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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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13. Heft
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Fuhse, Franz: Braunschweiger Tische
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0432

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416

Der Cicerone

Heft 13

Von den Erzeugnissen der Korällenfabrik sind besonders viele Tische erhalten.
Die Blätter haben ovale, rechteckige öder dreieckige Grundform mit wenig empor-
gezogenem Rande und bestehen aus Holz. Die kleineren ruhen auf einer gedrehten
Mittelsäule, die größeren werden von vier resp. drei geschweiften Beinen getragen.
Im allgemeinen ist die Tischlerarbeit sehr mäßig, in Ausführung wie in Material. Da
wir wissen, daß sie zum größten Teil von einem mittellosen Freimeister herrührt, so
wundern wir uns darüber nicht. Aber gute Holzplatten waren eine Hauptbedingung
für die Haltbarbeit der Perlentische. Was nützt die Versicherung, sie seien so dauer-
haft wie Steinplatten? Der schlechte Holzgrund zog sich oder riß bald, und damit
barst auch die allerdings sehr feste Decke. Der verwendete Kitt ist ganz vorzüglich
und steinhart, die Perlen liegen unverrückbar fest in ihm gebettet. Er wurde auf die
Holzplatte in einer wenige Millimeter dicken Schicht aufgetragen, und auf diese Schicht
muß, solange sie noch weich war, zunächst die Zeichnung mit Hilfe einer Schablone
aufgetragen sein. Erst dann konnte man damit beginnen, die Perlen nach einer
farbigen Vorlage in den Kitt einzudrücken. Bei kleineren Tischen sind dazu 6 bis
10 Tausend, bei größeren über 20 Tausend nötig. Die Arbeit war also langwierig und
kostspielig. Es wird die Ware nicht billig auf den Markt gekommen sein. Wollte
der Fabrikant gleichwohl Geschäfte machen, so mußte er auf Benutzung des besten
Materials und auf künstlerische Ausführung größtes Gewicht legen. Aber wie dort,
so mangelte es auch hier. In den Darstellungen herrscht keine große Abwechslung.
Am häufigsten begegnen wir dem Papagei, auch der Chinese kommt öfter vor oder
die Ansicht eines Schlosses mit Parkanlage davor. Die Umrahmung besteht meist aus

breitem, massigem Roko-
koornament, das auch bis-
weilen allein die Platte
bedeckt. Für die Tische
werden fast ausschließlich
runde weiße, schwarze,
wasserklare, blaue, grüne,
rote, gelbe oder mehrfar-
bige Glasperlen benutzt,
die nicht auf Fäden auf-
gezogen sind, sondern un-
verbunden nebeneinander
gelegt werden. Die drei-
eckigen Tische dienen als
Spieltische und haben an
jeder Ecke eine flache Mulde
zur Aufnahme der Spiel-
marken oder des Geldes.

Außer den Tischen sind
mir nur eine Konsole (Ab-

Äbb. 6. Stadt. Museum, Braunschweig.

H. 63 cm.

bildung 4), zwei kleine Tel-
ler, deren Grund aus Eisen-
blech besteht (Abb. 5), und
zwei große Tonvasen aus
derKorallenfabrik bekannt.
Die Vasen haben Eiform,
die Perlen sind auf Schnüre
aufgezogen und variieren
in Größe und Form. Außer
den runden sind viele
zylinderförmige und dazu
einige Perlmutterscheiben
und rot gefärbte Muschel-
schalen zum Schmuck ver-
wendet. Die Technik ist im
übrigen die gleiche wie bei
den Tischen: auf den Ton-
kern ist die Kittschicht auf-
gelegt, in diese Perlen
und Muscheln eingedrückt.
 
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