Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

DOI issue:
15. Heft
DOI article:
Von den Auktionen
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0509

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Heft 15

Von den Auktionen

493

und einen Großteil der Holzschnitzwerke, der
Porzellane und Keramiken; Altertümer schweizeri-
scher Herkunft fehlen vollständig. So präsentiert
sich diese „Kunstkammer“, dieihr Zustandekom-
men wohl mehr derFreude am Schönen als kritisch
geschulter Sammelkunst verdankt, als eine etwas
willkürliche Vereiniguug der allerverschieden-
artigsten Elemente, für deren gerechte Wür-
digung eine gleichmäßige wissenschaftliche Be-
arbeitung von größter Bedeutung gewesen wäre.
Der Katalog ist bemüht, diesem Mangel ab-
zuhelfen; er gibt da und dort, namentlich bei
der Bildersammlung, mit viel Geschick manch
klärenden Hinweis, führt Herkunft und Quellen
an und sucht überraschende Zuweisungen durch
die Beigabe von erläuterndem, zu Vergleichen
geeignetem Äbbildungsmaterial zu rechtfertigen.

Eine kritische Untersuchung der fraglichen
Objekte und Behauptungen ist nicht im Sinne
dieser kurzen Ankündigung. Hier soll zunächst
nur an Hand der Kataloge auf die Reichhaltig-
tigkeit der Sammlungen und auf den Kunst-
oder kunsthistorischen Wert verschiedener Ge-
genstände aufmerksam gemacht werden. Nach
Schluß der Auktion, die wohl mancherlei Ent-
deckungen, Richtigstellungen und Ablehnungen
bringen wird, behalten wir uns vor, eventuell
auf Einzelheiten zurückzukommen.

Der erste Band des Katalogs mit 35 Tafeln
und etwa 100 Textabbildungen enthält Ke-
ramiken und Porzellane, Objekte aus Glas
(Glasscheiben), Bronze, verschiedenen Metallen
(Waffen), Silber und Gold, Email, Stein, Elfen-
bein (Bein) und Holz (Möbel) sowie Textile und
Miniaturen, insgesamt 1588 Nummern.

Überaus reichhaltig ist die Sammlung von
Bronzen, und unter ihnen von besonderem
Interesse eine Reihe von italienischen Arbeiten,
große und kleine Standfiguren, so eine als
„Modell von Sansovino“ bezeichnete allego-
rische weibliche Figur, Büsten, Reliefs, Plaquetten,
Medaillen und Gebrauchsgegenstände sowie Ko-
pien nadi antiken und späteren Werken, dar-
unter eine vorzügliche Bronze-Reproduktion von
Michelangelos „Tag“ am Grabmal des Giuliano
de’ Medici („vermutlich von Tribolo“). Audi
auf eine Kollektion reich verzierter Mörser des
XV. Jahrhunderts und späterer Zeiten sowie auf
einen trefflich gearbeiteten großen Türklopfer
aus vergoldetem Rotkupfer mag aufmerksam ge-
macht werden.

Unter den vorhandenen Silberarbeiten
finden sidi Standfiguren, Büsten, Reliefs und
kirdilidie sowie weltliche Gebraudisgegenstände,
wie Bedier und Kelche, Lampen und Leuditer,
Bestecke, Tabletten und Dosen; vor allem fällt
ein großes Sdireibzeug mit überreichem figür-

lichem Sdimudc ins Äuge, eine Augsburger Ar-
beit des XVII. Jahrhunderts. Die mit Email
gezierten Objekte sind zumeist Werke der
kirchlichen Kunst, darunter eine thronende heilige
Elisabeth, ein redit merkwürdiges Stüde, das
1352 datiert ist, verschiedene Reliquiarien, dann
aber auch Schalen, Vasen, Uhren, Tabatieren
und Schmuck.

Von den Arbeiten in Stein seien eine
lebensgroße Marc-Aurel-Büste und eine rö-
mische Replik des Doryphoros-Kopfes von Poly-
klet hervorgehoben, die sich nach dem Katalog

G. H. HÄRLOW, Die Schwestern, 36X28 inches
Messrs. Shepherd Brothers, 27 King Street,
St. James’s, London S.W.

beide in Gipsabgüssen in der Münchner Glyp-
totek befinden, von den Holzarbeiten mehrere
Madonnen und Heiligenfiguren süddeutscher Her-
kunft, verschiedene Büttenträger und die vol-
rund aus Buchsbaumholz geschnittenen reizen-
den Figürchen Adam und Eva von KonratMeit,
die den bekannten Figuren des Gothaer Mu-
seums entsprechen. Die wenigen Möbel er-
scheinen von geringerer Bedeutung doch ver-
dienen eine reich geschnitzte italienische Truhe
aus dem XVII. Jahrhundert und eine große, aus
fünf Teilen bestehende Kommunionbank aus
einer abgebrochenen Kirche im Haag (Jetfrouw-
Idastraat), überaus kunstvolle Arbeiten des
 
Annotationen