Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0620
DOI Heft:
19. Heft
DOI Artikel:Brüning, Adolf: Fürstenberger Porzellan
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Der Cicerone
Heft 19
Äbb. 1. Tafelaufsatz Braunsdiweig, Herzogi. Museum
faktur zu gewinnen. Er entrollt uns nicht nur ein anschauliches Gemälde der mannig-
fachen Schicksale der Fabrik, die mehrfach ein Spielball in den Händen von Abenteurern
und gewissenlosen oder unkundigen Beamten war, und gibt somit eine kulturhistorisch
wichtige Anschauung von den Verhältnissen einer derartigen industriellen Unternehmung
des XVIII. Jahrhunderts, sondern er weiß auch den größten Bestand der plastischen
Arbeiten auf bestimmte Künstler zu verteilen, die Entstehung derselben, sowie die
vieler Geschirr- und Gerätmodelle festzustellen und selbst die farbigen Dekorationen
der Gefäße mit den Namen zahlreicher Maler zu belegen. Sowohl über die Arbeits-
teilung erfahren wir Zuverlässiges, als auch insbesondere über das Maß der künstle-
rischen Selbständigkeit der Produktion, die Benutzung von Modellen und Dekorationen
fremder Fabriken, von Werken in Bronze oder Elfenbein der Herzoglichen Kunst-
kammer und vor allem von Kupferstichen. Wenn in Fürstenberg eine besonders aus-
gedehnte Aneignung fremden Gutes nachgewiesen werden kann, so ist zu berücksich-
tigen, daß eine ebenso gründliche und sorgfältige Untersuchung vielleicht die bis jetzt
noch angenommene Eigenart mancher Erzeugnisse anderer Manufakturen in Frage
stellen kann, wie überhaupt eine völlige Klarheit über den Anteil, den die verschie-
denen Fabriken an der Schaffung neuer Modelle und Dekorationen gehabt haben, erst
nach einer ebenso erschöpfenden Erforschung der anderen Manufakturen wird ein-
treten können.
Mehr wie andere Porzellanfabriken hatte die hoch über der Weser am Rande
des Sollings gelegene Manufaktur mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zwar
war es, nachdem man neun Jahre lang von einem Betrüger genarrt worden war,
Der Cicerone
Heft 19
Äbb. 1. Tafelaufsatz Braunsdiweig, Herzogi. Museum
faktur zu gewinnen. Er entrollt uns nicht nur ein anschauliches Gemälde der mannig-
fachen Schicksale der Fabrik, die mehrfach ein Spielball in den Händen von Abenteurern
und gewissenlosen oder unkundigen Beamten war, und gibt somit eine kulturhistorisch
wichtige Anschauung von den Verhältnissen einer derartigen industriellen Unternehmung
des XVIII. Jahrhunderts, sondern er weiß auch den größten Bestand der plastischen
Arbeiten auf bestimmte Künstler zu verteilen, die Entstehung derselben, sowie die
vieler Geschirr- und Gerätmodelle festzustellen und selbst die farbigen Dekorationen
der Gefäße mit den Namen zahlreicher Maler zu belegen. Sowohl über die Arbeits-
teilung erfahren wir Zuverlässiges, als auch insbesondere über das Maß der künstle-
rischen Selbständigkeit der Produktion, die Benutzung von Modellen und Dekorationen
fremder Fabriken, von Werken in Bronze oder Elfenbein der Herzoglichen Kunst-
kammer und vor allem von Kupferstichen. Wenn in Fürstenberg eine besonders aus-
gedehnte Aneignung fremden Gutes nachgewiesen werden kann, so ist zu berücksich-
tigen, daß eine ebenso gründliche und sorgfältige Untersuchung vielleicht die bis jetzt
noch angenommene Eigenart mancher Erzeugnisse anderer Manufakturen in Frage
stellen kann, wie überhaupt eine völlige Klarheit über den Anteil, den die verschie-
denen Fabriken an der Schaffung neuer Modelle und Dekorationen gehabt haben, erst
nach einer ebenso erschöpfenden Erforschung der anderen Manufakturen wird ein-
treten können.
Mehr wie andere Porzellanfabriken hatte die hoch über der Weser am Rande
des Sollings gelegene Manufaktur mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen. Zwar
war es, nachdem man neun Jahre lang von einem Betrüger genarrt worden war,