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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0600

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572

Der Cicerone

Heft 18

brandts Hand? Und da glaube ich von jenen
beiden, von mir oben besonders hervorgehobenen
Merkmalen die breit behandelten Haare ihm
zuschreiben zu dürfen. Das Halbdunkel um die
Augen und die grünlichen Schatten um Nase
und Mund sind wohl nur auf die starke Ab-
hängigkeit Lievens’ von Rembrandt zurückzu-
führen. Aber ganz unbestreitbar dürfte, wie
gesagt, der Pinsel Rembrandts an den Haaren
zu erkennen sein. Man vergleiche mal (das
kleine Brustbild eines Knaben in linker Profil-
ansicht, Kopf fast en face, in der Sammlung
des Herzogs von Portland in Weibeck Äbbey
(Klass. d. Kunst III. Äufl. Seite 141), so wird
dem Beschauer die Ähnlichkeit der Haarbehand-
lung sofort ins Äuge fallen.

Die Entstehungszeit des Amsterdamer Bild-
chens ist nicht ganz sicher, doch ungefähr be-
stimmbar. Die von der vermutlichen Jahreszahl
noch allein lesbare Ziffer 3 möchte ich hierbei außer
adit lassen, weil es für mich nicht sicher ist,
daß es Spuren einer Jahreszahl sein müssen.
Uns kommt aber das kleine Köpfchen beim Her-
zog von Pordland zu Hilfe, das einzige Bild
Rembrandts, das die gleiche Haarbehandlung
wie unser Bild zeigt und die Jahreszahl 1634
trägt. Es ist also höchstwahrscheinlich, daß
auch die Entstehung unseres Köpfchens in diese
Zeit fallen wird, wenigstens in die 30er Jahre.
Wann und wo lebten nun Rembrandt und
Lievens in diesem Jahrzehnt zusammen? Lievens
kann von seiner Geburt an bis zum 6. Februar
1632 urkundlich in Leiden nachgewiesen werden.
Nur einmal war er in dieser Zeit, von 1617—19,
in Amsterdam — Schüler von Pieter Last-
man. Von 1635—44 lebte er in Antwerpen.
Rembrandt verließ aber aller Wahrscheinlichkeit
nach in der zweiten Hälfte von 1631 Leiden
und ging nach Amsterdam, ln den 30er Jahren
lebten somit beide Künstler 1630 und 1631 zu-
sammen, und zwar in Leiden. Daher kämen für
die Entstehungszeit des kleinen Köpfchens einer-
seits diese beiden Jahre in Betracht, anderer-
seits wäre aber — der gleichen Haarbehandlung
wegen — die Jahreszahl 1634 selbst auf dem
Vergleichsbildchen zu berücksichtigen. Auf wel-
cher Seite die größere Wahrscheinlichkeit liegt,
ist schwer zu entscheiden, weil man den
Aufenthaltsort Lievens zwischen 1632 und 1635
nicht urkundlich nachweisen kann. Wie dem
auch sei, als sicher kann angenommen werden,
daß unser Bild in der ersten Hälfte der 30er
Jahre gemalt ist.

Endlich möchte ich noch hierzu bemerken, daß
das Köpfchen sehr stark an ähnliche Bildnisse
eines Knaben erinnert, den Rembrandt 1633
mehrmals porträtierte — Wallace-Museum in

London, Baronin N. von Rothschild in Paris
(Kl. d. Kunst, Seite 140), Eremitage in St. Peters-
burg (Kl. d. K. 140), Fürst Jussupoff in St. Peters-
burg (Kl. d. K. 141) — jedodi kann der Dar-
gestellte nicht ein und derselbe sein, was schon
die Nase unmöglich macht, denn auf unserem
Bilde hat sie einen Höcker, während sie auf
Rembrandts Bildern ziemlich konkav verläuft.

Ein zweites Porträt, Nr. 2167a, wurde in
Berlin angekauft. Es ist eine Arbeit des Leidener
Schützenmalers Joris vanSchooten, von dem
das Museum in Leiden acht Schützenstücke
besitzt, und stellt den Waisenvater in Leiden,
Jacob Gerritsz. van der Mi] dar, ein Brustbild
eines alten schwarzgekleideten Mannes mit
weißer Halskrause in Dreiviertelansicht nach
rechts, der seine ernsten, gütigen Augen auf
den Beschauer richtet. Das auf Holz gemalte
Bild mißt 60,5 cm in der Höhe und 48,5 cm in
der Breite und trägt links oben die Jahres-
zahl Äo. 1630., die Angabe des Lebensalters
des Dargestellten /ETAT. 71. und das Künstler-
monogramm.

Von einem Nichtgenanntseinwollenden wurde
dem Museum ein Bild von Cornelis Troost
geliehen, dem bekannten Illustrator holländischer
Theaterstücke. In einem vornehmen Interieur
sitzt eine in weißen Atlas gekleidete Dame und
verkauft zwei Juden getragene Kleider, denen
bereits andere Gegenstände vorausgegangen sind
und andere noch folgen sollen, scheinbar ein
Nachlaßverkauf. Die Ausführung ist geleckt,
und die grellen Farben wirken recht unan-
genehm. Die 69 X 86,5 cm große Holztafel
(Nr. 2323b) ist 1741 datiert und voll bezeichnet.

Nr. 1118a (Holz 57X97 cm) trägt auf einer
Säulenbasis die Signatur und die Jahreszahl: C.
Heck fecit 1636 und stellt eine Allegorie auf
die Laster und ihre Folgen dar. In einer Land-
schaft mit verschiedenen römischen Monumenten
sehen wir mißgestaltete Menschen und Tiere.
Dies Bild ist von Herrn E. Heldring in Amsterdam
dem Museum geschenkt.

Ein anderes Exterieur, Nr. 2691 a, zeigt einen
Schloßpark mit einer biblischen Darstellung im
Vordergrund: Lazarus mit den Hunden. Die
47x66 cm große Holztafel gehört den im Rijks-
museum bis jetzt noch nicht vertreten gewesenen
Hans Vredeman de Vries an, von dessen
Signatur man links unten noch schwache Spuren
entdeckt. Dies Bild wurde auf der Auktion de
Nesselrode u. a. in Amsterdam (bei Fred. Müller
& Cie.) am 27. April 1909 für 110 fl. erworben
und im Katalog unter Nr. 209 aufgeführt.

Neben diesen Gemälden des XVII. Jahr-
hunderts ist auch ein Frühniederländer neu hinzu-
gekommen. Auf der letzten Auktion bei Fred.
 
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