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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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16. Heft
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518

Der Cicerone

Heft 16

lediglich um eine abgeschmackte Reklame für die
Wielandtsche Tizian-Hypothese handelt.

Was nun jene sog. Kommission betrifft,
von der in den Wielandtschen Presse-Pronun-
ciamenti immer die Rede ist, so stellen wir
fest, daß eine Rnzahl Maler von der zu-
ständigen Hofstelle, nämlich von dem Hof-
marschall um ihre Änsidit bezüglich der pro-
jektierten Restaurierung angegangen wurde;
ein rein privates Votum also, ohne jede Kom-
petenz weder in fachwissenschaftlichem, noch in
irgend einem offiziellen Sinne. Der einzige
Gelehrte, der dieser „Kommission“ anfänglich
angehörte, Geh. Rat v. Reber hat kürzlich
seinen Äustritt erklärt, nachdem er in einem
schriftlichen Gutachten dem Hofamt dargelegt,
daß, von allen materiellen Gründen abgesehen,
die Qualität der Bilder Tizians Autorschaft aus-
schlösse.

Hoffen wir, daß der im Herbst in München
stattfindende Kunsthistorische Kongreß sich mit
der Angelegenheit befassen und sie endgültig
aus der Welt schaffen wird.

Übrigens befindet sich auch im Berliner Privat-
besitz eine Serie von Imperatorenbildern nach
Tizian. Herr Dr. Emil Schaeffer hatte die
Güte, uns über die von ihm erworbenen Bilder
folgende Mitteilungen zu machen:

Meine Serie besteht aus zehn, zum Teil
vorzüglich erhaltenen Kopien auf Leinwand,
die, aus einem Palaste in Vicenza stammend,
dem späten Cinquecento oder den ersten
Jahren des Seicento angehören. Die Bildnisse,
durchweg 1,43 m hoch und 1,10 m breit, tragen
auf der Rückseite der Leinwand in großer
schwarzer, niemals aufgefrischter Renaissance-
Antiqua den Namen des Kaisers, den sie dar-
stellen sollen. Von Vicenza ist es bekanntlich
nicht weit nach Mantua, und darum möchte ich
umso eher an die Entstehung dieser Kopien
vor den Originalen glauben, als auch Mackowsky
sich dahin äußerte, daß meine Serie (der zur
Vollständigkeit übrigens das Porträt des Titus
fehlt), den mir nur aus Reproduktionen be-
kannten Münchener Bildern an Qualität zwar
unterlegen sei, dagegen das tizianische Element
mehr hervortreten lasse. Einer sorgsamen
Durcharbeitung der Details entbehren meine
Kopien, sie waren wohl auf starke Untensicht
berechnet und ihr Bestes liegt im Dekorativen.

Zur Sache selbst noch ein paar Bemer-
kungen. Da die von Karl I. erworbenen Ge-
mälde in größter Heimlichkeit aus der Man-
tuaner Reggia nach London gebracht und die

Untertanen des Herzogs von dem Handel nichts
erfahren sollten, mußten sämtliche ins Ausland
gehende Bilder durch vorzügliche Kopien ersetzt
werden, die bei höflichen oder unkritischen Be-
suchern als die Originale passieren konnten
und bis zum „sacco di Mantova“ gewiß deren
Platz einnahmen. Dies erhellt aus einem Brief
desUnterhändlersDanielNys.den dieser am2.Ok-
tober 1627 aus Venedig an den Conte Tripepi,
den Minister Vincenzos II. schrieb (gedruckt in
der „Raccolta Veneta“ Venezia 1866, p. 112): „il
signor Zavarelli mi scrive che S. Ä. S. vuol mari-
darmi un pittore a posta per copiare li quadri
della sua galleria (dies bezieht sich auf die
Imperatorenbilder, die bereits von Mantua nach
Venedig gebracht worden waren), ma non fa
besogno che mandi, che qui non ne manca et
ne habiamo di buoni et li farö copiare et li
manderö poi.“

An Kopien der Imperatorenserie war wohl
überhaupt kein Mangel. Einige wurden schon
im Verlauf der Debatte genannt, dann möchte
ich noch aufmerksam machen auf Kopien des
Teodoro Ghisi (+ 1601), der die Serie vor den
Originalen für die Familie Capilupi in Mantua
und für den Duc de Nevers wiederholt hat.
Eine vorzügliche, in den Maßen genau mit
meinen übereinstimmende Kopie des Äugustus
fand ich dann auch im Schloß Zator beim
Grafen Potocki.

Daß Tizians Originale aber aus London nicht
nach Madrid, sondern in die Münchener Residenz '
gelangten, das können nach den von Carl Justi
„Miscellaneen aus drei Jahrhunderten spanischen
Kunstlebens“ (Berlin 1908, S. 336 u. 337) und
neuerdings von Georg Gronau im Münchener
Jahrbuch für bildende Kunst beigebrachten Doku-
menten nur noch unverbesserliche Isar-Athener
glauben.

8

London. Thomas Gainsborough soll in
seiner Geburtsstadt Sudbury ein Denkmal aus
Bronze mit symbolischen Figuren auf dem Piede-
stal gesetzt werden. Von den erforderlichen zirka

2000 sind & 1150 bereits zusammengebracht.
Für den Rest wird die Teilnahme der Bewunderer
des Künstlers öffentlich erbeten. Wer dasDenkmal
anfertigen soll, wird falscher Weise nicht gesagt,
es heißt nur, man stehe mit einem „führenden
Bildhauer“ deswegen in Verhandlungen. Diese
hier oft beliebte Methode den Kunstfreunden
Geld abzufordern und alle Arrangements ge-
heim zu halten, kann kaum zu den erwünschten
Erfolgen führen. F.
 
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