Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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11. Heft
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Der Cicerone
Heft 11
für die öffentlichen Sammlungen anzukaufen.
Helfen könnte das ja erst in späteren Fällen,
und ob etwas derartiges hierzulande, vorläufig
wenigstens, zustande kommt, bleibt recht zweifel-
haft. Schlimm genug freilich steht es um die
hiesigen Kunstschätze. Äm 15. Mai veröffent-
lichte Robert Ross in der „Morning Post“ eine
lange, lange Liste alter nicht englischer Bilder,
die nur in den letzten Jahren aus England wohl
für immer ausgeführt worden sind; sie machen
zusammen eine wahrhaft erlesene Galerie aus;
viele von ihnen sind ins Berliner Kaiser Friedrich-
Museum gewandert, andere nach Ämerika.
Unter den Malern dieser ausgeführten Bilder
finden sich folgende: Giotto; Fra Ängelico (2);
Piero della Francesca; Ghirlandajo; Botticelli
(mehrere); Signorelli; Filippo Lippi; Pesellino
(mehrere); Masaccio (2); Crivelli (2); Perugino;
Rafael (3); Sebastiano del Piombo; Titian (2);
Correggio; Velasquez (2); H. van Eyck; J. van
Eyck (2); Rogier van der Weyden; Gerard
David; Le Maitre de Moulin (2); Dürer (3);
Holbein (3); Rubens (8); van Dyck (4); Rem-
brandt (neben mehreren anderen 15 hochbe-
deutende, darunter Werke allerersten Ranges
wie z. B. Josef und Potiphars Frau, jetzt im
Berliner Kaiser Friedrich-Museum, Selbstporträt
aus der Ilchester Collection, jetzt in der Frick
Collection in New York usw.); Vermeer van
Delft (3); Lluch Borrassa (seltner Spanier, XV.
Jahrh. [2]); El Greco; Giorgione (Porträt eines
jungen Mannes, jetzt im Kaiser Friedrich-
Museum) ; Äntonello da Messina; Palma Vecchio;
Piero del Pollajuolo; Cima da Conegliano. —
Diese Verlustliste ist keineswegs vollständig,
und hochbedeutende Werke der altenglischen
Meister, die man meist an Ämerika verloren
hat, müßten auch noch hinzugefügt werden.
Äber nicht einmal das nötige Geld zur Erhaltung
der nationalen Bauwerke, der wunderbaren
Cathedralen, ist vorhanden. Wieder kommen
Stoßseufzer aus Winchester, wo man aus
Geldmangel die absolut notwendigen Reparaturen
nicht zu Ende führen kann. Das könnte nicht
wieder gut zu machenden Schaden hervorrufen.
Äber alles hilft nicht; ehe nicht der halbe Dom
einfällt, rührt man sidr außerhalb eines kleinen
Zirkels eben nicht. F.
8
MOSKAU-- -
Äls Pendant zu der bekannten Tretjakow-
Galerie, welche von ihren Besitzern, den Brü-
dern Paul und Sergej Tr., noch bei Lebzeiten
der Stadt Moskau vermacht wurde, wird letztere
in kurzem eine ähnliche Privatgalerie als Ge-
schenk erhalten. Der Moskauer Sammler, Herr
Iwan Zwjetkow, hat dieser Tage der Stadt-
verwaltung eine Eingabe gemacht, in welcher
er ihr seine Sammlungen als Eigentum unter
folgenden Bedingungen übergibt. Die Samm-
lungen, welche in ca. 300 Gemälden und 1200
Zeichnungen die russische Malerei und Graphik
seit dem XVIII. Jahrhundert bis auf unsere Tage
repräsentieren, sollen in dem speziell erbauten
Gebäude, in welchem sie sich momentan be-
finden, als unteilbares Ganzes unter dem Namen
„Galerie Zwjetkow“ für ewige Zeiten in den
Besitz der Stadt Moskau übergehen. Der Be-
sitzer behält sich bloß die lebenslängliche Nutz-
nießung des Hauses vor, sowie die weitere
Ergänzung und Reorganisation seiner Samm-
lungen. Äuch steht ihm das Recht zu, den
ersten Kurator der Galerie zu ernennen. Es
unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Mos-
kauer Stadtverwaltung diese Bedingungen
akzeptiert.
Zu ihrem retrospektiven Teil, besonders in
Zeichnungen und Aquarellen, enthält dieZwjet-
kowsche Sammlung viel Gutes und Interessantes,
das das allgemeine Bild der neuern russischen
Kunst,wie sie in derTretjakow-Galerie dargestellt
ist, in mancher Hinsicht vervollständigen und er-
weitern kann. Dagegen ist die moderne russi-
sche Malerei keineswegs glücklich und allseitig
vertreten. P. E.
8
PARIS -= -
Die Bibliothek des Pariser Konservatoriums
erwarb eines der ältesten Bildnisse von Berlioz.
Es ist ein Werk Guillaume Dubufes, des eleganten
Modemalers aus der Zeit des Bürgerkönigtums,
und wurde im Jahre 1830 gemalt, nachdem Du-
bufe den Rompreis erhalten hatte. Bekannt
sind die kraftvollen Bildnisse Berlioz von Dau-
mier (im Museum zu Versailles) und von Courbet
(Pariser Privatbesitz).
* *
*
ln dem diesjährigen Bericht der National-
bibliothek wird eine Übersicht über die Neu-
erwerbungen des Kupferstichkabinetts im Jahre
1908 gegeben. Es wurden 147 Nummern den
Sammlungen eingereiht, die 1140 Blätter um-
fassen. Hervorzuheben sind: 87 Originallitho-
graphien von Whistler, 203 Radierungen von
Edgar Chahine, 26 farbige Radierungen von
Charles Houdard. Besonders wichtig für die
Geschichte der Graphik sind ferner ein fran-
zösischer Holzschnitt vom Anfänge des XVI. Jahr-
hunderts, das Monogramm Christi darstellend,
mit der Signatur des Holzschneiders Jehan Bezart,
Der Cicerone
Heft 11
für die öffentlichen Sammlungen anzukaufen.
Helfen könnte das ja erst in späteren Fällen,
und ob etwas derartiges hierzulande, vorläufig
wenigstens, zustande kommt, bleibt recht zweifel-
haft. Schlimm genug freilich steht es um die
hiesigen Kunstschätze. Äm 15. Mai veröffent-
lichte Robert Ross in der „Morning Post“ eine
lange, lange Liste alter nicht englischer Bilder,
die nur in den letzten Jahren aus England wohl
für immer ausgeführt worden sind; sie machen
zusammen eine wahrhaft erlesene Galerie aus;
viele von ihnen sind ins Berliner Kaiser Friedrich-
Museum gewandert, andere nach Ämerika.
Unter den Malern dieser ausgeführten Bilder
finden sich folgende: Giotto; Fra Ängelico (2);
Piero della Francesca; Ghirlandajo; Botticelli
(mehrere); Signorelli; Filippo Lippi; Pesellino
(mehrere); Masaccio (2); Crivelli (2); Perugino;
Rafael (3); Sebastiano del Piombo; Titian (2);
Correggio; Velasquez (2); H. van Eyck; J. van
Eyck (2); Rogier van der Weyden; Gerard
David; Le Maitre de Moulin (2); Dürer (3);
Holbein (3); Rubens (8); van Dyck (4); Rem-
brandt (neben mehreren anderen 15 hochbe-
deutende, darunter Werke allerersten Ranges
wie z. B. Josef und Potiphars Frau, jetzt im
Berliner Kaiser Friedrich-Museum, Selbstporträt
aus der Ilchester Collection, jetzt in der Frick
Collection in New York usw.); Vermeer van
Delft (3); Lluch Borrassa (seltner Spanier, XV.
Jahrh. [2]); El Greco; Giorgione (Porträt eines
jungen Mannes, jetzt im Kaiser Friedrich-
Museum) ; Äntonello da Messina; Palma Vecchio;
Piero del Pollajuolo; Cima da Conegliano. —
Diese Verlustliste ist keineswegs vollständig,
und hochbedeutende Werke der altenglischen
Meister, die man meist an Ämerika verloren
hat, müßten auch noch hinzugefügt werden.
Äber nicht einmal das nötige Geld zur Erhaltung
der nationalen Bauwerke, der wunderbaren
Cathedralen, ist vorhanden. Wieder kommen
Stoßseufzer aus Winchester, wo man aus
Geldmangel die absolut notwendigen Reparaturen
nicht zu Ende führen kann. Das könnte nicht
wieder gut zu machenden Schaden hervorrufen.
Äber alles hilft nicht; ehe nicht der halbe Dom
einfällt, rührt man sidr außerhalb eines kleinen
Zirkels eben nicht. F.
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MOSKAU-- -
Äls Pendant zu der bekannten Tretjakow-
Galerie, welche von ihren Besitzern, den Brü-
dern Paul und Sergej Tr., noch bei Lebzeiten
der Stadt Moskau vermacht wurde, wird letztere
in kurzem eine ähnliche Privatgalerie als Ge-
schenk erhalten. Der Moskauer Sammler, Herr
Iwan Zwjetkow, hat dieser Tage der Stadt-
verwaltung eine Eingabe gemacht, in welcher
er ihr seine Sammlungen als Eigentum unter
folgenden Bedingungen übergibt. Die Samm-
lungen, welche in ca. 300 Gemälden und 1200
Zeichnungen die russische Malerei und Graphik
seit dem XVIII. Jahrhundert bis auf unsere Tage
repräsentieren, sollen in dem speziell erbauten
Gebäude, in welchem sie sich momentan be-
finden, als unteilbares Ganzes unter dem Namen
„Galerie Zwjetkow“ für ewige Zeiten in den
Besitz der Stadt Moskau übergehen. Der Be-
sitzer behält sich bloß die lebenslängliche Nutz-
nießung des Hauses vor, sowie die weitere
Ergänzung und Reorganisation seiner Samm-
lungen. Äuch steht ihm das Recht zu, den
ersten Kurator der Galerie zu ernennen. Es
unterliegt wohl keinem Zweifel, daß die Mos-
kauer Stadtverwaltung diese Bedingungen
akzeptiert.
Zu ihrem retrospektiven Teil, besonders in
Zeichnungen und Aquarellen, enthält dieZwjet-
kowsche Sammlung viel Gutes und Interessantes,
das das allgemeine Bild der neuern russischen
Kunst,wie sie in derTretjakow-Galerie dargestellt
ist, in mancher Hinsicht vervollständigen und er-
weitern kann. Dagegen ist die moderne russi-
sche Malerei keineswegs glücklich und allseitig
vertreten. P. E.
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PARIS -= -
Die Bibliothek des Pariser Konservatoriums
erwarb eines der ältesten Bildnisse von Berlioz.
Es ist ein Werk Guillaume Dubufes, des eleganten
Modemalers aus der Zeit des Bürgerkönigtums,
und wurde im Jahre 1830 gemalt, nachdem Du-
bufe den Rompreis erhalten hatte. Bekannt
sind die kraftvollen Bildnisse Berlioz von Dau-
mier (im Museum zu Versailles) und von Courbet
(Pariser Privatbesitz).
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ln dem diesjährigen Bericht der National-
bibliothek wird eine Übersicht über die Neu-
erwerbungen des Kupferstichkabinetts im Jahre
1908 gegeben. Es wurden 147 Nummern den
Sammlungen eingereiht, die 1140 Blätter um-
fassen. Hervorzuheben sind: 87 Originallitho-
graphien von Whistler, 203 Radierungen von
Edgar Chahine, 26 farbige Radierungen von
Charles Houdard. Besonders wichtig für die
Geschichte der Graphik sind ferner ein fran-
zösischer Holzschnitt vom Anfänge des XVI. Jahr-
hunderts, das Monogramm Christi darstellend,
mit der Signatur des Holzschneiders Jehan Bezart,