürlichen
Inhalts gewesen sind, sind sie jedoch in
erster Linie Entlehner gewesen: „obschon
manche unter den Krugbäckern imstande
. e. . waren, Ornamente und wohl auch Fiquren
Äbb. 2. Schnelle aus Siegburger Steinzeug ’ M
mit Zierstücken des Monogrammi- aus eigener Eifindung zu zeichnen, so haben
sten F. T. Sammlung Hetjens doch auch die Besten von ihnen nicht ge-
zaudert, den landläufigen, leicht zugänglichen
Formenschatz nach Bedarf auszunützen, den die Kupferstecher und Holzschneider
dem Handwerk als Vorlagen darboten.“ Sie haben damit nichts anderes getan, als
was alle Kunsthandwerker der damaligen Zeit zu tun pflegten. Die besten Leistungen
der rheinischen Steinzeugtöpfer nach dieser Seite hin sind also nicht als ihre eigenen
anzusehen. Vielmehr stammen sie in erster Linie von Aldegrever aus dem benach-