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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 1.1909

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21. Heft
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Waldmann, Emil: Zwei unbekannte Bilder von Anton Graff in Bremen
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https://doi.org/10.11588/diglit.24117#0700

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672

Der Cicerone

Heft 21

ÄNTON GRAFF, Bildnis der Frau Platzmann □

(Besitzer Bürgermeister Dr. Pauli, Bremen).

übrigens besonders schön gezeichneten Hände
im Malerischen nicht ganz geglückt, das Gemisch
von gelben und rosa Tönen mit grünlichen
Schatten wirkt etwas unfertig. Auffallend diese
Technik bei so frühem Datum. Bisher war man
gewohnt, die pastose Manier bei Graff erst mit
den 90 er Jahren des XVIII. Jahrhunderts be-
ginnen zu lassen.1) Innerhalb des Graffschen
Oeuvres steht diesem Werke vielleicht das Por-
trät von Jeanne Chodowiecka, Daniel Chodo-
wieckis Gattin, das 1782 entstand und jetzt der
Berliner Akademie gehört, am nächsten. Nur
ist es nicht so reich im Malerischen.

Weniger frappant ist das Herrenbildnis. Es
zeigt eine vertriebene Malweise im Fleisch und
in der großen Fläche des Rockes. Nur die
Lichter auf der Unterlippe, dem Jabot und an
den Ärmeln sind mit leichtem Pinsel offen hinge-
wischt. Das Bild hat stilistisch mit einer Gruppe
von Arbeiten Verwandtschaft, die Graff im
Jahre 1771 für den Leipziger Buchhändler Reiche
schuf; man vergleiche die Bildnisse von Ramler,

‘) S. Julius Vogel: R. Graff, S. 18.

Spalding und Sulzer.1) Im Jahre 1771 war Graff
zum ersten Male in Berlin, vielleicht ist damals
auch das sympathische Porträt dieses, Berliners
entstanden.

Die Erhaltung der beiden Gemälde ist im
allgemeinen gut, nur zeigen die Gesichter, und
zwar besonders das des Mannes, jene bei Graff
ziemlich häufige Runzlichkeit und trockene Körnig-
keit, eine Erscheinung, die Vogel aus der zu
dicken, stark ölhaltigen Untermalung und dem
starken Zusatz von Trockenmitteln zur Farbe
erklärt.2) Vielleicht ist auch das Bild zu früh ge-
firnißt; auch in solchen Fällen pflegt diese Krank-
heit aufzutreten, und der Verdacht des allzu
schnellen Fertigmachens liegt bei Graff nicht zu
weit entfernt, von dem man weiß, daß zeitweise
„allwöchentlich ein Bildnis vom Stapel laufen
mußte.“

Über die Provenienz der beiden Gemälde ist
zu sagen, daß sie sich bis heute immer bei den
Nachkommen der Familie Platzmann befunden
haben. E. Waldmann.

*) Ebendort Tafeln 43, 55 und 56.
Ebendort S. 18.
 
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