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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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21. Heft
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Benkard, Ernst: Die neue städtische Galerie in Frankfurt a. M.
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0697

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Die neue städtische Galerie in Frankfurt a. M.

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Galeriegebäudes näher. Der Neubau wurde durch das städtische Hochbauamt in An-
griff genommen auf dem Terrain der der Stadt als Vermächtnis des verstorbenen
österreichischen Großindustriellen zugefallenen Villa Liebieg am Schaumainkai. Der
neue Galeriebau, der im Innern durch eine Treppe an die Villa angeschlossen ist,
konnte schließlich endgültig zur Aufstellung eines Skulpturenmuseums bestimmt werden,
nachdem im Sommer dieses Jahres durch die Abgabe der Abgußsammlung des Städel-
schen Instituts an die Stadt, als Grundstock einer zu gründenden kunstwissenschaft-
lichen Sammlung, im Städelschen Institut Räume zur Aufnahme der Bilder aus städti-
schem Besitze, frei wurden. So war der Vorteil gewonnen, die Bilder räumlich mit
der Städelschen Galerie vereint zu sehen. Wir finden denn diese Leihausstellung der
städtischen Bildersammlung in dem Parterrestock des rechten Flügels des Städelschen
Galeriebaues. Der Grundstock dieser Sammlung, der aus dem Besitz des Herrn
Pfungst stammt, trägt das Gepräge persönlicher Sammellust, deren Sgmpathie der
Münchener Sezession der neunziger Jahre zugewandt war. Den wertvollsten Besitz
bilden die beiden Leibi: das Bildnis einer jungen oberbayrischen Bäuerin in Vorder-
ansicht und die Studie zu einer Hand; daneben stehen Stuck, Habermann, Haider,
Herterich, Putz, Weisgerber, Slevogt, der damals in München lebte, mit Werken,
die heute wenigstens zum Teil schon entwicklungsgeschichtliche Werte bieten. Da-
gegen steht die Sammlung, die von der Stadt hinzuerworben wurde unter einem be-
stimmenden „Frankfurter“ Programm, ln ihrem provisorischen Heim, dem früheren
Äbgußsaal des Städelschen Instituts, der durch geschicktes Einbauen von Wänden die
Bilder intim präsentiert, ist die eine Längswand Fritz Bohle, die beiden großen
Kabinette ausschließlich Hans Thoma und Wilhelm Truebner gegeben; in vier
kleineren Kabinetten ist die Eigenart von Künstlern wie Scholderer, Peter Burnitz,
Viktor Müller, Karl Haussmann u. a. m. charakteristisch vertreten.

Das eigentliche Novum für Frankfurt aber ist die Skulpturensammlung im
neuen Galeriebau an der Villa Liebieg. Die Direktion hat sich bei dieser Neugründung
die Aufgabe gestellt, eine Übersicht der Plastik der Kulturvölker des Abendlandes zu
geben und in dem bisher Geleisteten tritt der leitende Gedanke klar zutage. Die Reihe
der Denkmäler beginnt mit einigen Typen der ägyptischen Kunst und kennzeichnet in
der Antikengalerie in treffenderWeise an mannigfachen Torsi und Köpfen das Schaffen
der Griechen und Römer. Das Glanzstück dieser Abteilung bildet die Athenastatue,
die mit Bestimmtheit als römische Replik des verlornen Bronzeoriginals der Athena-
Marsyasgruppe des Myron sich identifizieren ließ. Rechnet man zu diesem, sowohl
in der wissenschaftlichen Bedeutung als auch der Erhaltung gleich interessanten Stück,
die Schätze der Sammlung Furtwängler, die bereits an dieser Stelle ihre Besprechung
gefunden, so dürfte die Behauptung, daß man sich schon heute in der städtischen
Skulpturensammlung ein klares Bild der Plastik der Antike machen kann, nicht zu
kühn sein. Neben dieser Antikengalerie liegen die Haupträume, die den Werken der
nachchristlichen Zeit eingeräumt wurden. Ein erster Raum gibt wie die Überschrift
des kurzen Verzeichnisses der Bildwerke besagt „Monumentale Beispiele des nach
* dem Absterben der klassischen Antike herrschenden frühmittelalterlichen Flächenstiles —
Bildwerke und architektonische Dekorationsstücke des romanischen und gotischen Stils
 
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