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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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11. Heft
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Ausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0380

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364

Der Cicerone

Heft 11

LEMBERG -

ln den Sälen der Gesellschaft der Kunst-
freunde hat eine Ausstellung von Werken alter
Meister stattgefunden, welche zu diesem Zweck
hauptsächlich von den Privatsammlungen pol-
nischer Magnatenfamilien, der Badeni, Czarto-
ryski, Jablonowski, Lubomirski, sowie den be-
kannten galizisdien Sammlern, dem Grafen Karl
Lanckoronski, Grafen Leon Pininski, Grafen Georg
Mycielski usw. geliehen wurden. Äm reichlich-
sten vertreten ist die holländische Malerei des
XVII. Jahrhunderts, sowie die Porträtkunst aus
der zweiten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts, in
welcher sich besonders der Hof des letzten pol-
nischen Königs, Stanislaw Poniatowski, wieder-
spiegelte.

Diese Ausstellung soll nunmehr ein bleibendes
Andenken in Form einer Publikation erhalten.
Letztere wird den vollständigen Katalog der
Ausstellung mit 30 — 40 Abbildungen enthalten,
sowie die Vorlesungen, welche daselbst von
den Professoren Boloz-Äntoniewicz und Grafen
Mycielski usw. gehalten wurden. P. E.

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LONDON -

Dowdeswell Galleries, 160 New Bond
Street: 39 Bilder von Jan Steen, Mai und Juni.
Messrs. Dowdeswell haben zu Wohltätigkeits-
zwecken aber auch zur Freude der Kunstlieb-
haber eine Jan Steen-Ausstellung auf zwei
Monate zustande gebracht, wie sie bisher in
London noch nicht zu sehen gewesen ist. Fast
jedes der 39 Stücke ist von individueller Be-
deutung sowie reich an Aufschlüssen über das
Lebenswerk dieses seltsamen Mannes, dessen
Charakterbild sozusagen noch in der Kunst-
geschichte schwankt, dieses sicheren Technikers
und Farbenschwelgers und zugleich lauten Freun-
des von Wein, Weib und Gesang, der selber
eine Kneipe geführt. Nicht nur Kneipenszenen,
z. T. in biblisches Gewand gehüllt — Die Hoch-
zeit zu Cana z. B. — (er gebraucht diese Themen
gleichsam als Vorwand so wie Titian und andere
ihre antiken Sagen oder andere biblische Themen
zum Vorwand ihrer Darstellung nackter mensch-
licher Schönheit) finden sich hier, sondern auch
Einzelfiguren voller Delikatesse in Haltung und
Farbengebung, jene Doktorenbesuche und andere
Genreszenen, die den Holländern jener Zeit so
köstlich eingingen. In allen findet sich die Ver-
einigung breitsicheren Pinselstriches mit liebe-
vollster Ausführung; dieser Mann hat, das merkt
man, all diesen Alltag um sich geliebt, nicht
das kleinste war ihm der Teilnahme und des

Erfassens zu gering. Da und dort spielen seit-
samlich indirekte italienische Einflüsse hinein,
die eine oder andere Figur nimmt eine posie-
rende Haltung ein, oder die Formen runden sich.
Und dann tut er seinen großen Wurf, sein
Selbstporträt, dessen jetziger Eigentümer der
Earl of Northbrook ist; auf ihm stellt er sich
in voller Figur behaglich auf einem Stuhle
sitzend mit überschlagenen Beinen da; er spielt
die Mandoline und singt dazu; neben ihm auf
dem Tisch sein unzertrennlicher Gefährte, der
Zinnkrug. Flott und leicht ist alles hingesetzt,
und über ihm hängt ein grüner schöner Vor-
hang in edlem Gefält, ein italienisches Requisit;
aber es fällt nicht aus dem Bilde; diese aus-
ländischen Einflüsse sind hier sein eigen ge-
worden, verarbeitet; alles Provinzielle der
anderen Bilder ist abgetan und doch nichts leer
Allgemeines, keine von außen gekommene For-
mel dafür eingetauscht. Der Kneipenwirt und
-maler ist zum selbstherrlichen Künstler und
Lebenskünstler geworden! In vielen der Bilder
fällt sonst noch auf, daß kleine Aussichten ins
Freie gegeben sind von köstlichem Naturfühlen
und oft frei von landschaftlicher Schablone. Von
den Landschaftsbildern der Ausstellung kann
man das sonst nicht sagen, wiewohl in einigen
erstaunlich helle, natürliche Farben, ein Früh-
lingsgrün im Baumlaub, ein samtnes Grüngrau
in den Baumstämmen sich findet. Aber Himmel
und Licht sind mehr Eigentum seiner Zeit als
das seine. Die Ausstellung umfaßt Werke aus
dem Besitz der folgenden: Sir John Stirling
Maxwell (Christus im Hause der Maria und
Martha); Lord Desborough (Dorffest); Charles

D. Crews; Haager Galerie (Dorffest); Otto Beit
(u. a. Hochzeit zu Cana); Mrs. Joseph (Lovers
Feasting); Marquess of Bute (u. a. Lauten-
spielerin); Duke of Wellington (u. a. Hochzeit,
ein sehr großes Bild); J. P. Heseltine (Steens
Gattin); Earl of Northbrook (u. a. Besuch des
Doktors); A. F. Walter (Dorffest); Lady Wan-
tage (u. a. Alchemist); Lord Swaithling; Sir

E. Leigh Pemberton; Lord Scarsdale; Lord
Huntingfield; L. Neumann; Sir F. Cook; H. Hey-
wood-Lonsdale; G. Salting (u. a. Grace before
Meal); Marquess of Landsdowne; Mrs.Stephen-
son Clarke; Sir Audley Neeld; Dr. Ä. Bredius.

F.

(Im Anschluß an diese Ausstellung wird Prof.
W. MARTIN (Haag) Jan Steen in einem der
nächsten Monatshefte für Kunstwissen-
schaft in einem reich illustrierten Aufsatz be-
handeln, auf den schon heute aufmerksam ge-
macht sei. Die Red.)

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