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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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13. Heft
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Fuhse, Franz: Braunschweiger Tische
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0426

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410

Der Cicerone

Heft 13

Äbb. 1. Städtisches Museum, Braunschweig. 79x55 cm.

solches Meisterrecht nicht besaßen oder nicht als Gesellen bei einem zünftigen Meister
arbeiteten, galten als Pfuscher. Sie wurden rücksichtslos von der Gilde verfolgt, ihre
Ärbeiten vernichtet, das Handwerkszeug ihnen genommen.

Nun war aber während des siebenjährigen Krieges eine ganze Anzahl von
Soldaten durch Verwundungen felddienstuntauglich geworden, und ihre Zahl wurde
nach dem Friedensschlüsse noch erheblich vermehrt durch die, welche zur Entlassung
kamen. Es hielt außerordentlich schwer, für sie Beschäftigung zu finden, die vor ihrer
Militärzeit schon wenig gelernt hatten, oder während des Feldzuges außer Übung
gekommen waren. Wollte man nicht die Armenpflege ungebührlich mit ihnen be-
lasten oder dem Vagabondenwesen Tür und Tor öffnen, so mußte ihnen auf irgend
eine Weise der Arbeitsmarkt zugänglich gemacht werden. Geld hatten diese Invaliden
nicht, dafür aber meist Frau und Kinder. Das Meisterrecht zu erwerben kostete Zeit
und viel Geld; bei der Tischlerinnung z. B. war Vorschrift, daß der Bewerber —
vorausgesetzt, daß er ehelicher Abkunft war, vier Jahre gelernt hatte und drei Jahre
als Geselle gewandert war — zunächst wieder als Geselle bei einem zünftigen Meister
arbeite, dann einen Riß fertige und endlich ein Meisterstück (damals in einem großen
nußbaumfurnierten Kleiderschranke bestehend) herstelle. Zu dieser Arbeit war eine
Zeit von 24 Wochen vorgesehen, jeder Tag, den der Aspirant länger brauchte, wurde
mit Strafe belegt. Die Meister gestehen selbst zu, daß in 24 Wochen das Meisterstück
nicht angefertigt werden kann, aber der Termin wird beibehalten, um möglichst viel
Geld in die Gildelade zu bekommen. So belaufen sich die Kosten für die Erwerbung
der Meisterschaft nach dem Kriege, wo alles eine bedeutende Preissteigerung erfahren
hatte, auf mindestens 18 bis 20 Taler,1) noch nicht eingerechnet die Ausgaben für

‘) Ein Beispiel von 1764: Fehler (am Meisterstück) 2 Taler 18 Mariengr. (Fehler werden
von den geschworenen Meistern stets gefunden!); Überzeit 1 T. 24 Mg.; Korngeld 13 T. 3 Mg.;
 
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