Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0427
DOI Heft:
13. Heft
DOI Artikel:Fuhse, Franz: Braunschweiger Tische
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Braunschweiger Tische
411
Hbb. 2. Städtisches Museum, Braunsdiweig. 65 x42 cm.
Handwerkszeug, Material und Verpflegung während der Ärbeit und die Festlichkeit
nachher. Wie sollte ein armer, abgedankter Soldat solche Summen aufbringen? Aber
er hatte im Dienste des Fürsten sein Leben im Kampfe gegen den Feind eingesetzt,
oft viele Jahre lang. Der Herzog von Braunschweig vergaß das nicht, er hat nicht
nach berühmten Mustern die Leute einfach auf die Straße gesetzt, sondern er suchte
für sie zu sorgen, so gut es gehen wollte, so schwer ihms auch oft von den Gilden
gemacht wurde. Um den entlassenen Soldaten, soweit sie ein Handwerk erlernt
hatten, zu helfen, ohne die Gerechtsame der Zünfte allzusehr zu beeinträchtigen, schuf
auch er die Institution der Freimeister. Sie waren, wie der Name sagt, frei vom Zunft-
zwange, brauchten kein Meisterstück zu fertigen und keine Abgaben zu zahlen. Aber
sie durften auch keine Gesellen und Lehrlinge halten, sondern nur das fertigen, was
sie mit eigener Hand bewältigen konnten. Oft wurde auch in der „gnädigsten Con-
cession“ die Arbeit auf bestimmte Gegenstände, als Spiegel- und Bilderrahmen, Klaviere,
Nähladen, Gurkenhobel, Stiefelknechte, Speckbretter, Stiefelleisten, Fußbänke, Bürsten-
griffe, Griffe für Kaffee- und Teekannen usw. beschränkt.
Solche Freimeister waren der Gilde ein Dorn im Auge, mit neidischen Blicken
verfolgte sie ihr Tun und wehe, wenn der Arme um Haaresbreite seine Konzession
überschritt. Sofort wurde Klage gegen ihn eingereicht, er wird verfolgt und gehetzt.
Niemals gelingt es einem von diesen Leuten, auf einen grünen Zweig zu kommen, so
sehr sich auch der Herzog ihrer annimmt.
Ein solcher vielgeplagter und verfolgter, vergeblich nach menschenwürdiger
Existenz ringender Freimeister war auch der Tischler Thiele Heinrich Eggeling, dessen
Akten uns in die Korallenfabrik und zu ihrem Leiter führen. Acht Jahre hat er als
Meistergulden 20 Mg.; Laken und Mantel (Totenkasse) 30 Mg.; Totenkassenbeitrag 12 Mg. Vor-
her war noch 1 T. für die Anforderung, das Meisterstück machen zu dürfen, zu zahlen, ebenso
hatte jeder Riß eine Anzahl von Fehlern, für die zu zahlen war.
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Hbb. 2. Städtisches Museum, Braunsdiweig. 65 x42 cm.
Handwerkszeug, Material und Verpflegung während der Ärbeit und die Festlichkeit
nachher. Wie sollte ein armer, abgedankter Soldat solche Summen aufbringen? Aber
er hatte im Dienste des Fürsten sein Leben im Kampfe gegen den Feind eingesetzt,
oft viele Jahre lang. Der Herzog von Braunschweig vergaß das nicht, er hat nicht
nach berühmten Mustern die Leute einfach auf die Straße gesetzt, sondern er suchte
für sie zu sorgen, so gut es gehen wollte, so schwer ihms auch oft von den Gilden
gemacht wurde. Um den entlassenen Soldaten, soweit sie ein Handwerk erlernt
hatten, zu helfen, ohne die Gerechtsame der Zünfte allzusehr zu beeinträchtigen, schuf
auch er die Institution der Freimeister. Sie waren, wie der Name sagt, frei vom Zunft-
zwange, brauchten kein Meisterstück zu fertigen und keine Abgaben zu zahlen. Aber
sie durften auch keine Gesellen und Lehrlinge halten, sondern nur das fertigen, was
sie mit eigener Hand bewältigen konnten. Oft wurde auch in der „gnädigsten Con-
cession“ die Arbeit auf bestimmte Gegenstände, als Spiegel- und Bilderrahmen, Klaviere,
Nähladen, Gurkenhobel, Stiefelknechte, Speckbretter, Stiefelleisten, Fußbänke, Bürsten-
griffe, Griffe für Kaffee- und Teekannen usw. beschränkt.
Solche Freimeister waren der Gilde ein Dorn im Auge, mit neidischen Blicken
verfolgte sie ihr Tun und wehe, wenn der Arme um Haaresbreite seine Konzession
überschritt. Sofort wurde Klage gegen ihn eingereicht, er wird verfolgt und gehetzt.
Niemals gelingt es einem von diesen Leuten, auf einen grünen Zweig zu kommen, so
sehr sich auch der Herzog ihrer annimmt.
Ein solcher vielgeplagter und verfolgter, vergeblich nach menschenwürdiger
Existenz ringender Freimeister war auch der Tischler Thiele Heinrich Eggeling, dessen
Akten uns in die Korallenfabrik und zu ihrem Leiter führen. Acht Jahre hat er als
Meistergulden 20 Mg.; Laken und Mantel (Totenkasse) 30 Mg.; Totenkassenbeitrag 12 Mg. Vor-
her war noch 1 T. für die Anforderung, das Meisterstück machen zu dürfen, zu zahlen, ebenso
hatte jeder Riß eine Anzahl von Fehlern, für die zu zahlen war.